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Klimaschutz: Soest sucht die Radwege der Zukunft

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Von: Klaus Bunte

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Radwege Soest
Öffentlicher Planungsspaziergang: Die Stadt möchte auf dem Weg zur Klimaneutralität den Radverkehr stärken. Ein Mittel sind Radvorrangrouten (Velo-Routen). Eine dieser Radvorrangrouten soll vom Jakobitor über den Deiringser Weg bis zum Senator-Schwartz-Ring führen. © Peter Dahm

Die Sonne brennt seit Wochen, ebenso lange regnet es kaum noch. Mehr und mehr Grün verdorrt, der Klimawandel ist augenscheinlich in vollem Gange. Zu mehr Klimaschutz soll beitragen, dass mehr Menschen mit dem Fahrrad fahren. In Soest sollen deswegen jetzt nahezu alle Radwege mittelfristig optimiert werden.

Soest – „95 Prozent aller Radfahrer, die hier aus dem Deiringser Weg kommen, wollen Richtung Jakobistraße. Und 100 Prozent davon fahren über den Vorplatz der Volksbank.“

Da steht er selber in diesem Augenblick, einer der Anwohner des Deiringser Wegs, mit einem Grüppchen, vornehmlich aus Nachbarn bestehend, die allesamt der Einladung der Stadt gefolgt sind, bei einer Begehung der Straße ihre Erfahrungen und Empfehlungen einzubringen, wenn es darum geht, aus ihr eine sogenannte Radvorrangroute in die Innenstadt zu machen.

Klimawandel und Verkehrswende: Anwohner kennen die Probleme

Die Stadt Soest möchte damit auf dem Weg zur Klimaneutralität den Radverkehr stärken. Es ist der dritte von vier Planungsspaziergängen nach der „Beamtenlaufbahn“ und der WLE-Trasse vom Nottebohmweg zum Bahnhof, zusammen mit städtischen Mitarbeitern sowie Hartmut Leiking vom durchführenden Ingenieurbüro NTS aus Münster.

Aufgeteilt in zwei Gruppen sind sie vom Abzweig Meiningser Weg nach Norden und Süden marschiert. Und im nördlichen Abschnitt, „da ist wirklich ordentlich Musik drin“, wird Leiking hinterher sagen. Vor allem an den Kreuzungen. Denn es sind weniger die Probleme, vor denen hier Radfahrer stehen, als die, die sie verursachen, wie Anwohner beim Ortstermin monieren. Wenn sie am Wisbyring von Süden kommend bei Rot über die Ampel fahren bis zu der Haltelinie, die aber für die von links kommenden Radler, die in die Stadt abbiegen wollen, gedacht ist. Und dann eben das Jakobitor.

Klimawandel und Verkehrswende: Stadtrat in der falschen Richtung

Wer dort von Süden kommt, darf nicht links abbiegen. Während einem Autofahrer keine andere Wahl bleibt, als rechts abzubiegen und irgendwo zu wenden, fahren die Radler alle über den Vorplatz der Volksbank, um dann die Fußgängerampel zu nehmen. Etliche Radler liefern das lebende Beispiel. Unter ihnen, wenngleich aus der Gegenrichtung kommend und somit obendrein auf der falschen Straßenseite fahrend – dafür breit grinsend: Ein stadtbekannter Lokalpolitiker, Mitglied des Soester Stadtrates...

Wer aus dieser Richtung kommt, aber den Dasselwall hinauffährt, achte selten auf den abbiegenden Autoverkehr, berichtet ein Anwohner. Oder sie beachten die Rechts-vor-links-Regelung nicht, wie an der Einmündung Rosenplätze. „Wenn keiner die Regelung beachtet, dann ist es vermutlich die falsche Lösung“, konstatierte Hartmut Leiking. In einer 30er-Zone komme man zwar an rechts vor links nicht vorbei – doch bei einer Umwidmung in eine Radvorrangroute könnte man dem Deiringser Weg den Vorrang gewähren.

Klimawandel und Verkehrswende: Gefahren für Radfahrer

Es gibt aber auch Gefahren für Radfahrer. Neben bisweilen als nicht ausreichend empfundener Beleuchtung ist es gefährlich, wenn die Autos aus dem Bürgerschützenweg gebrettert kommen – und die Radler mal wieder auf dem Gehweg unterwegs sind. Das dürfen sie nur auf der anderen Straßenseite. Auf der westlichen Seite dagegen haben sie auf der Straße zu fahren, was aber nur ab der Kreuzung für einige wenige Meter markiert ist. Und wenn sie auf der Straße fahren, drohen sie unter ausparkende Autos zu geraten, deren Fahrer im Stoßverkehr froh sind, wenn sie überhaupt aus der Lücke – im 90-Grad-Winkel zur Fahrbahn – herauskommen. Denn zum Ausparken brauchen sie auf der engen Fahrbahn gleich beide Spuren.

Etwas weniger problematisch scheint sich die Situation auf der südlichen Hälfte bis Emdenstraße darzustellen. Auch hier gibt es Konflikte zwischen Radfahrern und Fußgängern auf den Gehwegen. Und Geisterradfahrer. Die Begrünung der Kreisverkehre behindere mitunter den Blick auf kleinere Verkehrsteilnehmer, sprich, Kinder.

Klimawandel und Verkehrswende: Einiges kann Jahre dauern

„Darunter sind Anregungen, die schnell umgesetzt werden können, bei anderen könnte es zwischen drei und fünf Jahren dauern“, bilanzierte Olaf Steinbicker, Leiter der Abteilung Stadtentwicklung und Bauordnung den abendlichen Planungsspaziergang. „Wann wir damit in der Politik sind, lässt sich noch nicht sagen.“ Letztlich werde vieles deutlich durch Fahrbahnmarkierungen gesteuert werden müssen, ergänzte Planer Leiking. „Grundsätzlich ist die Führung gar nicht so schlecht, aber an einigen Stellen nicht ganz zu Ende gedacht. Sie lässt zu viel Interpretationsspielraum zu.“

Ein Anwohner allerdings stellte den Sinn der Aktion gänzlich infrage: „Das ist hier eine Haupteinfallstraße für die Leute, die aus Richtung Möhnesee in die Stadt fahren. Die werden nicht abbremsen wollen, weil vor ihnen zwei Radler nebeneinander fahren. Und hier fährt jeder Radfahrer eh, wie er will.“

Auf www.mitdenken-soest.de können noch 14 Tage lang Vorschläge zu den drei Velorouten gemacht werden.

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