Aus Liebe zur Stenografie: Amper schreibt mehr als 100 Schulbücher

Der Amper Karl Wilhelm Henke hat sein Lebenswerk in Buchstaben gefasst. Mehr als 100 Schulbücher hat der ehemalige Handelsschullehrer geschrieben.
Soest – Wer Karl Wilhelm Henke in seinem Haus in Ampen besucht, der kann eine Zeitreise unternehmen. Sie wird ihn über tausende Buchseiten führen, Millionen Zeilen streifen und wohl Milliarden von Buchstaben, Ziffern und Zeichen. Es ist ein Ausflug durch 50 Jahre Textverarbeitung. 104 Schulbücher hat Karl Wilhelm Henke geschrieben. Begonnen hat alles mit der Stenografie. Kurzschrift, Eilschrift, Notizschrift: Ihm ist das als junger Auszubildender im Soester Amtsgericht auf Anhieb plausibel. Die Abkürzungen werden seine Leidenschaft und aus dem Kanzleilehrling wird somit 1971 ein Lehrer für Stenografie und Textverarbeitung am Hubertus-Schwartz-Berufskolleg (HSBK).
Sein erstes Schulbuch ist ein Übungsheft für die Kurzschrift, es erscheint 1979. Bald kommen Arbeitshefte für das Tastaturschreiben dazu, er konzipiert eigene Methoden für das Schreiben an der Schreibmaschine. Darin ist er selbst längst ein Meister seines Fachs: Schon als junger Mann sammelt Karl Wilhelm Henke Platzierungen bei Wettschreiben. Er engagiert sich in den Stenografenvereinen Soest und Hamm, später im Deutschen Stenografenbund, dessen Präsident er von 2000 bis 2005 ist. Besonders stolz ist der heute 75-Jährige aber auf die Schüler, die er zu solchen Wettbewerben führt. Er erinnert sich gern an eine Fachklasse für Informatik, fast ausschließlich Jungs, die bei ihm das Maschineschreiben lernten. Sie stellten sich der Konkurrenz bei den Deutschen Meisterschaften 2007, traten gegen Teams an, die teils schon seit vielen Jahren trainierten.
Amper schreibt mehr als 100 Schulbücher: Drei Lektionen zum zügen Tastaturschreiben
Die richtige Technik bringt Erfolg: „Das entscheidende Kriterium ist die Häufigkeit der Buchstaben“, verrät Karl Wilhelm Henke. Am häufigsten verwendet ist das „E“, die anschlagstärksten Finger sind Zeige- und Mittelfinger. Seine Bücher baut er so auf, dass die Schüler schnell lernen. „Drei Lektionen braucht es“, sagt er, „dann können Sie schon zügig schreiben.“ Die Soester wurden damals Vierte. Eine andere Schülergruppe hatte Henke schon 1976 zum Bundessieg im Maschinenschreiben beim Bundesjugendschreiben geführt. Die Liste der Titel und Platzierungen, die Henke selbst, mit seinen Schülern und Stenografen in den vergangenen rund 50 Jahren bei diversen Meisterschaften – bis hin zur Weltmeisterschaft – erschreibt, sie ließe sich noch lang fortsetzen.
Auf einem dieser Wettbewerbe kommt er zum ersten Mal in Kontakt mit einem Verlag. Seit einigen Jahren schon erscheinen seine Bücher im Braunschweiger Verlag Westermann – das ist der mit dem Diercke Weltatlas. Anhand von Henkes Bibliografie lässt sich die Entwicklung der Arbeitswelt in den letzten 50 Jahren ablesen. „Steno“ und Schreibmaschineschreiben, das war mal eine wichtige Kenntnis für alle angehenden Kaufleute. Heute schreibt Henke über die Textverarbeitung mit Word, hat ein Arbeitsbuch für Deutsch überarbeitet. Mit Henke lernen Handelsschüler den Umgang mit Word und die Regeln der modernen Korrespondenz, das Standardwerk zur „DIN 5008“ ist ein Henke.
Stenografie dagegen lernt heute niemand mehr. Die Stenografenvereine sind längst aufgelöst, Tastaturschreiben aus den Lehrplänen verschwunden (an den allgemeinbildenden Schulen war es nie Bestandteil). Wer noch das Zehn-Finger-System lernt, tut das in Zusatzkursen oder Online-Trainings. Karl Wilhelm Henke würde das jedem empfehlen, umso mehr, als der Computer heute das Arbeitsgerät Nummer eins ist, längst nicht nur in kaufmännischen Berufen. „Allein schon die Zeitersparnis ist Argument genug“, sagt er. Was waren das für Zeiten, als seine „Steno“-Teams es vermochten, 300 Anschläge in der Minute zu schreiben – eine halbe Stunde lang.