Ei im Nest: Stadt muss Krähen-Vergrämung abbrechen

Die „Krähen-Saison“ war für die Mitarbeiter der Kommunalbetriebe gerade gestartet - da ist sie auch schon wieder beendet. Früher als erwartert haben die Vögel mit dem Brüten begonnen.
Soest – Kaum begonnen, schon wieder beendet: Die Stadt Soest kann in dieser Saison nicht mehr gegen die Krähen-Kolonien in der Stadt vorgehen. Der Grund: Die Brutzeit hat schon begonnen. Dass die Vögel in diesem Jahr früh dran sind, fiel den Mitarbeitern des Kommunalbetriebs am Bahnhof auf. Wie in den Vorjahren hatten sie den Hubsteiger am Vorplatz vor- und ausgefahren, um Nestansätze aus den Baumwipfeln zu entfernen. Dabei kam ihnen allerdings sehr schnell ein frisch gelegtes Ei unter. Und das ist das K.O.-Kritierium: Sobald die Krähen brüten, ist Schluss mit Vergrämung (siehe Infokasten).
„Gemäß den strengen Auflagen und der Interpretation der Unteren Naturschutzbehörde beim Kreis Soest dürfen damit in diesem Frühjahr keine weiteren Vergrämungsmaßnahmen mehr durchgeführt werden“, teilt Stadtsprecher Thorsten Bottin mit. Der Ornithologe, der die Maßnahmen zur Vertreibung der Tiere auflagengemäß begleitet, habe die weiteren Arbeiten unterbunden. „Die Rückfrage beim Kreis Soest ergab, dass nach dem Ei-Fund die Entfernung der Nestfragmente und Nester eingestellt werden muss.“ Das gilt nicht nur für den Standort am Bahnhof, sondern für alle sechs Krähen-Lieblingsorte in Soest, für die die Stadt beim Kreis eine Ausnahmegenehmigung vom Artenschutzgesetz erwirkt hat. Wie berichtet hatte die Stadt Anträge auf Ausnahmegenehmigungen für insgesamt neun Standorte gestellt. Der Kreis hatte die Vergrämung aber in drei Fällen abgelehnt: Für die Ringstraßen, wo die neu gestalteten Radwege vor Kot geschützt werden sollten, reichte aus Sicht des Kreises die Begründung nicht aus.
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Mit der Entfernung der Fragmente neu entstehender Nester versucht die Stadt Soest, die Krähenkolonien – und damit Lärm- und Kotbelastungen für Anwohner – einzudämmen. In Soest leben rund 1700 Brutpaare, das entspricht etwa zehn Prozent der gesamten Krähenpopulation Nordrhein-Westfalens. Die Effekte der Vergrämungsmaßnahmen sind umstritten, und die Nestentfernung unterliegt strengen Auflagen, denn Saatkrähen gehören zu den nach EU-Recht besonders geschützten Vogelarten.
(Entstehende) Nester dürfen nur vor Beginn der Brutzeit entfernt werden, und auch nur dort, wo Krähenkot zu einer außergewöhnlichen hygienischen Belastung führt. „In den zurückliegenden Jahren setzte die Brutzeit für gewöhnlich nicht vor Anfang April ein“, sagt Thorsten Bottin. Der Kommunalbetrieb und die beteiligten Ornithologen hätten sich dementsprechend überrascht darüber gezeigt, dass so unerwartet früh schon ein Ei in einem der Nester gefunden wurde. „Aufgrund der eindeutigen Auflagen in der Ausnahmegenehmigung gab es zum Stopp der Vergrämungsmaßnahme jedoch rechtlich keine Alternative.“