Kühle Köpfe behalten im ganz normalen Soester Baustellenchaos den Überblick

Wenn Sie sich als Anwohner oder Verkehrsteilnehmer über Baustellen vor ihrer Haustür oder auf ihrem Weg aufregen – oder über Umwege, die Sie in Kauf nehmen müssen – dann wird es Sie vielleicht beruhigen, dass der Grund ihres Ärgers nur vorübergehender Natur ist. Melissa Näckel beruhigt das eher weniger: Die Mitarbeiterin der Straßenverkehrsbehörde im Rathaus ist Teil eines Teams, das sich zwar auch über jede beendete Baustelle auf den Soester Straßen freut – das aber dann auch schon einen Stapel mit neuen auf dem Schreibtisch hat.
Soest – Viele Köche mögen zwar den Brei verderben – ohne sie gibt es aber auch gar keinen Brei. So ist das auch mit allen Arbeiten an Soester Straßen und Wegen: Immer sind viele Akteure beteiligt, wenn Bauprojekte Verkehrseinschränkungen auslösen, und diese Projekte müssen nicht einmal unmittelbar etwas mit dem Erdreich unter den Fahrbahnen oder den Fahrbahnen selbst zu tun haben.
„Es kommt natürlich auch immer wieder vor“, erklärt Thorsten Bottin, Sprecher der Stadtverwaltung und in aller Regel auch der Autor von Meldungen über Sperrungen und Umleitungen im Soester Straßennetz, „dass private Bauherren auf ihren Grundstücken tätig werden und dabei so nahe an öffentliche Straßen heranrücken, dass sie nicht mehr uneingeschränkt befahr- oder begehbar sind.“
Solche privaten Bauprojekte sind allerdings der geringere Teil der insgesamt 593 „Anordnungen“, die Melissa Näckel und ihr Kollege Martin Raulf alleine im Laufe des vergangenen, gefühlt besonders baustellenreichen, Jahres bearbeiten mussten. „Dieses Gefühl, dass ständig und überall in der Stadt gebaut wurde und Straßen gesperrt waren, trügt zwar nicht gänzlich“, räumt Näckels Chef und Leiter des Ordnungsamtes, Detlef Märte, ein. „Das hat aber auch damit zu tun, dass an vielen Stellen gearbeitet wurde, die stark befahren oder aus anderen Gründen sehr präsent in der öffentlichen Wahrnehmung sind.“
Zurück zu den vielen Köchen: Noch mehr als Gründe dafür, warum Straßen und Wege aufgerissen und deshalb für den Verkehr entweder teilweise oder komplett gesperrt werden, gibt es an den Arbeiten Beteiligte, die alle mit ihren jeweiligen terminlichen und fachlichen Möglichkeiten unter einen Hut gebracht werden müssen.
So mischen in dieser „Küche“ neben einer ganzen Reihe unterschiedlicher Baulastträger – in erster Linie Stadt, Kreis und Straßen-NRW – alle ausführenden Unternehmen mit, die Material, Mitarbeiter und Technik termingerecht einsetzen müssen. Hinzu gekommen ist seit einigen Jahren auch das Verlegen von Glasfaserleitungen für schnelles Internet.
Dirk Mackenroth, zuständig für Straßen, Wege und Plätze bei den Soester Kommunalbetrieben und damit oft selbst „Auftraggeber“ für Arbeiten, vergleicht das Prozedere gerne mit einem großen Puzzlespiel, bei dem sehr viele Teile zu einem großen Ganzen zusammengefügt werden müssen – bloß dass bei einem Puzzle keine unliebsamen Überraschungen warten. „Wenn eins sicher ist, dann dass nichts sicher ist“, ist seine Erfahrung mit großen und kleinen Dramen aller Art, im Einzelfall durchaus mit nachvollziehbaren Begründungen, in der Summe aber immer mit der Notwendigkeit, die Planungen immer und immer wieder anzupassen.
Das Verfahren
Grundsätzlich gilt: Wer das Bauprojekt durchführt, ist auch für die dadurch ausgelösten Verkehrseinschränkungen verantwortlich. Große Firmen beauftragen damit oft eigene Planer, die ihre Umleitungskonzepte bei der Straßenverkehrsbehörde vorlegen. In aller Regel gibt es nach Absprache mit allen anderen Beteiligten dann noch Änderungen – immer in der Hoffnung, dass sich nicht kurzfristig an den Vorgaben etwas ändert.
Sowohl für die beteiligten Unternehmen, als auch für die Bürger heißt das: Es dauert länger als geplant – mit allen unangenehmen Folgen. Und auch von denen können Melissa Näckel und Martin Raulf ein Lied singen: „Beschwerden von genervten Anwohnern oder Autofahrer landen natürlich auch bei uns“, erklärt die 25-Jährige, warum neben allen fachlichen Kenntnissen auch eine hohe Kommunikationsfähigkeit zu ihrem Job gehört.
Wenig Illusionen macht sie sich darüber, dass ihr in diesem Jahr die Arbeit ausgehen könnte: „In den ersten vier Monaten sind bereits über 200 Anordnungen bearbeitet worden“, zählt sie auf. Zu erwarten ist also, dass sich die Soester darauf gefasst machen müssen, dass sie auch im laufenden Jahr immer wieder Umwege in Kauf werden nehmen müssen.
Das hat allerdings nicht nur die erfreuliche Folge, dass anschließend alles schöner und besser als zuvor ist – und im besten Falle auch wieder einige Jahre hält – erfreulich kann durchaus auch der Grund für das vorübergehende Ärgernis sein: Kleinere und größere Events, von der Straßenparty bis zu Stadtfesten wie Weihnachtsmarkt und Allerheiligenkirmes kommen dem Verkehr ebenfalls regelmäßig in die Quere.
Übrigens: Eine Übersicht über Baustellen und Umleitungen gibt es auf einer digitalen Karte auf www.soest.de (Straßensymbol).
