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Einsatz im ewigen Eis: Peter Frölich ist der Arzt, der in die Kälte geht

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Von: Achim Kienbaum

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Peter Frölich geht in die antarktis und leitet forschungsstation
Tochter Sophie, selber angehende Ärztin, bleibt zu Hause – aber der kleine Pinguin kommt mit in die Box mit persönlichen Dingen, die Peter Frölich mitnehmen darf auf die Forschungsstation „Neumayer III“ in der Antarktis. © Kienbaum

Nein, es ist ihm nicht zu warm geworden in den ersten Tagen des deutschen Sommers – und seine Arbeit als Oberarzt am Klinikum Stadt Soest liebt er auch immer noch. Und dennoch wird Dr. Peter Frölich bald eine Menge Land und Wasser zwischen sich und die Börde bringen und sich aufmachen in die Kälte: 14 Monate lang wird seine Welt ziemlich einsam und sehr klein sein, wenn er die Leitung einer Forschungsstation in der Antarktis übernimmt.

Soest/Antarktis – Den Abschied von seinen Mitarbeitern und Kollegen am Klinikum hat er am Dienstag schon hinter sich gebracht, spätestens jetzt geht der Blick des 57-jährigen Chirurgen nach vorn: Und da erwarten ihn in den nächsten Wochen und Monaten neben etwas Urlaub vor allem jede Menge Schulungen und Trainings – schließlich wird er nicht nur der einzige Arzt auf der Forschungsstation „Neumayer III“ des Alfred-Wegener-Institutes (AWI) sein, sondern auch die Gesamtverantwortung für die Leitung der Station tragen.

„Meine Aufgabe wird es sein, dafür zu sorgen, dass alle wieder heile nach Hause kommen“, bringt der erfahrene Mediziner, der sich schon sehr darauf freut, in nicht mehr ganz so jungen Jahren noch einmal absolutes Neuland zu betreten, seine Arbeit bis voraussichtlich Frühjahr 2024 auf den Punkt.

Wobei das mit dem Neuland so eine Sache ist: Die Forschungsstation steht keineswegs auf erdiger Landmasse, sondern ist auf bis zu 200 Meter dickem Schelfeis verankert – was es möglich macht, sie während des rund dreimonatigen antarktischen Sommers mit einem Schiff anzusteuern und zu versorgen. Sehr wahrscheinlich wird dieses Schiff im Dezember dann auch von Kapstadt kommend Peter Frölich an Bord haben – und mit ihm ein kleines Team, das dann die Mannschaft ablösen wird, die derzeit noch auf der Station lebt und vor allen Dingen arbeitet.

Für den Traum, den er sich damit erfüllt, lässt er sein gewohntes Leben zurück – wenigstens für knapp zwei Jahre: Familie, Freunde, die Arbeit am Klinikum und auch die Rock-Band, in der er Schlagzeug spielt, sie alle müssen eine Zeitlang auf ihn verzichten.

Beurlaubung vom Klinikum

Das Klinikum, zum Beispiel, hat den Leitenden Oberarzt für seinen „Traumjob im ewigen Eis“ beurlaubt und freut sich für den Kollegen, dass er diese einzigartigen Erfahrungen sammeln kann – und anschließend wieder an seinen Arbeitsplatz zurückkehren wird.

Bis dahin aber warten auf Peter Frölich Aufgaben und Eindrücke, denen er mit einer gewissen Demut, vor allem aber mit unbändiger Freude entgegen blickt. „Es ist einfach ein wahnsinniges Privileg, Zeit auf diesem Teil der Erde verbringen zu dürfen, der normalerweise ja nicht zugänglich ist“, erklärt er einen Teil der Faszination.

Neumayer Station in der Antarktis
Hier wird Peter Frölich ab Dezember 14 Monate leben und arbeiten: die Forschungsstation „Neumayer III“ in der Antarktis. © Michael Trautmann

Sehr gespannt ist er auch bereits darauf, wie er auf das Leben in beengten Verhältnissen (siehe Infokasten) fern aller Zivilisation mit einer sehr kleinen Gruppe von Menschen reagieren wird – Verhältnisse, die die Besatzungen der Forschungsstationen selber zu Forschungsobjekten machen, zum Beispiel für die Raumfahrt.

Die Station „Neumayer III“

„Neumayer III“ wurde am 20. Februar 2009 in Betrieb genommen. Die rund 60 Meter lange Station ist in modularer Bauweise errichtet worden, steht auf 16 hydraulisch verstellbaren Stelzen und bietet in 15 Unterkunftsräumen Schlafgelegenheiten für bis zu 40 Personen. Für sie gibt es unter anderem einen Essensraum, Dusch- und Waschräume, Sportmöglichkeiten – und eine Sauna.

Vor allem aber wartet viel Arbeit auf ihn: Als einziger Arzt muss er helfen können, wenn seine Hilfe gebraucht wird – dafür hat er unter anderem einen kleinen OP und ein ebenfalls kleines Labor zur Verfügung und wichtige medizinische Geräte. Falls nötig, wird er aber auch über Datenleitungen mit der AWI-Zentrale in Bremerhaven verbunden sein.

Keine schnelle Hilfe im Winter

Bevor es losgeht Richtung Süden, stehen mehrere „Auffrischungen“ medizinischer Fertigkeiten auf Peter Frölichs umfangreichem Vorbereitungsplan für die XXL-Auszeit am Ende der Welt – oder jedenfalls nah dran. Und wenn er selber einmal gesundheitliche Probleme bekommt und weit und breit kein Arzt zur Verfügung steht? Dann baut Peter Frölich darauf, dass die Schulungen anderer Besatzungsmitglieder mit medizinischen Grundkenntnissen sich auszahlen und er einigermaßen gut versorgt werden kann. Auf schnelle Hilfe in solchen Notlagen von außen kann er aber nicht hoffen: Im langen antarktischen Winter ist „Neumayer III“ komplett abgeschnitten von der Welt.

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