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Die Gläubigen, die in die Kälte kamen: Kirchen schalten Heizung ab

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Von: Achim Kienbaum, Matthias Staege

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Sonnenuntergang über Soest mit Ansicht von Kirchen
So erwärmend die Ansicht mit Soester Kirchen auch ist, die Redakteur Daniel Schröder einfing, in den kommenden Wintermonaten wird es in den Gotteshäusern deutlich kälter werden als von den Gläubigen gewohnt. © Daniel Schröder

Nicht nur in der heimischen Wohnstube wird mancher in diesem Winter den Thermostat der Heizung etwas herunterdrehen, auch die Kirche reagieren auf die stark gestiegenen Energiepreise.

Soest – Auf katholischer Seite haben jetzt die Vertreter der Pfarrgemeinderäte und Kirchenvorstände zusammen mit Propst Dietmar Röttger und Verwaltungsleiter Marc-Oliver Stiewe bei einer gemeinsamen Sitzung von Pastoralverbundsrat und Finanzausschuss im Pastoralen Raum Soest Regelungen für die kommenden Monate beschlossen.

„Im Ergebnis folgen die Gremien weitgehend den Handlungsempfehlungen des Erzbistums Paderborn. Dabei wird nahegelegt auf das Heizen der Kirchen vollständig zu verzichten und eine Grundtemperatur von fünf Grad zu sichern“ fasst Röttger das Ergebnis zusammen.

Grund seien die unabsehbaren Mehrkosten durch den massiv steigenden Gaspreis, „dem die Haushalte der Kirchengemeinden nicht gewachsen sind“, so der Propst.

So wird im Grundsatz in diesem Winter, mit Ausnahme der Weihnachtstage, in den katholischen Kirchen nicht geheizt werden. Allerdings haben die Gremien beschlossen, für jeden kommunalen Bereich des Pastoralen Raumes eine Kirche als sogenannte „Wärmeinsel“ zu benennen.

„Wärmeinsel“ mit Biogas

Für Soest wird das die Bruno-Kirche sein, da die Kirche noch über eine Ölheizung verfügt. Für Bad Sassendorf die Bonifatius-Kirche, da dort nach der gerade erfolgten Renovierung eine hochmoderne Heizung mit wenig Verbrauch existiert. Für die Pfarrei Möhnesee ist es die Kirche in Brüllingsen, die an die Biogas-Anlage des Dorfes angeschlossen ist.

Für die Gottesdienste im Dom hat der Kirchenvorstand St. Patrokli bereits 150 Decken für die Besucher der Gottesdienste angeschafft.

Die Gottesdienste an den Werktagen können in die geheizten Pfarrheime verlegt werden. „Dazu soll in den kommenden Tagen eine Umfrage bei den Besuchern der Werktagsgottesdienste gemacht werden, um ihre Sichtweise in die Überlegungen mit einzubeziehen“, erläutert Röttger.

Für die Pfarrheime wurde demnach festgelegt, dass eine Temperatur von 19 Grad vorgehalten wird. Gleichzeitig werden die Gruppen, die sich in den Pfarrheimen treffen, angehalten, möglichst die gleichen Räume zu nutzen.

Propst Röttger: „Die Gremien wissen, dass diese Maßnahmen einen deutlichen Einschnitt in bisherige Gewohnheiten bedeuten, sehen sie aber im Moment als notwendig an. Gleichzeitig wurde aus den sechs Kirchenvorständen ein Krisenstab eingerichtet, der bei weiteren Entwicklungen schnell handlungsfähig ist.“

Und es sei „in diesem Zusammenhang auch betont, dass viele Menschen in dieser Zeit neben der Temperatur auch menschliche Wärme benötigen. In diesem Sinn werden die Pfarrgemeinderäte überlegen welche besonderen Angebote zum Austausch und zur Begegnung und auch zur Hilfe eingerichtet werden können.“

Keine einheitliche Regelung

Für die evangelischen Kirchen gibt es zumindest bislang noch keine einheitliche Regel, erklärt Hans-Albert Limbrock, Pressesprecher des Kirchenkreises Soest. Die einzelnen Gemeinden entscheiden das individuell. Auch Limbrock geht davon aus, dass mancher Gottesdienst mit Blick auf die Energiekosten von den nur sehr teuer beheizbaren Kirchen in Gemeindehäuser verlagert wird, deren Heizungen nur einen Bruchteil dessen verschlingen, was in der Kirche verbraucht würde.

Wie teuer eine warme Kirche aktuell wäre, kann Limbrock gut beziffern. In den kleineren Kirche wie Hohnekirche oder Alt. St. Thomä fallen Kosten von 200 bis 300 Euro an, in der Wiesenkirche sind das zwischen 500 und 600 Euro – pro Tag.

Mehr als unangenehm sind winterlich kühle Temperaturen in den Gotteshäusern für die kirchlichen Mitarbeiter, die für den guten Ton sorgen, so wie die Kantorin der Kirchengemeinde St. Petri-Pauli, Annette Elisabeth Arensmeier. Sie überlegt bereits, bei den dafür zuständigen Stellen um die Anschaffung eines Heizgerätes zu bitten – auch wenn die das größte Problem bei solchen Bedingungen nicht lösen können: die kalten Tasten der Orgel.

Linderung verspricht sie sich auch nicht von den speziellen fingerlosen Handschuhen, die ihre Mutter einst für sie strickte: Die sind zwar dünn genug, um die nötige Bewegungsfreiheit nicht einzuschränken – wirklich wärmend sind sie aber aus eben diesem Grund nicht.

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