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Junge Nachbarn für alte Bäume: Wie Verjüngung in der Stadt gelingt

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Von: Kathrin Bastert

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Viel Arbeit für die Stadtgärtner: Hier bewässert Benedikt Dietz Bäume am Gotlandweg.
Viel Arbeit für die Stadtgärtner: Hier bewässert Benedikt Dietz Bäume am Gotlandweg. © Peter Dahm

Wochenlang hat es nicht geregnet in Soest, nicht einen einzigen Tropfen. Die Niederschläge der vergangenen Tage mögen uns aus dieser Perspektive fast schon sintflutartig vorgekommen sein. Aus Sicht der Gärtner war es aber wieder: nichts.

Soest – Axel Ruster, Chef der Kommunalen Betriebe, hat die Vier-Jahres-Mittelwerte studiert. Im Juni, Juli und August 2022 erreichten die Niederschläge gerade einmal ein Drittel dieses Durchschnitts. Angesichts dieser Dürre sind die städtischen Bäume im Dauerstress. Wobei dieser Begriff im Zusammenhang mit Stadtbäumen irreführend sein kann, wie Volker Haase, der neue Baumbeauftragte der Stadt Soest, erläutert. Denn innerstädtische Bäume sind von jeher weit größerem Stress ausgesetzt als Waldbäume. Das hat mit ihren Standorten zu tun, mit Hitzeeinstrahlung und -Rückstrahlung durch Verkehrsflächen, außerdem mit der hohen Menge an Abgasen. Der ein oder andere Baum hat mit den Jahrzehnten „gelernt“, in dieser widrigen Umgebung zu bestehen.

Die Trockenheit hat man den Soester Bäumen angesehen. Eingerollte Blätter, langes Halten des vertrockneten Laubes. Und hier und da auch ein Totalausfall. Junge Bäume sind oft nicht oder noch nicht so gut angewachsen, wie es in nasseren Jahren zu erwarten gewesen wäre. Trotz erheblichen Wassereinsatzes seitens der Stadt. Einige Bäume, da ist der Experte sicher, werden nach und nach aus unserem Stadtbild verschwinden. Das ist ein kontinuierlicher Prozess. Stets kritisch begleitet von der Öffentlichkeit.
Denn Bäume haben einen hohen Stellenwert. Wo sie seit Jahrzehnten, vielleicht sogar schon Jahrhunderten stehen, sind sie nicht wegzudenken. Wo sie fehlen, wie in zu entwickelnden Baugebieten, in Neugestaltungsplänen (Stichwort Marktplatz) werden sie schmerzlich vermisst. Dass Soest grüner werden soll, ist ein allenthalben angebrachter Wunsch.

Junge Nachbarn für alte Bäume: Nicht immer lässt sich eine Baumpflanzung umsetzen

An vielen Stellen im Stadtgebiet ist das die Realität. Insgesamt, konstatiert Axel Ruster, steht Soest im Hinblick auf seine „Grünheit“ nicht so schlecht da. Manchmal allerdings mag der Wunsch nach einer Baumpflanzung nachvollziehbar sein; planerisch lässt es sich aber nicht umsetzen. Versorgungsleitungen sind im Weg, unter der Oberfläche ist nicht genug Platz: Gründe, warum eine Pflanzung nicht vorgenommen werden kann, gibt es einige. „Beim Baum sieht man nur den Anfangszustand. Wenn er kommt, ist er klein“, sagt Haase. Bäume müssten als Bestandteile der Infrastruktur betrachtet werden, am besten sei es, von einem etwa gleich großen, technischen Bauwerk auszugehen.

Alte Bäume und neue Bäume zu durchmischen, ist der Anspruch, den die Stadt bereits verfolge und verfolgen müsse, sagt Volker Haase. Viele alte Bäume werden nicht zu erhalten sein. Sie zu ersetzen, muss ein steter Prozess sein, „Verjüngung“ heißt er in der Fachsprache. Junge Bäume sind besser in der Lage, sich an die Bedingungen anzupassen. Das gelte auch für Stadtbäume: „Bäume haben zum Beispiel die Fähigkeit, dem Grundwasser hinterher zu wachsen. Sie richten ihre Wurzelwerke entsprechend aus.“ In der städtischen Baumpflege bedeute Verjüngung, dass ein alter Baum vielleicht schon eine Weile, bevor seine Lebensdauer abgelaufen ist, Nachbarschaft bekommt von seinem Nachfolger. Das ist häufig ein Exemplar aus einer anderen Art, ein so genannter „Klimabaum“. Allerdings habe man schon oft eine Überraschung erlebt, sagt Volker Haase. Die Esche etwa galt vor ein paar Jahren als bedroht. Heute steht sie noch immer da, zum Beispiel am Wallring.

Baumerhalt, -Pflege und Verjüngung: All das koste Geld, sagt Axel Ruster. Allein in diesem heißen Sommer fuhren die Gießkolonnen, vier an der Zahl, sechs Mal in der Woche raus. Wird ein Baum ersetzt oder neu gepflanzt, dann sorgt man für eine passende Umgebung auch in der Tiefe, entsprechende Maßnahmen wie das Einbringen geeigneten Substrates erhöhen die Kosten. Die Formel: „Wenig Geld für die Pflanze, viel für den Standort.“

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