Vergewaltigung in Soest: „Ich habe den Mann sofort von ihr weggerissen“

Nach einer Kneipennacht soll ein Mann eine Soesterin in aller Öffentlichkeit vergewaltigt haben. Vor Gericht wurde der Angeklagte schwer belastet.
Soest – Der Tatvorwurf ist schwer. Und die Beweislast ist laut Staatsanwaltschaft erdrückend. Ein 30-Jähriger soll eine Soesterin nach einer Nacht in der Kneipe „Pesel“ in aller Öffentlichkeit vergewaltigt haben. Die Vergewaltigung bestreitet der Angeklagte. Doch das Opfer und ein Polizeibeamter belasten ihn schwer.
Der Abend des 29. Oktober hatte für die Soesterin im Pesel so gut angefangen. Eine Freundin hatte Geburtstag. Zu sechst feierten sie, lachten, tranken. Zu später Stunde, es war bereits früher Morgen, löste die Gruppe sich auf. Die Soesterin blieb noch, hatte ihren Ex-Freund getroffen, man sprach miteinander. Die Pesel-Nacht ging weiter. Irgendwann machte sich ein ihr unbekannter Mann – der spätere Angeklagte – an die Frau ran, wollte mit ihr tanzen, berührte sie. Die Soesterin schubste den Mann weg, machte ihm klar, dass er sie in Ruhe lassen soll, sagte sie – das spätere Opfer – am Donnerstagmorgen vor dem Arnsberger Landgericht.
Soester Vergewaltigungs-Prozess: Offen gesprochen haben können Angeklagter und Opfer nicht
Später, als sie den Mann kurzzeitig aus den Augen verlor, verließ sie das Pesel und stieg in ein an der Sparkasse stehendes Taxi, setzte sich auf den Beifahrersitz. „Ich wollte nur noch nach Hause“, sagte sie im Zeugenstand. Dass der Mann ihr gefolgt war und auf der Rückbank des Taxis Platz genommen hatte, habe sie erst einmal nicht bemerkt. Der Angeklagte behauptete, im Wissen der Frau mit zum Taxi gegangen zu sein. Offen darüber gesprochen haben können die beiden nicht – der 30-jährige Algerier spricht kein Deutsch. Vor Gericht musste ein Dolmetscher seine Aussagen übersetzen. Der Angeklagte habe gehofft, dass das Taxi ihn zu seinem Wohnort, der Soester ZUE, bringen würde. Im Taxi sei er eingeschlafen.
Die unverhoffte Taxi-Begleitung habe der Soesterin Angst gemacht, sagte sie. „Deshalb habe ich den Taxifahrer gebeten, mich eine Straße vorher aussteigen zu lassen. Ich wollte nicht, dass der Mann weiß, wo ich wohne.“ Über das, was in den dann folgenden Augenblicken passierte, gab es im Gerichtssaal unterschiedliche Aussagen. Beide – Opfer und Angeklagter – behaupten, die Taxifahrt bezahlt zu haben. Der Taxifahrer, der den Mitfahrer auf der Rückbank anfangs ebenfalls nicht bemerkt haben will, sagte aus, dass der Angeklagte bezahlt habe. Wohl nicht zuletzt aufgrund seiner immensen Sprachbarriere verstrickte jedoch auch der Fahrer sich in massive Widersprüche.
Soester Vergewaltigungs-Prozess - Angeklagter räumt ein: „Ich habe sie geküsst und umarmt“
Dass der Unbekannte ebenfalls nahe dem Kölner Ring aus dem Taxi stieg, habe ihre Angst nur noch größer werden lassen, so die Soesterin, die den Heimweg „mit dem Handy in der Hand“ antrat.
Vergewaltigung in Soest: Warum verschwieg die Polizei die Tat?
Sie sei extra schneller gegangen, doch plötzlich spürte sie die von hinten kommenden Hände des Mannes. Er umarmte sie, küsste sie. Das wollte die Soesterin mehrfach unterbinden, schubste ihn weg. Das räumte der 30-Jährige auch ein: „Ich habe sie geküsst und umarmt, sie hat ‘nein, nein, nein’ gesagt, wollte das nicht.“ Dann habe die Frau per Kurzwahl die Polizei gerufen. Was dann geschehen sein soll, bestreitet der in U-Haft sitzende Verdächtige: „Ich habe sie nicht vergewaltigt.“
Soester Vergewaltigungs-Prozess: Zwei gewichtige Aussagen belasten den Angeklagten schwer
Zwei gewichtige Aussagen stehen dieser Behauptung jedoch entgegen: Die Frau schilderte, dass der Mann sie umgeschubst habe und sie plötzlich auf dem Rücken im Blumenbeet eines Vorgartens lag.
Dann habe er ihre Hose geöffnet, ihren Pulli hochgezogen. Sie habe lauthals um Hilfe gerufen, „aber es hat keiner gehört“. Im kalten Licht einer Straßenlaterne habe sie irgendwann keine Kraft mehr für weitere Abwehrversuche gehabt.
Soester Vergewaltigungs-Prozess: „Ich erkannte die Situation eindeutig als sexuelle Handlungen“
Ihre Schilderungen deckten sich mit der Aussage eines Polizeibeamten, der mit einem Kollegen herbeigeeilt war: „Die Leitstelle teilte uns mit, dass am Notruf mehrfach ‘aua, aua, das tut weh, ich möchte das nicht’ zu hören war. Dann brach das Telefonat ab.“ Die Beamten entdeckten beide auf einer Mauer an besagtem Blumenbeet. Der Angeklagte kniete demnach vor dem halb entkleideten, auf dem Rücken liegenden Opfer.
„Ich erkannte die Situation eindeutig als sexuelle Handlungen. Die Dame schluchzte und weinte, ich hatte den Eindruck, als hätte sie sich der Situation ergeben. Es geschah ganz offensichtlich gegen ihren Willen. Ich habe den Mann sofort gepackt, von ihr heruntergezogen, weggerissen.“ Der Verdächtige habe den Anschein gemacht, sich keiner Schuld bewusst zu sein, wurde festgenommen, landete in U-Haft. Die Frau kam ins Krankenhaus, dort wurden unter anderem Würgemale festgestellt.
Soester Vergewaltigungs-Prozess: „Selten einen Fall gehabt, in dem die Beweislage so eindeutig ist“
Am Montag wird der Prozess fortgeführt. Es sollen weitere Zeugen und auch die Notruf-Aufzeichnung gehört werden. Zudem wird es um ein DNA-Gutachten gehen. Oberstaatsanwältin Claudia Rosenbaum sagte vor Beginn der Verhandlung: „Ich habe selten einen Fall gehabt, in dem die Beweislage so eindeutig ist.“