Regenbogenflagge soll auf dem Soester Kreishaus wehen - viel Bürokratie nötig

Auf dem Soester Kreishaus soll im Mai eine Regenbogenflagge wehen. Doch für ihre Anschaffung braucht es einen großen Berg an Bürokratie.
Kreis Soest – Über dem Soester Kreishaus soll am 17. Mai zum Tag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transphobie die Regenbogenflagge wehen. Der Kreistag beschloss in seiner letzten Sitzung mit absoluter Mehrheit (56 Ja-, 3 Nein-Stimmen, 2 Enthaltungen), die Kreisverwaltung mit der Beschaffung der Flagge zu beauftragen. Damit die Fahne überhaupt gehisst werden kann, bedarf es jedoch eines weiteren Bürokratie-Aktes.
Trotz des Kreistags-Beschlusses kann die Flagge im Moment allerdings noch nicht beschafft werden, weil es für 2023 noch keinen verabschiedeten Haushalt gibt. „Der Haushalt muss vom Kreistag verabschiedet und von der Bezirksregierung genehmigt werden. Erst dann darf die Kreisverwaltung wieder in die Geschäfte einsteigen“, erklärt Kreis-Sprecherin Birgit Kalle.
Regenbogenflagge muss in den Haushalts-Entwurf eingebracht werden
Bis zur nächsten Kreistags-Sitzung am 30. März muss die Beschaffung der Regenbogenflagge also in den Haushalts-Entwurf eingebracht werden. Trotz der voraussichtlichen Kosten im zweistelligen Bereich führt daran kein Weg vorbei – so besagen es die Haushaltsführungs-Regeln, die sich aus der Gemeindeordnung in Verbindung mit der Kreisordnung ergeben.
Wegen des aktuell fehlenden Haushalts darf der Kreis ausschließlich Geld ausgeben, um vertragliche Pflichten zu erfüllen und um den Dienstbetrieb aufrechtzuerhalten. Bis zum 17. Mai dürfte die Geldfrage jedoch ohnehin geklärt sein.
Kommentar: Gönnen wir uns einen zweiten Blick
Von Daniel Schröder
Auf den ersten Blick weiß man nicht, ob man lachen oder weinen soll. Zur Beschaffung einer Flagge, die es für 30 Euro mit Expresslieferung gibt, braucht es Anträge, Beschlüsse, Grünes Licht von der Bezirksregierung. Ein Verfahren, dessen Kosten über einem Vielfachen der eigentlichen Anschaffung liegen. Doch gönnen wir uns einen zweiten Blick. Ja, man mag angesichts der geringen Summe und des hohen Aufwands, der dahintersteckt, stutzen. Doch wer bestimmt eigentlich, was viel und was wenig ist? Ab welcher Summe wäre es in Ordnung, das Geld ohne Kontrollinstanz auszugeben?
Die einen lachen über 30 Euro, oder was auch immer die Flagge am Ende kosten mag. Die anderen wären froh, wenn sie einen Bruchteil des Geldes hätten. Die „Soester Regenbogenflagge“ ist ein Beispiel dafür, dass Politik und Verwaltung ihren gesetzlichen Pflichten nachkommen. Seien wir froh drum – immerhin ist es unser Geld.
Der Beschluss geht auf einen Antrag der Grünen zurück. In ihm heißt es: „Die Regenbogenflagge steht in zahlreichen Kulturen weltweit für Aufbruch, Veränderung und Frieden. Sie gilt als Zeichen der Toleranz und Akzeptanz, der Vielfalt von Lebensformen, der Hoffnung und der Sehnsucht. Am 17. Mai wird bundesweit dazu aufgerufen, dass Menschen sich für Vielfalt einsetzen sollen.“ Annette von dem Bottlenberg, die den Antrag als stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Kreis-Grünen unterzeichnete, betont gegenüber unserer Redaktion: „Es gibt noch immer Gewalt, auch bei uns in Deutschland, im Kreis Soest. Auch hier sind wir nicht völlig frei von Diskriminierung und Gewalt.“
Für sie sei es höchste Zeit gewesen, das bunte Zeichen auf dem Kreis-Verwaltungssitz zu hissen: „Andernorts hängt die Regenbogenflagge am 17. Mai an jedem Baumarkt, an jeder Tankstelle. Dass sie zukünftig auch auf dem Kreishaus, einem staatlichen Gebäude gehisst wird, ist ein wichtiges Zeichen der Anerkennung“, unterstreicht von dem Bottlenberg. Für sie stehe die Regenbogenflagge nicht ausschließlich für Solidarität mit Homo-, Bi-, Inter- und Trans-Sexuellen – „für mich steht sie grundsätzlich für Respekt gegenüber Menschen, die anders leben“, sagt sie.
Regenbogenflagge: Befürworterin entgegnet Kritikern im Vorfeld
Mutmaßlichen Kritikern des Vorhabens entgegnet sie im Vorfeld: „Die Regenbogenflagge soll uns an den gesellschaftlichen Zusammenhalt erinnern, an Respekt auf Augenhöhe. Das sollte unser größtes Thema sein, egal in welcher Situation wir uns befinden. Gerade in schweren Zeiten neigen wir Menschen schnell dazu, nach unten zu treten. Am Ende geht jedoch alles nur gemeinsam.“