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Kühlregale sind Energiefresser: Filialen sind über Konzerne abgesichert

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Viele Kühlregale bei Edeka haben Türen, um Energie zu sparen. Hier das Wurstregal.
Viele Kühlregale bei Edeka haben Türen, um Energie zu sparen. Hier das Wurstregal. © Wissam Scheel

Ins Kühlregal greifen ist Alltag für jeden, der im Supermarkt seinen Einkauf erledigt. Gleich, ob es Rewe, Edeka oder der Discounter ist. Aber gerade die Kühlregale sind es, die den Filialbetreibern Sorgen bereiten, insbesondere auf der Stromrechnung. Sie sind nämlich ganz besonders hungrige Stromfresser – und Strom ist teuer geworden.

Das merken nicht nur die Privathaushalte, auch Supermärkte haben mit den gestiegenen Kosten zu kämpfen. Verbraucher beklagen sich ohnehin schon über gestiegene Lebensmittelpreise und fragen sich, ob die Preise im Zuge der Energiekrise noch weiter anziehen werden.

Edeka Sauer

Die Edeka Sauer betreibt insgesamt vier Märkte. In Werl, Westönnen, Bönen und Welver jeweils eine. Diese sind die Anlaufstelle für jeden, der seinen Einkauf bei einer Edeka-Filiale erledigen möchte. Aufgrund der aktuellen Lage auf dem Energiemarkt beziehen diese Filialen erst seit kurzem ihre Energie von der EVG, einem konzerneigenen Energieversorger (siehe Infokasten). Das erklärt auch die Summe auf der Stromrechnung: „Wir reden von einem sechsstelligen Betrag“, berichtet Geschäftsführer Claus Bachmann. Was das finanziell bedeutet? „Das bedeutet einen gewaltigen Einschnitt. Die Unternehmerfamilie stellt sich auf eines der schwierigsten Jahre ein“, sagt Bachmann.

Edeka Nüsken

In Soest ist der Edeka Nüsken am Riga-Ring die einzige Edeka-Filiale. Diese Filiale bezieht seit längerem ihren Strom von der eben genannten EVG und sei somit „safe“, versichert Geschäftsführer Karsten Nüsken. In seinen Filialen werde es zwar keine Preiserhöhung aufgrund der gestiegenen Energiepreise geben, generell könnten Preissteigerungen einzelner Lebensmittel im Sortiment der Edeka bis zum Jahresende aber nicht ausgeschlossen werden, sagt Nüsken.

Die Energieversorger von Edeka und Rewe

Rewe und Edeka sind nicht nur bekannte Lebensmittelversorger, sondern führen auch konzerneigene Energieunternehmen. Die Versorgung beschränkt sich dabei aber nur auf die Filialen des eigenen Konzerns. Die meisten selbstständigen Filialbetreiber, die ihren Supermarkt unter dem Namen einer der beiden Großmarken laufen lassen, beanspruchen Strom und Gas auch davon. Der Energieversorger für die meisten unter dem Namen Rewe geführten Filialen ist die Energie-Handels-Gesellschaft EHA. Seit Ende 2013 ist die Rewe Group der alleinige Inhaber des deutschen Energiehandelunternehmens. Bei der Konkurrenz ist es die Edeka Versorgungsgesellschaft (EVG), die ausschließlich den selbstständigen Einzelhandel wie auch die Großhandelsbetriebe sowie die Logistik- und Produktionsstandorte der Edeka mit Strom und Erdgas beliefert. Die meisten unter dem Namen Edeka laufenden Filialen werden über die EVG versorgt, aber eben nicht alle, was manchen jetzt zum Verhängnis wird. Jene, die sich in der Vergangenheit gegen die konzerneigene Energie entschieden haben, weil es damals preisgünstigere Angebote auf dem Energiemarkt gegeben hat, stehen jetzt vor einer teilweise sogar verdreifachten Summe auf der Stromrechnung und damit vor einer möglichen Pleite.

Kühlregale sind gleichzeitig Heizung

Alles, was Wärme oder Kälte produziert, verbraucht viel Strom. Daher werde die Abwärme der Kühlregale dafür verwendet, das Wasser für die Heizung zusätzlich zu erhitzen, berichtet Nüsken. Die Energie werde effizient genutzt. Das ist aber schon seit mehreren Jahren, lange vor Zeiten von Begriffen wie „Gasmangellage“ oder „Energiekrise“ gängige Praxis in Supermärkten.

Nachhaltigkeit

Auf Anfrage zum Thema Energiekrise teilt Edeka Rhein-Ruhr mit: „Im Rahmen unserer Nachhaltigkeitsstrategie setzen sich unsere selbstständigen Kaufleute bereits seit vielen Jahren dafür ein, ihre Edeka-Märkte auch unter ökologischen Gesichtspunkten bestmöglich aufzustellen und den Energiebedarf zu senken.

Auch Edeka Sauer plant die Anschaffung von Photovoltaikanlagen. „In Werl laufen die Planungen mit Hochdruck, in Westönnen gibt es bereits eine ältere Anlage. In Bönen haben wir die ersten Kontakte geknüpft und die nötigen Anfragen gestellt. Die Anlage in Welver wird fremdbetrieben. Hier gibt es Gespräche, aber noch keine Ergebnisse“, informiert Bachmann.

Bei Edeka Nüsken wird auch daran gearbeitet. Eine erste PV-Anlage steht seit 2020 auf dem Filialgebäude in Waltrop. In Soest werde nach einer Lösung gesucht. Aktuell laufe die Heizung hier noch mit Gas und die PV-Anlage könne aufgrund des zusätzlichen Gewichts nicht auf dem Dach angebracht werden, berichtet Nüsken. Wirtschaftlich ist die Stromgewinnung durch Sonnenenergie auf alle Fälle. „Da gewinnen beide. Ökologie und Ökonomie“, findet Nüsken.

So kommen bei Neu- und Umbauten in der Regel CO₂-Kühlanlagen mit einem System zur Wärmerückgewinnung, energieeffiziente Heizanlagen, LED-Beleuchtung und Photovoltaikanlagen zum Einsatz. Hinzu kommt ein umfassendes Energiemonitoring, mit dessen Hilfe der Energieverbrauch fortlaufend analysiert und gesenkt werden kann.“

Bürokratieschlamassel

Der Ausbau und die Umstellung auf erneuerbare Energie sei immer noch aufwendig. „Schön wäre es, die Prozesse für die Photovoltaik-Anlagen zu verschlanken“, sagt Nüsken.

„Wir wollen das alle, aber irgendwie ziehen nicht alle am gleichen Strang“, meint Nüsken in Bezug auf bürokratische Hürden und langwierige Prozesse.

Rewe Böning und Stolper

Wer in der Filiale von Rewe Böning in Werl oder in den Filialen von Rewe Stolper in Soest an den Kühlregalen vorbeiläuft, dem fallen schnell die Türen an jedem Kühlregal auf. Das ist aber nicht die einzige Maßnahme, die vor Längerem als Energiesparmaßnahme getroffen wurde.

Auf Anfrage zum Thema Energiekrise verweisen Rewe Böning und Rewe Stolper auf den Mutterkonzern in Dortmund und die Rewe Group. Dort heißt es: „[...] Um das Risiko zu minimieren, kaufen wir grundsätzlich Strom von mehreren Anbietern über verschiedene Zeiträume ein. Dennoch werden bei aller Vorsicht und Vorsorge auch bei uns die Strompreise unweigerlich steigen – wie viel, kann derzeit niemand seriös vorhersagen. Das wird sich schlussendlich auch in der Rewe Group Bilanz für das Jahr 2022 niederschlagen – inwieweit, bleibt abzuwarten.“

Grundsätzlich sei es aber das Ziel, einen „größtmöglichen Beitrag zu den bundesweit notwendigen Einsparungen zu leisten, ohne Einschränkungen für die Kunden zu erzeugen.“

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