Haftstrafe: Soester Vergewaltiger hätte „schnellstmöglich“ abgeschoben werden sollen

Abdelkader B. hat eine Soesterin nach einer Kneipennacht auf offener Straße vergewaltigt. Daran hatte die 4. Große Strafkammer des Arnsberger Landgerichts am Ende keine Zweifel. Der 30-Jährige wurde zu einer Freiheitsstrafe von dreieinhalb Jahren verurteilt.
Soest – Am zweiten und letzten Verhandlungstag um die Vergewaltigung am frühen Morgen des 30. Oktober 2022 in Soest sorgten drei Zeugen für zusätzliche Beweislast gegen den Angeklagten: Die Polizeibeamtin, die nach ihren männlichen Kollegen kurze Zeit nach der Tat am Einsatzort eingetroffen war, der Polizeibeamte, der den Notruf der Soesterin entgegengenommen hatte, sowie ein Sachverständiger des Landeskriminalamtes, der am Opfer gesicherte DNA-Spuren als die des Täters identifiziert hatte.
Nach der Beweisaufnahme sah Oberstaatsanwältin Claudia Rosenbaum die Vorwürfe gegen den Angeklagten „in vollem Umfang bestätigt“. Es habe sich um eine „ganz erhebliche Straftat“ gehandelt. Sie forderte eine Freiheitsstrafe von fünf Jahren. Zur selben Forderung kam die Nebenklage. Die Soesterin als Opfer der Straftat war als Nebenklägerin aufgetreten. Nebenklagevertreter Klaus Picker aus Soest hob einen aus seiner Sicht strafverschärfenden Punkt hervor: Der Täter hätte seine Tat eingestehen können, um seinem Opfer damit die Aussage mit all ihren intimen Details zu ersparen. „Stattdessen stellt er die Sache so dar, als hätte man einvernehmlich getrunken, getanzt. Er hat versucht, die tatsächliche Tat herunterzuspielen.“
Vergewaltigung in Soest: Täter hatte zwei Promille Alkohol im Blut
Der Soester Verteidiger Philipp Allhoff hielt dagegen: Sein Mandant habe sich „vollumfänglich geäußert“, nur habe er sich schlichtweg „nicht an alles erinnern“ können. So viel Alkohol wie in dieser Nacht habe B. zuvor noch nie getrunken, war in der Verhandlung mehrfach betont worden. Die Blutprobe hatte ein Ergebnis von rund zwei Promille geliefert. Auch die Soesterin war stark alkoholisiert gewesen. Trotzdem, das unterstrich Allhoff, „ist es nicht so, dass ihm irgendetwas das Recht dazu gab, sich so zu verhalten“. Allhoff: „Das bedauert der Angeklagte. Er hatte sich nicht unter Kontrolle.“ Er stufte die Tat im Gegensatz zur Staatsanwaltschaft als „minder schweren Fall“ ein, forderte zwei Jahre Haft auf Bewährung.
In seinem letzten Wort bat Abdelkader B. die Soesterin um Entschuldigung. „Ich bin nicht nach Deutschland gekommen, um schlechte Sachen zu machen“, ließ er über seinen Dolmetscher verlauten.
Vergewaltigung in Soest: Manche Frage blieb unbeantwortet
Nach mehr als anderthalbstündiger Beratung verkündete die Kammer ihr Urteil: drei Jahre und sechs Monate Haft. Zwar seien im Laufe der Beweisaufnahme einige Fragen zu dem, was in jener Nacht geschehen ist, offen geblieben. So stand am Ende beispielsweise Aussage gegen Aussage darüber, wie es zu der gemeinsamen Taxifahrt gekommen ist. Dennoch habe der Täter „die Gelegenheit für eine Vergewaltigung ausgenutzt“.
Vor allem die überzeugende Aussage der Soesterin habe keine Zweifel an der Vergewaltigung gelassen. Dass der Täter sein Opfer während der Vergewaltigung gewürgt und ihr weitere Verletzungen zugefügt hatte, habe die Tat zu einem „besonders schweren Fall“ gemacht. Die starke Alkoholisierung habe zu einer „verminderten Schuldfähigkeit“ des Täters geführt. Strafschärfend wirkte sich im Gegenzug die tateinheitliche, vorsätzliche Körperverletzung aus.

Nebenklagevertreter Picker erklärte nach der Urteilsverkündung: „Das Urteil ist tat- und schuldangemessen. Die Nebenklägerin ist mit dem Urteil zufrieden.“ Verteidiger Allhoff kündigte an, Rechtsmittel einzulegen. Es gelte, „die besondere Schwere“ zu prüfen.
Das Urteil ist tat- und schuldangemessen. Die Nebenklägerin ist mit dem Urteil zufrieden.
Für Abdelkader B. ging es aus dem Gerichtssaal auf direktem Weg zurück ins Gefängnis. Nach Verbüßung seiner Strafe wird er wohl in seine Heimat abgeschoben werden. Er war 2020 aus Algerien zunächst nach Frankreich geflüchtet. Sein Asylantrag dort wurde abgelehnt. Von dort ging es in die Schweiz – auch hier gab es kein Asyl. Im Mai 2022 landete er schließlich in Deutschland, wo sein Asylantrag ebenfalls abgelehnt worden war. Nach Stationen in Dortmund und Unna zog er im Juni in die Soester ZUE ein. Das Abschiebe-Gesuch des Kreises Unna liegt der Staatsanwaltschaft bereits vor. Abdelkader B. hätte nach der Ablehnung seines Asylantrages eigentlich „so bald wie möglich“ abgeschoben werden sollen.