Nur wenige Unternehmen setzen aktuell auf Mitarbeiter aus dem Ausland. Nur sieben Prozent der Handwerksunternehmen rekrutieren Fachkräfte aus dem Ausland. Das ist das Ergebnis einer Sonderumfrage der Handwerkskammer (HWK) Dortmund im Herbst 2022. „Das bedeutet, dass fast vier von fünf der befragten Handwerksunternehmen keine Fachkräfte aus dem Ausland einstellen würden“, erklärt eine HWK-Sprecherin Anfrage. 39 Anträge auf Anerkennung von Berufsabschlüssen aus dem Ausland seien 2022 gestellt worden.
Sprachliche Schwierigkeiten, das Problem bei der Vergleichbarkeit der im Ausland erworbenen Qualifikationen sowie rechtliche und bürokratische Hürden seien am häufigsten genannten Gründe. In der Mentalität, der Kultur und beim fehlenden Wohnraum würden weitere Hemmnisse gesehen.
Die Zeiten, in denen die Bewerber um eine Arbeitsstelle Schlange stehen, sind längst vorbei. Von allein klopfen sie erst recht nicht an. Hinzu kommt: Der demografische Wandel hinterlässt erste deutliche Spuren. Mit den zunehmenden Renteneintritten der geburtenstarken Jahrgänge würden speziell viele Fachkräfte verloren gehen, die ersetzt werden müssen, so die Agentur für Arbeit. Des Weiteren kämen durch die demografischen Gegebenheiten weniger Nachwuchskräfte nach, sodass die klaffenden Lücken nicht geschlossen werden können.
Zum Sommer 2022 habe das Unternehmen sieben Service-Mitarbeiter eingestellt. „Heute muss man als Arbeitgeber schon einiges dafür tun und sich positionieren“, sagt Göttgens. „Es kostet heute viel Geld, um Mitarbeiter zu bekommen.“ Für Werbemaßnahmen, um die neuen Azubis zu gewinnen, habe man bis zu 14.000 Euro investiert.
Statt in Maßnahmen hat Göttgens Geld und Zeit nun in die Rekrutierung ausländischer Fachkräfte gesteckt. „Wenn man es will, muss man sich den Hürden stellen“, sagt der Inhaber. Einen ganzen Tag hätten die drei in der Deutschen Botschaft verbracht, um ihr Anliegen darzulegen und Dokumente vorzulegen. Auch hier fehle Personal, so Ferber. Ein halbes Jahr sei vergangen, bis alles durch das zuständige Arbeitsamt geprüft und der berufliche Abschluss offiziell anerkannt war.
Auch von Arbeitgeber-Seite müssen Voraussetzungen erfüllt werden. So besorgte Göttgens ihnen eine Wohnung in Soest. Durch Spenden konnte die Einrichtung der noch leer stehenden 120 Quadratmeter großen Wohnung für die neuen Kollegen aus Sri Lanka zusammen gesammelt werden. „Eine Willkommenskultur zu schaffen, in der sie sich wohlfühlen, war für mich die Grundvoraussetzung dafür, dass uns das Experiment gelingt“, sagt Göttgens, der die drei Herrschaften gemeinsam mit Ferber persönlich am Düsseldorfer Flughafen in Empfang nahm. „Je wohler sie sich fühlen, desto länger bleiben sie. Wir müssen ein Umfeld schaffen, in dem sie sich wohl fühlen“, sagt Ferber. „Wir wollen Arbeitskräfte, aber es kommen Menschen.“
Dazu gehört auch, die Mitarbeiter einzustimmen, damit sie das „Experiment“ mittragen, und dafür zu sensibilisieren, dass die Neuzugänge Zeit brauchen, um sich an neue Abläufe und Strukturen zu gewöhnen. „Auch wenn alle drei den Handwerksbrief haben, heißt das nicht, dass sie sofort alles beherrschen und umsetzen können“, so Göttgens. Ihre Ausbildung haben sie mit Mercedes absolviert. In Soest schrauben sie nun an Autos von Volvo oder Seat. Aktuell nehmen die drei an einem Deutschkurs teil, der speziell die Fachsprache in ihrem Berufsalltag schult.
Bis 2035 könnte der Arbeitsmarkt laut Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung um bis zu sieben Millionen Arbeitskräfte schrumpfen, wenn nicht gehandelt wird. Göttgens hat gehandelt – vorausschauend. Obwohl er bei der Suche nach Personal im Kfz-Bereich nicht laut klagen kann – noch nicht.
Die Bewerber-Zahl sei zwar rückläufig, aber im Vergleich zu anderen Gewerken stehe er noch gut dar. „Wenn die Not in den Betrieben größer wird, dass sie halbiert oder geschlossen werden müssen, müsste man die gleichen Betriebe noch mal hören, für die ausländische Fachkräfte vehement nicht infrage kommen“, sagt Ferber. Ohne werde es künftig nicht gehen. Ob das „Experiment“ glückt, wird sich zeigen.
1970 wurde das Autohaus durch Ewald Göttgens als Volvo-Niederlassung in Soest gegründet. 1992 übernahm Klaus Göttgens den Betrieb, 2010 trat Benjamin Göttgens in die Fußstapfen seines Vaters. Heute gibt es vier Standorte und fünf Marken: Volvo, Hyundai, Seat, Cupra und Suzuki.