Soester Innenstadt: Hahn wieder wie aus dem Ei gepellt

Die Holzskulptur auf dem Petrikirchhof ist zurück aus der Restaurierung.
Soest – Wenn ein Hahn sich dreht, dann meist in der Horizontalen – mit deutlich erhöhter Temperatur, aufgespießt und gut gewürzt. Die Lebenszeit eines Brathähnchens hat Soests bekanntester Hahn bereits um das mindestens 300-Fache überholt, das eines Huhns, das an Altersschwäche sterben darf, auch schon mindestens um das Dreifache. Dennoch, nach 35 Jahren hatte er doch ganz schön Federn gelassen. Nun sieht er jedoch wieder aus wie aus dem Ei gepellt.
Und nicht zuletzt ging es ihm wie jedem intensiv genutzten Spielzeug: Er war einfach zerspielt.
1988 zum Bördetag aufgestellt
Gemeint ist natürlich der hölzerne Gockel auf dem südlichen Petrikirchhof. Anno 1988 war es, dass der Amper Künstler Kord Winter ihn schnitzte wie einst Gepetto seinen Pinocchio – allein, zum Leben erweckten ihn danach Generationen von Kindern, die Platz nahmen und sich von den Eltern um die eigene Achse drehen ließen auf dem, was Kord Winter als das „kleinste, aber auch einzige kostenlose Karussell auf der Allerheiligenkirmes“ nennt. Der Hahn ist Wind, Wetter und Materialverschleiß aber nicht nur im November, sondern ganzjährig ausgesetzt, und das eben seit 1988. Damals stellte Winter ihn anlässlich des Bördetags auf – eigentlich sollte er danach wieder verschwinden. Aber der damalige Kämmerer Peter Hühnerfeld war offenbar sehr angetan davon, dass der Hahn den Petrikirchhof in ein Hühnerfeld verwandelte, „er war sogar so begeistert, als er selber darauf Platz nahm, dass er dafür sorgte, dass die Stadt ihn mir abkaufte“, erinnert sich Winter. „Und seither dreht er hier seine Runden. Nur einmal, da wurde er gestohlen, aber die Diebe kamen nur wenige Meter weit, denn es war ein wirklich schwerer Diebstahl“, schließlich wiege der Hahn 60 Kilo – ein Gewicht, von dem jeder Hühnermastbetrieb zwar nur träumen kann, aber dafür schmecken echte Hühner nicht so holzig. Winter: „Aber deshalb hält er ja auch schon so lange. Aber jetzt hatte der Pilz wirklich tiefe Taschen gefressen, vor allem in den Fuß, den ich komplett habe austauschen müssen, und in den Schwanz. Auch das Lager musste erneuert werden. Und nicht zuletzt ging es ihm wie jedem intensiv genutzten Spielzeug: Er war einfach zerspielt.“ Nach der letzten Kirmes kam er also in die „Behandlung“ bei seinem Erbauer. Und es sei einige Arbeit gewesen, meint Winter, „ich hatte jeden Tag daran zu tun, vielleicht nicht immer gleich acht Stunden. Aber es war viel Fummelarbeit, denn manches musste zwischendurch immer wieder neu angepasst werden, bis es endlich in die Lücke passte. Ob ich in 35 Jahren bei der nächsten Restaurierung immer noch von Hand sägen kann – mal sehen”, scherzt Winter, der dann immerhin 102 Jahre alt wäre. „Wir mögen eine Menge toller Skulpturen haben in der Stadt, aber der Hahn und der Dicke Mann im Theodor-Heuss-Park dürften die populärsten sein“, freut sich Kulturabteilungsleiter Dr. Norbert Wex über die Rückkehr des Hahns. Daher sei es auch im Kulturausschuss keine Frage gewesen, für seine Restaurierung den Geldhahn etwas aufdrehen. Viel größer aber dürfte die Freude der Kinder ausfallen – denn wie sagt ganz bestimmt irgendeine eine alte Bauernregel: Dreht der Hahn sich nicht mehr auf dem Hof, finden’s alle Kinder doof. Steht er wieder auf dem Platz, freut sich selbst der kleinste Fratz.