Wer regelmäßig trainiert, der weiß nur zu genau: Irgendwann ist der Punkt erreicht, an dem die Muskeln aufhören, so schnell zu wachsen wie zuvor. Es sei denn, man hilft mit Protein-Shakes oder -Riegeln nach. „Ich bin kein Fan von Protein-Riegeln, die oft künstlich schmecken und auch noch viel Zucker enthalten“, sagt Teschler. Insekten als natürliche Proteinriegel zu nutzen, sei daher keine schlechte Sache. Auch aus Umwelt- und Nachhaltigkeitsaspekten und mit Blick auf das Bevölkerungswachstum. Schon heute sei die Überfischung in den Gewässern ein großes Thema. Aber: „Es ist natürlich erst einmal eine Überwindung.“ Wichtig sei daher, dass Lebensmittel, in denen die Krabbeltiere enthalten sind, klar gekennzeichnet sind.
„Es ist wichtig, dass die ursprüngliche Form des Insekts nicht mehr zu erkennen ist. Zum Beispiel als Burger oder Bratling“, findet Friederike Osterhaus, eine der drei Geschäftsführerinnen des Soester Bioladens „Lebensgarten“. Dass Lebensmittel mit Insekten irgendwann dort im Sortiment auftauchen könnten, hält sie durchaus für möglich. Wichtig sei ihr dabei die Bio-Zertifizierung der Insektenzüchter und die artgerechte Haltung der Tiere. „Letztlich sind das ja auch Tiere“, so Osterhaus. Tierschutz hält sie für besser umsetzbar als bei anderen Lebewesen: „Die Tiere brauchen ja weniger Platz.“
Eine Backmischung mit Grillen und Käfern – seit dem 23. Januar ist das möglich. Einige Bäckereien in Bayern berichten seitdem von besorgten Kunden. Ob die Betriebe Insekten in ihre Brote mischen? „Nein, wir verarbeiten keine Insekten. Dabei wird es auch erst einmal bleiben“, stellt Heiko Klapp, Inhaber der gleichnamigen Bäckerei mit Filialen unter anderem am Firmensitz in Ense-Bremen und in Soest klar. Aktuell, so der Bäckermeister und stellvertretende Obermeister der Bäcker- und Konditoren-Innung Soest-Lippstadt, habe er das Thema schlicht noch nicht auf der Agenda. Klapp bezweifelt auch, ob Insektenmehl mit Hausgrille oder Getreideschimmelkäfer bei seinem Großhändler überhaupt zu bekommen wären.
Insekten werden schon seit Jahrtausenden von Menschen weltweit gegessen. In der Europäischen Union gelten sie als neuartige Lebensmittel. Nach Mehlwürmern und Wanderheuschrecken dürfen seit dem 24. Januar nun auch Hausgrillen und Larven des Getreideschimmelkäfers in Lebensmitteln verarbeitet werden.
Per Durchführungsverordnung darf allein das vietnamesische Unternehmen „Cricket One“ ein teilweise entfettetes Pulver aus der Hausgrille (Acheta domesticus) in der EU verkaufen. Auch Larven des Getreideschimmelkäfers (Alphitobius diaperinus) dürfen verarbeitet werden. Ähnliche Regeln gibt es schon länger für Wanderheuschrecken und Larven des Mehlkäfers (Tenebrio molitor, gelber Mehlwurm).
In allen möglichen Lebensmitteln kann die Hausgrille verarbeitet werden. Ihr Pulver darf unter anderem in Brot und Brötchen, Keksen und Crackern, Backmischungen und Teigwaren, Soßen und Suppen, Fleisch- und Milchersatz, Kartoffelerzeugnissen oder Schokolade vorkommen. Die Produkte dürfen dann nicht als vegan oder vegetarisch ausgezeichnet werden. Die Insekten müssen zudem auf den Produkten gekennzeichnet sein. Der Verordnung zufolge muss etwa in der Zutatenliste stehen: „Acheta domesticus (Hausgrille, Heimchen), gefroren“ oder „Pulver aus Larven von Alphitobius diaperinus (Getreideschimmelkäfer)“.
Dem Bundesverband der Verbraucherzentralen zufolge ist ihr Proteingehalt ähnlich hoch wie bei Fleisch von Rind, Schwein oder Pute, variiert aber je nach Art des Insekts. Der Umweltorganisation WWF zufolge ist auch die Ökobilanz deutlich besser als die von Rind, Schwein und Huhn. „Im Vergleich zu Fleisch wird bei der Erzeugung von Insekten wesentlich weniger landwirtschaftliche Fläche benötigt“, heißt es vom WWF. Nach Angaben der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der vereinten Nationen (FAO) benötigen Grillen nur etwa ein Zwölftel des Futters verglichen mit Rindern, um die gleiche Menge an Eiweiß zu produzieren. Bei der Insektenzucht werden auch weniger Treibhausgase freigesetzt. Niemand muss zudem befürchten, dass wild gesammelte Larven, Käfer und Grillen in den Produkten landen. Speiseinsekten, die im deutschen Lebensmittelhandel angeboten werden, stammen nach Angaben der Verbraucherzentralen ausschließlich aus kontrollierter Aufzucht. Quelle: dpa