1. Soester Anzeiger
  2. Lokales
  3. Soest

Einfach nur leben: Spendenaufruf für krebskranken Arbeitskollegen (33) gestartet

Erstellt: Aktualisiert:

Von: Sarah Hanke

Kommentare

Arbeitskollegen von Przämyslaw Kwiatkowski haben einen Spendenaufruf gestartet, um ihm eine Krebstherapie zu ermöglichen.
Arbeitskollegen von Przemyslaw Kwiatkowski haben einen Spendenaufruf gestartet, um ihm eine Krebstherapie zu ermöglichen. © Peter Dahm

Przemyslaw Kwiatkowski ist schwer krank. Herkömmliche Krebstherapien haben bei dem Soester bisher nicht angeschlagen. Seine Arbeitskollegen vom Marienkrankenhaus sammeln Spenden für eine neuartige Therapie, die durch die Krankenkasse abgelehnt wurde.

Soest – Es ist ein Hoffnungsschimmer. Die Hoffnung, auf normales Leben – wenigstens ein Stück weit. Seine Arbeitskollegen vom Marienkrankenhaus haben auf privatem Wege für Przemyslaw Kwiatkowski einen Spendenaufruf gestartet, um ihm eine neuartige Krebstherapie zu ermöglichen. Die wurde von der Krankenkasse abgelehnt.

Im Oktober 2019 erhielt der 33-Jährige die schockierende Diagnose, die sein ganzes Leben auf den Kopf stellte: Lungenkrebs. „Eine Operation, in der mir ein Lungenflügel entfernt wurde, habe ich hinter mir“, sagt er. Auch mehrere Chemo- und Strahlentherapien hat er über sich ergehen lassen.

Die klassischen Therapien schlugen bei seinem Befund – einem „entdifferenzierten Lungenkarzinom“– nicht an. Der Tumor hat bereits gestreut. „Ich habe Metastasen an den Knochen und der Nebenniere bekommen. Ich bekam erneut eine Chemo und die Nebenniere wurde bestrahlt“, schildert der 33-Jährige seine Leidensgeschichte weiter. Nur dank des schnellen Eingreifens seiner behandelnden Ärztin am Universitätsklinikum Essen konnte ein Übergreifen der Metastasen auf die Leber verhindert werden.

Alle Nachrichten aus Soest täglich per E-Mail. Abonnieren Sie kostenlos unseren Newsletter.

„Ich habe jeden Tag Schmerzen“

Zu dem Lungenkarzinom kam der Befund eines Sarkoms hinzu. Zwar konnte laut seiner behandelnden Ärztin ein erstes Ansprechen mit einer Sarkom-spezifischen Chemotherapie erreicht werden. Doch jetzt sei es zu einem weiteren Fortschreiten der Krankheit gekommen. Die Tumore sind wieder gewachsen.

„Ich habe jeden Tag Schmerzen. Vor allem nachts. Wenn ich schlafen gehe, wälze ich mich von einer Seite auf die andere“, schildert Przemyslaw Kwiatkowski. Nur mit Schmerzmittel könne er schlafen. Seinen Leidensweg sieht man dem jungen und groß gewachsenen Mann an. Früher sei er sportlich gewesen, habe jeden Tag im Fitnessstudio trainiert, sagt er. Seit der Diagnose undenkbar. Einiges an Gewicht hat er inzwischen verloren.

Zur Spendenaktion

Wer Przemyslaw Kwiatkowski finanziell bei seiner Krebstherapie unterstützen möchte kann dies im Internet tun: www.betterplace.me/krebstherapie-fuer-slawo

Alternativ wurde ein Giro-Konto bei der Sparkasse eingerichtet.

Hoffnung verspricht eine neuartige Behandlungsmethode: Die sogenannte FAPI (Fibroblasten-Aktivierungs-Protein--Inhibitor)-Radioligandentherapie. Fibroblasten sind Bindegewebszellen, das FAP regt ihr Wachstum an. Unter einem Inhibitor versteht man einen Hemmstoff. Vereinfacht ausgedrückt kann diese nuklearmedizinische Therapie also das Protein hemmen, das das Tumorwachstum anregt.

Krankenkasse lehnt „vielversprechende“ Behandlung ab

Eine Untersuchung habe gezeigt, dass die Tumore „FAP“ auf der Oberfläche tragen. Damit bestehe die Möglichkeit, dass die neue Therapie wirksam ist, so seine behandelnde Ärztin von der Essener Uni-Klinik in einem Schreiben anlässlich des Spendenaufrufes.

Bei den 100 Sarkom-Patienten habe die Behandlung zu einem „klinischen Benefit im Sinne einer Krankheitsstabilisierung oder Symptomverbesserung geführt“. Deshalb sei die „FAPI-RLT“ für Tumore mit entsprechender Anreicherung – was auf jene von Kwiatkowski zutrifft – eine „vielversprechende, zielgerichtete und neue Behandlungsoption“.

Die Krankenkasse des Patienten mit Wohnsitz in Soest sah das anders. Sie lehnte eine Beteiligung an der teuren Therapie ab. Die Begründung: Es handele sich um ein experimentelles Vorhaben mit wenig Aussicht auf Behandlungserfolg. Sehr zum Bedauern von Kwiatkowski, der sich an diese Therapie als Chance klammert wie an einen Strohhalm. „Auch eine Chemo ist immer ein Experiment. Entweder wirkt sie oder nicht. Man will einfach nur leben.“

Ein Behandlungszyklus kostet 23.000 Euro

Dass eine Therapie, die von einer behandelnder Ärztin als vielversprechend bewertet wird, von den Krankenkassen abgewiesen wird, sei keine Seltenheit, heißt es dazu aus dem Marienkrankenhaus. Oft sei man selbst erstaunt und könne teils die Beweggründe der Krankenkassen für die Entscheidung nicht nachvollziehen.

Arbeitskollegen von Przämyslaw Kwiatkowski haben einen Spendenaufruf gestartet, um ihm eine Krebstherapie zu ermöglichen.
Arbeitskollegen von Przemyslaw Kwiatkowski haben einen Spendenaufruf gestartet, um ihm eine Krebstherapie zu ermöglichen. © Screenshot

„Bei den Krankenkassen geht es meist nur um die bürokratischen Dinge“, sagt eine niedergelassene Soester Onkologin zu der Thematik (Name ist der Redaktion bekannt). Von den Geschichten dahinter und dem jungen Alter eines Krebskranken seien sie wenig beeindruckt. In diesem speziellen Fall, so die Onkologin, sei die Krankenkasse eventuell wegen der noch sehr dünnen Studiendatenlage vorsichtig. Hinzu kommt: Es fehlt die Zulassung für die „FAPI-RLT“. Daher bestehe keine Verpflichtung für die Krankenkasse, sich an den Kosten für die Behandlungsmethode zu beteiligen.

Ein Behandlungszyklus kostet etwa 23.000 Euro. Für Kwiatkowski seien zwei Zyklen eingeplant – mit anschließender Verlaufskontrolle. Die Therapie soll nur fortgesetzt werden, wenn sie im Sinne einer Krankheitsstabilisierung erfolgreich ist.

Ärzte machen Patienten Mut

Viel Geld, das der 33-Jährige, der bis zur Diagnose im Soester Marienkrankenhaus in der Küche gearbeitet hat, nicht aufbringen kann. Seine Arbeitskollegen haben deshalb einen Spendenaufruf auf der Plattform betterplace.me gestartet. Fast 7.200 Euro waren am Freitag erreicht. 48.000 Euro will das Team um Andreas K. sammeln. 2,5 Prozent jeder Spende wird von der Plattform einbehalten, um damit die Transaktionskosten der Zahlungsanbieter zu zahlen.

„Er will das, er ist ein starker Junge, er schafft das“, zeigt sich Kollege Andreas K. zuversichtlich. So auch seine Ärzte. Sie sagten: „Kopf hoch.“

Auch interessant

Kommentare