Pflegeschule rüstet sich für die Zukunft - Platzmangel auf Kinderstationen im Kreis

Die Arbeiten in der Pflegeschule der Frauenhilfe am Soester Standort sind abgeschlossen. Was in Zukunft geplant ist und welche Projekte und Herausforderungen anstehen.
Soest – Ein wenig riecht es immer noch nach Farbe. Die Pflegeschule der Evangelischen Frauenhilfe in Soest hat die letzten 18 Monate genutzt, um das Gebäude technisch und räumlich auf den neuesten Stand zu bringen.
Jetzt stellte sich das Bildungs-Institut für Pflegeberufe Kooperationspartnern und Schülern vor – potenzielle Auszubildende, die dringend benötigt werden. „In den letzten zwei Jahren war der Zulauf noch gut. In diesem Jahr merken wir, dass er etwas schwächelt“, sagt Andrea Wiemann. Sie ist seit April Leiterin der Pflegeschule mit den beiden Standorten Soest und Hamm.
Aktuell verzeichne die Pflegeschule vermehrt Anfragen von Kooperationspartnern. Sie wollen wissen, ob noch Bewerber ohne Ausbildungsträger dastehen. Anfragen, die es sonst kaum gegeben habe. „Wir merken hier im Bereich Soest nicht, dass der Bedarf im Pflegebereich nachlässt. Der wächst stetig“, sagt die Schulleiterin. Stattdessen würde die Zahl der angenommenen Ausbildungen in der Pflege spürbar zurückgehen. Mindestens 200 .000 Pflegekräfte fehlen aktuell in Deutschland insgesamt in Pflegeheimen und Krankenhäusern.
Pflege-Auszubildende dringend benötigt
Umso wichtiger seien solche „Tage der offenen Tür“ – auch, um Vorurteile abzubauen. Bei einem Rundgang konnten die Schüler der neunten und zehnten Klassen der Haupt-, Real-, Gesamtschulen, Gymnasien und Berufskollegs aus Soest, Bad Sassendorf, Werl, Ense, Lippetal und Lippstadt die verschiedenen Facetten des Pflegeberufs kennenlernen und mit Auszubildenden ins Gespräch kommen.
So zum Beispiel mit Schüler Mark. Pflege sei eigentlich gar nicht sein Wunschberuf gewesen. Doch während seiner Tätigkeit in einem Pflegeheim fand er Spaß an der Sache und entschied sich dafür, eine Ausbildung im Pflegebereich zu starten. Mark: „Der Kontakt mit den Menschen ist das Schöne. Gerade im ambulanten Bereich sind wir oft die einzigen, die die Leute jeden Tag besuchen.“ Mark absolviert die neue generalistische Pflegeausbildung und gehört damit zur ersten Absolventengeneration.
Diese Ausbildung ersetzte 2020 die bisherige. Sie fasst die bislang getrennten Ausbildungsberufe Alten-, Kranken- und Kinderkrankenpflege zusammen. In den drei Jahren durchlaufen die Absolventen diese Stationen. Beim Einsatz in der Kinderkrankenpflege gibt es derzeit noch Probleme. Für die Absolventen der Pflegeschule der Evangelischen Frauenhilfe in Soest gibt es keinen Platz auf den Kinderstationen, von denen es im Kreis Soest insgesamt zwei gibt: Im Klinikum Stadt Soest und im EVK in Lippstadt. „Beide Krankenhäuser haben eigene Pflegeschulen und setzen ihre Auszubildenden auch auf ihren hauseigenen Kinderstationen ein“, sagt Wiemann. Für die Schüler ihrer Einrichtung gibt es dort keinen Platz. Der Einsatz in der Kinderkrankenpflege ist jedoch Pflicht, um am Ende der generalistischen Ausbildung von der Bezirksregierung zur Prüfung zugelassen zu werden. „Deshalb werden Notlösungen geschaffen.“
Kein Platz auf Kinderstaionen: Kita-Praktika als Notlösung
Zum Beispiel in einer Kindertageseinrichtung. „Ein Praktikum in einer Kita qualifiziert aber nicht für den Einsatz auf einer Kinderintensivstation“, betont die Schulleiterin. Der Abschluss der Ausbildung ermögliche dies jedoch. Eine Problematik, an der gearbeitet werde, auch auf Kreis-Ebene.
Heidi Brock ist fast am Ende ihrer dreijährigen Ausbildung angelangt. „Ich finde es eigentlich schade, dass wir schon fertig sind, weil wir jetzt gar nicht mehr in den Genuss der neuen Features kommen, die die Pflegeschule nun hat“, sagt sie. Den Umbruch samt der neuen praktischen Möglichkeiten findet sie super, so wie auch die gesamte Pflegeausbildung: „Ich komme jeden Tag gerne her.“ Mit fast 55 Jahren dürfte sie zu den Ältesten der Ausbildungsgruppe zählen.
Skills-Lab und Pflegebad
Ein besonderes Highlight ist das „Skills-Lab“ – wörtlich übersetzt „Fähigkeiten-Labor.“ Dort wird praktisch geübt, was Pflegeschüler früher nur theoretisch lernen konnten. Dafür stehen „Nursing Annes“, also Simulationsfiguren, die alle Vitalfunktionen wie Puls, Atmung und Herzschlag zeigen, zur Verfügung.
Auch ein Pflegebad ist im „Skills-Lab“ untergebracht. „Gerade in der ambulanten Pflege haben wir sehr oft mit Badewannen zu tun“, sagt Wiemann. Deshalb sei es wichtig, dass die Schüler lernen, eine pflegebedürftige Person unfallfrei zu baden.
Die generalistische Pflegeausbildung
Mit dem Pflegeberufegesetz wurden die zuvor getrennt geregelten Ausbildungen in der Gesundheits- und Kranken-, bzw. Kinderkrankenpflege einerseits und in der Altenpflege andererseits zusammengelegt. Dadurch wurden sie modernisiert und an die veränderten Anforderungen angepasst.
Die neue, generalistische Ausbildung befähigt die Auszubildenden zur Pflege von Menschen aller Altersstufen in allen Versorgungsbereichen. Generalistik bedeutet die Zusammenführung mehrerer Berufe zu einem gemeinsamen Berufsbild. Am Standort der Pflegeschule in Soest stehen insgesamt 100 Ausbildungsplätze zur Verfügung.
In einem Simulationsanzug konnten die Schüler aus dem Kreis Soest selber erfahren, wie es sich anfühlt, alt zu sein. Eine praktische Übung in Sachen Desinfektion und Wundversorgung stand ebenso auf dem Plan. Auch ein Präventionszimmer wurde im Zuge der Modernisierung, die seit Oktober 2021 am Standort Soest durchgeführt und dank Fördergeldern umgesetzt werden konnte, eingerichtet. Alle Arbeiten hätten im Zeitplan gelegen, sagt Wiemann.
Pläne für Schulstation: Alleinstellungsmerkmal im Kreis
Gemeinsam mit den Altenpflegeeinrichtungen Hanse-Zentrum und Lina-Oberbäumer-Haus, die ebenfalls unter Trägerschaft der Evangelischen Frauenhilfe stehen, schmiedet die Pflegeschule derzeit Pläne für eine Schulstation. „Das muss man sich wie eine Art Steigerung vom Skills-Lab vorstellen“, erklärt Wiemann. Um die Betreuung des Wohnbereiches mit „echten“ Bewohnern sollen sich dann ausschließlich Auszubildende im dritten oder am Ende des zweiten Lehrjahres kümmern. Zur Überwachung sollen Praxisanleiter stets vor Ort sein. So eine Schulstation wäre kreisweit ein Alleinstellungsmerkmal.
Bei allen Neuerungen sei es das Ziel der Pflegeschule, den Personalschlüssel im Pflegebereich im Kreis Soest zu stärken. „Ich komme selbst aus Soest und ich bin auch hier aufgewachsen. Mir ist das wichtig“, sagt Wiemann. „Deswegen gehen wir voran.“