Auch Corona habe eine Rolle gespielt; bei jenen, denen die Umsetzung der Regeln in den Kirchen zu weit ging. „Das sind Menschen, die zu den Evangelikalen abdriften.“ Er nehme wahr, sagt der Chef des Kirchenkreises Soest-Arnsberg, dass dort, wo seine Kollegen „zielgenau und kontextsicher kirchlich handeln, sehr starke kirchliche Momente“ entstünden. Das Alltagsgeschäft, das sich früher trug, trage dagegen nicht mehr selbstverständlich. „Ich nehme wahr, dass die diakonischen Einrichtungen uns bitten, theologisch zu arbeiten und das Profil zu schärfen, damit die Menschen nicht nur sauber und satt sind, sondern auch geistlich gestärkt werden.“
Bei denen, die bleiben, spüre er eine gewisse Traurigkeit, sagt Schilling. Es müsse darum gehen, diejenigen, die sich engagieren, aber angesichts des Gesamttrends frustriert und ratlos sind, „zu ermutigen und die Kompetenz zu stärken“. Er sehe Kirche als „Trägerin einer echten Lebensbotschaft, die auch für die Menschen von heute Relevanz hat“, sagt Propst Dietmar Röttger. Diese Lebensthemen einzubringen sei es, „was wir tun können und an verschiedenen Stellen tun. Die Freiheit der Menschen zu gehen, ist Teil dessen.“ Dass die Botschaft aber immer noch auch junge Menschen erreiche, zeige die Zahl der Firmungen, die im Pastoralen Raum an den vergangenen Wochenenden gefeiert wurde. Kirche sei keine „quasi halbstaatliche, unangefochtene Leitinstitution“ mehr, konstatiert Superintendent Schilling. „Im Anspruch sind wir bescheiden, aber im inhaltlichen Anspruch umso entschiedener.“
Der formale Akt des Austritts ist mit einigem Aufwand verbunden, und das gilt für den Noch-Katholiken oder Protestanten wie für die Mitarbeiter im Soester Amtsgericht. So gilt es nach wie vor, einen Termin zu vereinbaren. Derzeit sind die Kontingente bis Ende Oktober ausgebucht. Sieben bis acht Austritte bearbeiten die Mitarbeiter pro Tag. Natürlich binde des Personal, sagt Amtsgerichts-Vize Bellinghoff: „Wir gehen nicht wegen der Kirchenaustritte völlig unter. Aber es kommt eins zum anderen.“ Und wie in allen Branchen sei Verstärkung zurzeit einfach schwer zu kriegen.