Soest: AfD-Kundgebung pro Atomkraft - 80 Gegendemonstranten mit lautem Protest

Auf dem Soester Marktplatz positionierte sich die AfD am Samstag unter anderem pro Atomkraft. Rund 80 Gegendemonstranten sorgten für lautstarken Widerspruch.
Soest - Der Soester Kreisverband der Alternative für Deutschland (AfD) veranstaltete am Samstag eine Kundgebung auf dem Soester Marktplatz. Einer der zentralen Punkte: die Ablehnung erneuerbarer Energien. Man wolle „bezahlbare Energie“, forderte Matthias Höing, Sprecher des Soester Kreisverbandes.
Man dürfe sich, so der AfD-Mann aus Erwitte, „nicht einseitig aus ideologischen Gründen auf Sonne und Wind verlassen“. Der AfD-Kreisverbands-Sprecher weiter: „Auf einmal faseln alle, faselt der Katastrophenschutz Kreis Soest, von einem Blackout. Wir wollen vernünftige Energie, die sicher ist. Atomkraft, Gas und Kohle sind die Säulen der Energie.“
AfD-Kundgebung pro Atomkraft in Soest - schwere Unglücke waren kein Thema
Schwere Unglücke in Atomkraftwerken (Tschernobyl, Fukushima) und die weiterhin unbeantwortete Frage nach der Endlagerung von Atommüll waren kein Thema.
AfD nimmt Presse in Soest ins Visier
Von der Energie schwenkte Höing schnell auf andere Themen um: So kritisierte er die deutsche Zuwanderungspolitik und stellte fest: „Ausländer, die sich hier integrieren, sind willkommen, Ausländer, die deutsch sein wollen, sein wollen, wie wir.“ An die Presse gewandt, sagte er: „Wir können die Presse nicht zwingen, mit dem Lügen aufzuhören. Aber wir können sie zwingen, immer dreister lügen zu müssen. Ihr könnt schreiben, was ihr wollt. Von uns bekommt ihr kein Interview, Punkt.“ Auch vom Soester Anzeiger sei er „im Vorfeld ausgequetscht“ worden, sagte Höing.
Hinweis der Redaktion: Tatsächlich gab es, wie im Vorfeld solcher Kundgebungen üblich, eine Anfrage der Redaktion an die Kreis-AfD. Um die Veranstaltung anzukündigen, fragten wir nach den Themen, die die Partei am Samstag auf der Agenda habe.
Marco Kleine, Kreissprecher der AfD im Hochsauerlandkreis, sagte in Richtung der Presse: „Ich schäme mich für unsere Medienlandschaft. Dafür wurde doch einst der Verfassungsschutz aufgebaut. Die Medienlandschaft und der Verfassungsschutz sollten reformiert werden.“ Wie konkret solch eine „Reform“ aussehen solle und ob danach noch von einer freien Presse die Rede sein könne, ließ er offen.
Der NRW-Landtagsabgeordnete der AfD, Prof. Dr. Daniel Zerbin, verurteilte die Angriffe in der Silvesternacht auf Einsatzkräfte, machte dafür die „unkontrollierte Migration“ verantwortlich und nannte Zahlen aus Berlin. So seien 145 Menschen im Zusammenhang mit den Silvester-Ausschreitungen in der Bundeshauptstadt festgenommen worden. Darunter 45 Deutsche, 27 Afghanen, 21 Syrer - insgesamt habe es 18 verschiedene Nationalitäten unter den Festgenommenen gegeben.
Aktuell sind Zerbins Zahlen nicht: Inzwischen wurde von der Polizei gegenüber dem „Tagesspiegel“ präzisiert, dass es sich bei den 145 Menschen um alle in Berlin Festgenommenen der Silvesternacht handelte, nicht alle Tatverdächtigen waren an Ausschreitungen und Angriffen beteiligt. So berichtete der „Tagesspiegel“, dass in ganz Berlin im Zusammenhang mit den Silvester-Angriffen 38 Personen festgenommen wurden. Die meisten der festgenommenen Verdächtigen nach Böllerattacken auf Polizisten und Feuerwehrleute - zwei Drittel - seien demnach deutsche Staatsbürger und unter 21 Jahre alt gewesen.

Zurück zur Kundgebung auf dem Soester Markt: Neben den laut Polizeischätzung 40 Teilnehmern der AfD-Kundgebung zogen - ebenfalls nach Schätzung der Polizei - 80 Gegen-Demonstranten durch die Soester Altstadt. Die Gruppe bildete sich aus Mitgliedern der „Linken“, der Umweltbewegung „Extinction Rebellion“ und weiteren Personen.
Gegenüber unserer Redaktion erklärte eine Frau als Mitglied von „Extinction Rebellion“ auf die Frage, warum sie an der Gegendemo teilnehme: „Es passt uns überhaupt nicht, dass die AfD in ihrem Flyer gegen erneuerbare Energien wirbt. Das ist völliger Quatsch, vollkommen aus der Zeit. Wer solche Forderungen hat, rennt mit Scheuklappen durch die Gegend und macht einen Schritt zurück.“
Linken-Kreisvorsitzender Manfred Weretecki antwortete auf die gleiche Frage: „Man kann darüber streiten, ob es sinnvoll ist, der AfD durch solch eine Demonstration Aufmerksamkeit zu schenken. Wir haben uns jedoch gerne beteiligt, um deutlich zu machen, dass die AfD in Soest nichts verloren hat. Wichtig war es uns, den Klimaleugnern, die gegen erneuerbare Energien sind, zu zeigen, dass man dagegen ist.“ Dafür, dass der Gegenprotest „relativ spontan“ auf die Beine gestellt worden war, sei die Teilnehmerzahl aus seiner Sicht „schon ganz gut“ gewesen.
Die Gegendemonstranten zogen mehrere Runden durch die Soester Altstadt, am Marktplatz und der AfD-Kundgebung vorbei. Durch laute Rufe, Trillerpfeifen und Transparente machten sie ihren Standpunkt deutlich. Getrennt wurden beide Veranstaltungen von der Polizei, die mit sechs Beamten vor Ort war. Der Polizei-Einsatzleiter erklärte im Nachgang gegenüber unserer Redaktion: „Wir sind mit dem Verlauf zufrieden. Schon im Vorfeld gab es einen unproblematischen Kontakt mit beiden Versammlungsleitern.“ Bei der Lenkung der Demonstranten sei es für die Beamten wichtig gewesen, „dass die Demonstranten beider Veranstaltungen die Möglichkeit bekamen, sich gegenseitig ihre Meinung kundzugeben“.