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Photovoltaik: Strom von Soester Altstadtdächern

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Von: Kathrin Bastert

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Blick auf die Dächer der Soester Altstadt
Bisher war es ein Tabu: Der Blick auf die historische Altstadt soll nicht durch Photovoltaik-Anlagen gestört werden. Jetzt legt die Stadt eine Kehrtwende hin. © Peter Dahm

Bisher war es ein Tabu: Der Blick auf die historische Altstadt soll nicht durch Photovoltaik-Anlagen gestört werden. Jetzt legt die Stadt eine Kehrtwende hin.

Soest – Beim Thema Photovoltaik in der Altstadt vollführt die Stadt Soest eine Kehrtwende. Bisher hatten die Häuser im historischen Kern der Bördestadt für die Teilnahme an der erneuerbaren Energieerzeugung keine Priorität. Der Wunsch von Politik und Verwaltung war klar formuliert und weitgehend deckungsgleich: Bloß kein Wildwuchs an Anlagen auf den denkmalgeschützten Dächern. Stadtbaurat Matthias Abel fasst es gut zusammen, wenn er an einem Beispiel beschreibt, dass das Postkartenmotiv der Teichsmühle mit dem Blick auf die Wiesenkirche eben nicht durch schwarze Solarpaneele gestört sein soll.

Alle sichtbaren Flächen im Geltungsbereich der Altstadtsatzung waren deshalb bisher von der Photovoltaik ausgeschlossen. Und bisher galt es als Konsens, dass das verkraftbar ist. Denn die Rede ist faktisch von einer Potenzialfläche, die zusammengenommen nur so groß ist, wie die drei größten zur Verfügung stehenden industriellen Flächen zusammen. Insgesamt, rechnet Abel vor, geht es nur um etwa 1,3 Prozent der insgesamt zur Verfügung stehenden Flächen auf Soester Dächern.

Allein: Die Eigentümer von Häusern in der Altstadt sehen das anders. Einige, aber längst nicht alle, die bisher von dem Verbot „sichtbarer” Anlagen betroffen sind, besitzen denkmalgeschützte Häuser. Von den Regelungen der Altstadtsatzung sind aber alle Gebäude innerhalb der Wälle betroffen. „In der Altstadt ist immer eine denkmalrechtliche Erlaubnis nötig.“ Das gilt nicht nur für PV-Anlagen, sondern für jede auffallend gestalterische und bauliche Maßnahme. Immerhin hat die gesamte Altstadt quasi als „Gesamtkunstwerk“ historischen – und mithin auch wirtschaftlichen – Wert. Ihn zu erhalten, soll auch weiterhin Maßgabe bleiben.

Matthias Abel, wie auch sein Abteilungsleiter Olaf Steinbicker, stellen klar, dass es durchaus sein kann, dass für bestimmte Gebäude auch weiterhin eine Entscheidung gegen eine entsprechende Anlage fallen könnte. Auch könnte die Stadt Vorgaben machen, die womöglich zu höheren Kosten und geringen Stromerträgen führen – zum Beispiel mit roten Solarziegeln. Grundsätzlich aber, und das klingt wie ein Versprechen, werde sich die Grundhaltung im Genehmigungsverfahren ändern. „Der Grundsatz, dass Photovoltaik auf dem Denkmal nicht geht, fällt.”

Gemeinsam mit der Politik hat die Stadt acht Richtlinien hinsichtlich (Farb-)Gestaltung, Position und auch Art entwickelt, anhand derer Hauseigentümer in der Altstadt relativ sicher mit einer Genehmigung von Anlagen auf ihren sichtbaren Flächen rechnen können (siehe Infokasten). „Es ist mir wichtig, zu betonen, dass es auch bisher schon nicht so ist, dass PV-Anlagen in der Altstadt grundsätzlich verboten sind. Es gibt reichlich Anlagen. Aber eben auf nicht sichtbaren Flächen. Deshalb weiß das kaum jemand.”

Steinbicker hat zur Veranschaulichung einige Positiv- und Negativbeispiele parat, zeigt anhand des Aldegrever-Gymnasiums und der Patrokli-Schule (beide im städtischen Besitz), wie es aussehen kann, wenn auch auf denkmalgeschützten Altstadtdächern bald Strom erzeugt wird. Die Nachfrage jedenfalls ist groß, weiß Henrik Volmar, bei den Soester Stadtwerken zuständig für die Stromerzeugung mit Hilfe der Sonne. Auch in der Altstadt gibt es großes Interesse.

Matthias Abel weiß das, und er weiß auch, dass der Gesetzgeber mit der Einstufung der Erneuerbaren Energien als „Belang von nationalem öffentlichen Interesse“ den Grundstein dafür gelegt hat, künftig immer mehr Möglichkeiten für Hausbesitzer zu schaffen, selbst Strom zu erzeugen. Deshalb, so der Stadtbaurat, sei es das richtige Signal, dass Politik und Verwaltung nun entschieden haben, den Bereich „Photovoltaik in der Altstadt“ aus der für den Sommer anstehenden Überarbeitung der Gestaltungssatzung schon jetzt heraus zu lösen.

Ausnahmen von der Altstadtsatzung

1. Photovoltaik- und Solarthermieanlagen müssen sich hinsichtlich Gestaltung und Proportionen harmonisch in die Gesamtarchitektur des Gebäudes sowie in die Umgebung einfügen.

2. Es sind nur rote Anlagen mit roten Rahmen und schwarze Anlagen mit schwarzen Rahmen zulässig, unzulässig sind bläulich glänzende Anlagen, silbrig glänzende Rahmen und silberne Leiterbahnen.

3. Indach- und Auf-Dach-Anlagen sind bei geneigten Dächern parallel und symmetrisch zur Dachfläche als zusammenhängende Fläche anzuordnen, die durch Dachgauben, Dacheinschnitte und Dachfenster unterbrochen werden darf.

4. Bei Solarthermieanlagen sind nur schwarze Flachkollektoren zulässig, jedoch keine Röhrenkollektoren.

5. Die Anlagen müssen jeweils mindestens 0,5 Meter Abstand von der Traufe, vom First, vom Ortgang und vom Giebel sowie eine Pfannenreihe zu Dachaufbauten aufweisen.

6. Bei Walm- und Krüppelwalmdächern sind Anlagen nur ab dem Schnittpunkt der Walmdachfläche mit dem First zulässig.

7. Der Abstand von Photovoltaik- und Solarthermieanlagen zu geneigten Dachflächen darf maximal 0,2 Meter betragen.

8. Zwei verschiedene Anlagen auf einem Dach sind erlaubt, wenn diese harmonisch aufeinander abgestimmt sind.

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