Der Soester Künstler und Autor liebt das Fragen; und er mag es, erst ganz allmählich in die Antworten hineinzuleben. Denn die schnelle Antwort von Google und Wikipedia, so Lux, stehe der eigentlichen Begegnung mit den Dingen und auch mit den Menschen im Wege. Sein Rat: Werden wie die Kinder und ganz neu ins Staunen kommen, Begriffe und Urteile vergessen.
Hartmut Lux fragt aber nicht nur, er schreibt auch – und holt in seinem neuen Buch zur großen (Über-)Lebensfrage aus. Dafür nimmt er in zahlreichen Zitaten Anleihen bei Goethe und Augustinus, bei Rudolf Steiner und Martin Buber oder bei Hans-Georg Gadamer; doch die „fragwürdige“ Einladung zur Verwandlung des Ich stammt von Lux selbst. „Na ja“, würde der diese Einschätzung womöglich von sich weisen, „wissen wir denn, woher unsere Gedanken kommen?“
Statt eine schnelle Antwort auf diese Frage zu suchen wollen wir unsere Aufmerksamkeit dem Buch widmen. „Das Ich verwandeln / Stirb und werde“ heißt es; auf dem Cover werden noch die drei Hauptrichtungen „In der Natur“, „In der Kunst“ und „Im sozialen Leben“ erwähnt. Wer vertraut ist mit den Büchern von Hartmut Lux, wird Bekanntes (wieder-)finden: Die Entwicklung des Schmetterlings etwa; oder die Spaziergänge über das brach liegende ehemalige Soester Bahngelände und die damit verbundenen Fragen nach künstlerischer Verwandlung ehemaliger Nutzgegenstände wie einer eisernen Mutter oder einer hölzernen Bahnschwelle.
Doch Lux findet nicht nur wieder, er setzt vor allem neu zusammen. Er fragt nach nichts weniger als dem Geheimnis des Lebens. Staunend tastet er sich über Goethes Gedicht „Selige Sehnsucht“ heran. „Ist das ,Stirb und werde‘ auf das Gedicht begrenzt, in welchem Goethe diese widersprüchlich erscheinende Aussage mit dem gleichermaßen rätselhaften Bild eines in der Kerzenflamme verbrennenden Schmetterlings verbindet? Oder spricht der Dichter eine weiterreichende Erkenntnis aus? Ein Geheimnis des Lebens?“, fragt er. Und tastet sich weiter vor, sagt: „Das Sterben bedeutet nicht ein Ende; es erscheint eher als ein Kunstgriff, ein Entwicklungsmoment! Handelt es sich folglich bei dem Sinnspruch Goethes um eine Anschauung, die helfen kann, das Leben und vielleicht auch sich selbst besser, umfassender zu verstehen? Ließen sich seelische, möglicherweise auch soziale Prozesse anders handhaben mit Hilfe dieses Schlüssels?“
Ganz in der Fragehaltung bleibt das neue Buch dann aber doch nicht. Denn Lux folgert: „,Stirb und werde!’ Will man das aktive, tätige Leben der Seele verstehen, so öffnet dieser Imperativ den Zugang: Er beschreibt eine Bewegungsfigur, einen (seelischen) Tanzschritt, das Ich zu verwandeln in ein Du – zu sterben und (zugleich) neu zu werden.“
Das Buch versucht folglich, zu tanzen: in der Begegnung mit der Natur, in der Kunst und im sozialen Leben.
In uns entsteht so das Bild eines Mannes, der morgens um kurz vor fünf am Schreibtisch eine Aufforderung zum Fragen formuliert – in der Hoffnung, der Leser möge „in Selbsthingabe und Selbstfindung“ staunend in die Antworten hineintanzen.
„Das Ich verwandeln – Stirb und werde / in der Natur, in der Kunst und im sozialen Leben“ – Verlag „Merlikin Lyrik“,185 Seiten, Hardcover. Preis: 25 Euro unter www.hartmut-lux.org, Telefon 02921/4407, und im Soester Buchhandel. ISBN 978-3-9823712-0-7. Neben dieser Neuerscheinung ist das zuletzt vergriffene Buch mit Tagebuchgedanken, Gedichten und Fotografien über Bäum wesentlich erweitert neu aufgelegt worden: „Bäume – Ihre stille Größe / Ihre große Stille“; 124 Seiten, Hardcover. Es ist ebenfalls im Buchhandel und beim Autor zum Preis von 25 Euro erhältlich. ISBN 978-3-9823712-2-1