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Soester Iraner schreiben Außenministerin Annalena Baerbock

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Von: Kathrin Bastert

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Grünen-Politiker Werner Liedmann Schulter an Schulter mit „Ehsan“. Der Iraner bleibt anonym, um seine Angehörigen in der Heimat nicht zu gefährden.
Grünen-Politiker Werner Liedmann Schulter an Schulter mit „Ehsan“. Der Iraner bleibt anonym, um seine Angehörigen in der Heimat nicht zu gefährden. © Peter Dahm

In Soest lebende Iraner hoffen und bangen mit ihren Landsleuten. Und sie fordern Deutschland zum Handeln auf. Auch eine Mahnwache ist geplant.

Soest - Sein Blick in die Heimat ist bang und voller Hoffnung: Wie wird sich die Lage im Iran entwickeln? Wird es eine neue Revolution geben, ein Ende des Mullah-Regimes? Der Mann, nennen wir ihn Ehsan, spricht stellvertretend für viele Landsleute, die in der Börde ein neues Zuhause gefunden haben. Sie haben sich zusammengetan und ein Schreiben aufgesetzt, das die beiden grünen Ratsleute Karin und Werner Liedmann an ihre Parteifreundin Annalena Baerbock weiterleiten werden. Am Dienstag, 24. Oktober, wird es außerdem eine Mahnwache vor dem Soester Rathaus geben.

Ehsan bittet um Anonymität, denn die Sorge um Angehörige im Iran und über Repressionen, sollte bekannt werden, dass er die Öffentlichkeit sucht, ist groß, und sie erscheint bedrückend begründet. Er lebt seit vielen Jahren in Soest, noch länger in Deutschland. Einst, als junger Mann, protestierte er gegen den Schah. Welch großer Irrtum die islamische Revolution gewesen sei, das habe er zu spät erkannt, sagt er heute, „die Intellektuellen haben es zu spät erkannt. Dabei hätten sie Khomeini nur zuhören müssen. Er hat immer gesagt, welche Art Staat er schaffen will. Wir konnten nicht länger als fünf Minuten Widerstand leisten.“

Mit den Frauen als Motor des Protests bricht sich nun im Iran der Wunsch nach Freiheit Bahn. Ehsan nennt das Beispiel von vier Schwestern. Die erste habe die Schule nicht besuchen dürfen, die Zweite immerhin bis zur sechsten Klasse. Das dritte Mädchen machte Abitur. Und die Vierte konnte sogar studieren. Ehsan begreift diese Entwicklung als demokratischen Prozess, der sich langsam entwickelt und immer tiefer in die iranische Gesellschaft gegraben habe.

Er berichtet von Bauern in der Stadt Isfahan, die zum Freitagsgebet in die Moschee kamen und dort ein Lied anstimmten: „Unsere Feinde sind hier.“ Er erzählt von dem Roman „Ein Gewissen gegen die Gewalt“ von Stefan Zweig, der zunächst ins Persische übersetzt im Iran zu bekommen war. Bis die Mullahs dahinter kamen, dass das Buch reichlich treffend beschreibe, „was gerade im Iran passiert.“ Ehsans Hoffnung auf echte Veränderung ist groß. Einen säkularen Staat, also eine Trennung von Kirche und Regierung wünscht er sich. Das müsse von innen geschehen, und so sähen es die Iraner auch, wollten das Land nicht verlassen: „Sie sagen, seid ihr unsere Stimme im Ausland.“

Ihre Stimmen erhebt die Soester iranische Gemeinschaft in dem Schreiben an Baerbock. Darin fordern sie „die Ausweisung des Botschafters der iranischen Regierung“, die „Schließung kultureller Einrichtungen, die von der iranischen Regierung gefördert werden“, ein „Einreiseverbot der Mitglieder der iranischen Regierung und ihrer Angehörigen“, das „Einfrieren des Vermögens der iranischen Regierungsmitglieder“, den „Stopp aller Lieferungen von militärischen Ausrüstungen“, „Verhandlungen zum Atomabkommen mit dem Iran aufkündigen“ und die „Einhaltung der Menschenrechte insbesondere der Gleichbehandlung der Frau“.

Im Schulterschluss mit der Gruppe haben die Soester Grünen die Mahnwache zwischen Rathaus und Petrikirchhof für Dienstag, 16.30 Uhr angemeldet. Unter dem Titel „Frauen.Leben.Freiheit“ wollen sie ihre Solidarität mit dem iranischen Volk zeigen. Bürgermeister Dr. Eckhard Ruthemeyer habe sein Kommen zugesagt, sagt Werner Liedmann. Man werde auch den Appell der iranischen Schauspielerin Pegah Ferydoni von der Bundesdelegiertenkonferenz der Grünen einspielen. kab

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