Sarah Menken ist Zuchtwartin und Zuchtrichterin. Sie selbst züchtet seit vielen Jahren Chihuahuas. Sie hat sich der Vereinigung der Rassehunde-Züchter (VRZ) angeschlossen. Regelmäßige Untersuchungen, auch der DNA, seien für seriöse Züchter längst eine Selbstverständlichkeit, meint sie. „Und wer zu Ausstellungen geht, zeigt seine Zucht, macht sie öffentlich.“ Viele Liebhaber der kleinen Hunde erkundigten sich sehr genau danach, weil sie dann wüssten, dass der Züchter mit hohen Standards arbeite.
Peter Wirth, Vorsitzender der „Flotten Pfoten Soest“ hat am vergangenen Wochenende auf der Vereinsanlage in Völlinghausen einen „Rallye Obedience“-Wettbewerb veranstaltet. Wer mit einem sogenannten Qualzuchthund teilnahm, musste die Gesundheit seines Hundes nachweisen können. Einige sagten vorher ab. Wirth, der seit vielen Jahren aktiv Hundesport betreibt, bleibt skeptisch. „Ist ein Hund sportuntauglich, wenn er einen verkürzten Unterkiefer oder merlefarbenes Fell hat?“, fragt er. „Wir sind keine Tiermediziner, welcher Hundetrainer soll das beurteilen?“
Schmerz, Leid oder Schaden müssten mit dem Qualzucht-Merkmal einhergehen, beschreibt Dr. Katharina Bonitz vom Veterinäramt des Kreises Soest. Sie verweist auf die Verantwortung von Halter und Veranstalter. Im Detail allerdings sei nicht klar, wie und für wen die Tier-Schu-HuV anzuwenden sei. „Es herrscht noch große Unklarheit“, sagt sie, „wir warten noch auf Vorgaben vom Landesamt für Natur, Umwelt- und Verbraucherschutz oder vom Bundesministerium“, so Bonitz, „es sollte ja sicherlich bundesweit einheitlich umgesetzt werden.“
Zwischenzeitlich ist die Nachfrage nach Gesundheitszeugnissen in den Tierarztpraxen groß, bestätigt die Soester Veterinärin Dr. Frauke Schulte-Märter. Augen, Ohren, Zähne: „Alles wird durchgeguckt.“ Fällt etwas auf, können Ultraschall- oder Röntgenuntersuchungen nötig werden. Bisher habe sie meist eine normale Untersuchung in Rechnung stellen können, sagt Schulte-Märter.
Dass das Zeugnis durchaus teuer werden kann, weiß Peter Wirth. „Wenn Sie 250 bis 350 Euro für den Nachweis zahlen müssen, dann ist das für viele Halter das Ende des Hundesports“, befürchtet er. Streng genommen müsse sogar für eine Begleithundeprüfung der Nachweis vorgelegt werden. „Wo ist da der Sinn?“
Ebenso wenig versteht er dies: „Es geht ja gar nicht um das Training, nur um den Vergleich. Das ist so albern: Leidet der Hund beim Wettbewerb im Hundesport, dann leidet er auch beim Training.“
Es müsse doch darum gehen, Züchtung dahingehend zu beeinflussen, „dass Dinge, die wirklich die Lebensqualität der Hunde beeinträchtigen, nicht mehr gezüchtet werden“, sagt Frauke Schulte-Märter. Ein Ausstellungsverbot führe dazu, dass die Schwarzen Schafe eben nicht mehr ausstellen, „dann züchten sie wild, dann wird es vielleicht noch schlimmer.“ Oder die Menschen kauften ihre Hunde im Ausland.
„In den Hinterhöfen und Kellern machen sie mit ihrer Qualzucht trotzdem weiter“, sagt Peter Wirth. „Früher hieß es, bei Ausstellungen gehe es um Schönheit, nicht um Gesundheit. Das hat sich jetzt geändert, und das finde ich grundsätzlich gut“, sagt Sarah Menken. „Aber eine Farbe oder ein fehlender Zahn machen noch keinen kranken Hund.“
Die Liste der Qualzuchtmerkmale ist fast endlos lang. Bei Chihuahuas gilt Röcheln als verdächtig, häufig haben die kleinen Hunde zuchtbedingt eine Patellaluxation, also eine schmerzhafte Verschiebung der Kniescheibe. Überzüchtete Hunde sind manchmal extrem klein, haben Glubschaugen, eine offene Fontanelle. „Sie können bei jeder Hunderasse etwas finden, das als Qualzuchtmerkmal gelten könnte“, sagt Tierärztin Frauke Schulte-Märter. Bekannt ist die Hüft-Dysplasie bei Schäferhunden, die kurze, auf das „Kindchenschema“ gezüchtete Schnauze des Mopses. Eine bestimmte Fellfarbe geht bei vielen Rassen mit Augenproblemen bis hin zur Blindheit einher. Solche „Merle“-Hunde dürfen nicht miteinander verpaart werden, ein rezessives Merle-Gen kann aber unproblematisch sein und bleiben. „Ich habe selbst eine Merle-Linie in meiner Zucht“, sagt Züchterin Sarah Menken, „und die Hunde sind kerngesund.“
Weil immer mehr Soester auf den Hund gekommen sind als in den Jahren zuvor, hat auch die Stadt höhere Einnahmen durch die Hundesteuer zu verzeichnen. Das geht aus Zahlen aus dem Rathaus hervor.