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Glockenmonteure im Patrokli-Dom: Ein Knochenjob wie einst im Mittelalter

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Von: Kathrin Bastert

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Die eigentliche und schweißtreibende Arbeit hatten die Glockenmonteure Hans-Jochem Peter und Horst Schweinebraden im Glockenstuhl. In Handarbeit bewegten sie die Sturmglocke aus ihrer Position im Glockenstuhl und bugsierten sie bis zu der Stelle, an der sie aus dem geöffneten Dach gehoben werden konnte.
Die eigentliche und schweißtreibende Arbeit hatten die Glockenmonteure Hans-Jochem Peter und Horst Schweinebraden im Glockenstuhl. In Handarbeit bewegten sie die Sturmglocke aus ihrer Position im Glockenstuhl und bugsierten sie bis zu der Stelle, an der sie aus dem geöffneten Dach gehoben werden konnte. © dahm

Als der Autokran die zwei Tonnen Bronze am Haken hat, gibt es zwar für das Publikum auf dem gegenüberliegenden Petrikirchhof am meisten zu sehen. Die eigentliche Arbeit hat aber weitgehend unbemerkt im Glockenturm stattgefunden. Und war reichlich schweißtreibend.

Soest – Die eigentliche Arbeit hat in den letzten drei Tagen einigermaßen unbemerkt stattgefunden. Innerhalb des Glockenturms hatten Hans-Jochem Peter und Horst Schweinebraden im Auftrag der Firma Glockenbau Rinker aus Bad Salzuflen das Kommando. Was sie bewerkstelligten, das war echte Knochenarbeit, nur in Details von dem zu unterscheiden, was in umgekehrter Reihenfolge schon im 13. Jahrhundert ablief, als die Soester Sturmglocke einst ihren Platz im Patrokli-Dom einnahm. Das Geläut musste samt Joch zunächst aus ihrem angestammten Platz ganz außen im Glockenstuhl so seitwärts befördert werden, dass es an der einzigen Stelle, an der keine andere Glocke hängt, auf Gewölbeebene heruntergelassen werden konnte. Sehr vorsichtig musste all das passieren, mit Hilfe von Seilen und Flaschenzügen.

Sechs bis acht Meter zur Seite „wanderte“ die alte Läute, dann wurde sie über einen selbst gebauten Kran heruntergelassen und auf einer Palette über Stahlrohre Zentimeter um Zentimeter nach vorn geschoben. Das kann man sich vorstellen wie im alten Ägypten: Die hinterste Stange wird nach vorn gelegt, sobald sie frei geworden ist. Jetzt war die Glocke angekommen, wo sie hinmusste, um durch das geöffnete Dach von einem Autokran heruntergehoben zu werden – die leichteste Übung der ganzen Angelegenheit, wenn auch „leicht“ im Zusammenhang mit einem zwei Tonnen schweren bronzenen Koloss ein eher irreführender Begriff ist. Dieser Teil der Unternehmung jedenfalls nahm kaum mehr eine Stunde in Anspruch, und wurde noch verzögert von einem veritablen Platzregen, vor dem das gute Hundert Schaulustige sich in den Schutz der Domarkaden, unter Schirme und in Hauseingänge rettete.

Geschafft: Horst Schweinebraden hat die Glocke bis zur Dachöffnung befördert. Da ist auch Propst Dietmar Röttger erleichtert. Und dann schweben sie herab, 2 Tonnen Bronze mit ihrem winzigen Riss.
Geschafft: Horst Schweinebraden hat die Glocke bis zur Dachöffnung befördert. © Peter Dahm

Dann erklomm Hans-Jochem Peter mit den Zimmerleuten der Firma Heinrich Drewer aus Berwicke noch einmal das Gerüst, der Mitarbeiter der Firma Franz Bracht hängte den Glockenkörper an den Lasthaken, worauf er abwärts schwebte und auf den wartenden niederländischen 40-Tonner verladen wurde. Es folgte noch das Joch, das mit der Glocke die Reise in die Werkstatt antritt: Beides muss optimal zusammenpassen, auch dann, wenn das Instrument künftig um 45 Grad gedreht im Glockenstuhl hängen wird, um zu vermeiden, dass der Klöppel wieder die gleiche Stelle trifft.

Geschafft: Horst Schweinebraden hat die Glocke bis zur Dachöffnung befördert. Da ist auch Propst Dietmar Röttger erleichtert. Und dann schweben sie herab, 2 Tonnen Bronze mit ihrem winzigen Riss.
Propst Dietmar Röttger ist erleichtert, als der schwierigste Teil der Unternehmung erledigt ist. © Peter Dahm

Gut zu erkennen war beim Herablassen des Instruments, wo bereits schon einmal Hand angelegt werden musste: Der alte Riss, fast genau gegenüberliegend des neuen, musste in den 1950er Jahren geflickt werden. Der farbliche Unterschied ist deutlich; Optik spielt bei der Reparatur des empfindlichen Materials keine Rolle, das wird auch diesmal so sein. Wichtig ist, dass sie wieder so klingt, wie sie soll, wenn sie in etwa zwei Wochen zurückkommt. Respekt nötigte den Schaulustigen am Mittwochnachmittag der wiederholte Auf- und Abstieg der Zimmerleute und Monteure über das Außengerüst ab. Wenn man dann noch weiß, dass es innerhalb des Glockenturms noch ein gutes Stück weitergeht, über schmalste Stiegen, dann glaubt man Horst Schweinebraden gern, wenn der nach drei Tagen Einsatz am Soester Dom den Moment herbeisehnt, an dem er Abends endlich die Füße hochlegen darf.

Geschafft: Horst Schweinebraden hat die Glocke bis zur Dachöffnung befördert. Da ist auch Propst Dietmar Röttger erleichtert. Und dann schweben sie herab, 2 Tonnen Bronze mit ihrem winzigen Riss.
Und dann schweben sie herab, 2 Tonnen Bronze mit ihrem winzigen Riss. © Peter Dahm
Der 40-Tonner zum Abtransport in die Niederlande wartet schon, und gut hundert Schaulustige beobachten das Herausheben der Glocke.
Der 40-Tonner zum Abtransport in die Niederlande wartet schon, und gut hundert Schaulustige beobachten das Herausheben der Glocke. © Peter Dahm

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