Der Bus wird weiterfahren, wenn auch mit einer anderen Maßgabe. Er wird demnächst an Orten halten, die die „Koordinierende Impfeinheit“ (KoCi) des Kreises für geeignet hält, dort Personengruppen zu erreichen, die nicht ohne Weiteres über Hausarztpraxen erreicht werden können. Die Impfstelle am Schloitweg geht „auf Stand-by“, die Aufbauten in der Halle der Firma Eaton bleiben weitgehend, wo sie sind und KoCi-Leiter Mirko Hein wird mit acht Kollegen weiter in einem Büro im Obergeschoss des Gebäudekomplexes sitzen. Ob sich das Szenario aus dem Vorjahr wiederholt? Nur wenige Wochen nach dem Aus für die Impfzentren war die Nachfrage nach Booster-Impfungen regelrecht explodiert. Die Impfstelle öffnete am 9. Dezember wieder. 37 803 Dosen hat das Team von Impfstelle und Impfbus seit der Wiederaufnahme verimpft, vor allem Booster und vierte Impfungen, 26 208 insgesamt. „In den letzten Tagen ist die Nachfrage noch einmal deutlich angestiegen“, sagt Mirko Hein.
Hintergrund dafür dürften anstehende Urlaubsreisen sein. Die ärztlichen Leiter der Impfstelle, Dr. Friedrich Acquistapace und Dr. Ulrich Menges, beobachten aber noch einen weiteren Effekt: So sei die Nachfrage nach der vierten Impfung deutlich gestiegen, nachdem Gesundheitsminister Karl Lauterbach über den zweiten Booster für Jedermann gesprochen habe. „Es gab zu diesem Thema schon oft zwei Meinungen“, sagt Gesundheitsdezernentin Ricarda Oberreuter, „eine politische und eine medizinische.“ Zum Impfbus vor dem Edeka ist am Mittwochnachmittag Jennifer Platz aus Anröchte gekommen. Die Erzieherin will die vierte Spritze, „weil ich glaube, dass die Zeitspanne seit dem ersten Booster abgelaufen ist. Ich möchte nicht auf einen an Omikron-Varianten angepassten Impfstoff warten. Ich bin Erzieherin, ich fühle mich einfach sicherer mit einem zweiten Booster.“ Der Hausarzt habe ihr, aufgrund ihres Alters, von einer vierten Dosis abgeraten, „ich habe dann geschaut, wo der Impfbus hält. Und jetzt bin ich hier.“ Sie verlässt die kleine rollende Praxis Minuten später mit der Impfung im Arm.
Impfarzt Ulrich Menges hält das Warten auf einen angepassten Impfstoff zurzeit auch nicht für sinnvoll: „Was gerade in den Laboren entwickelt wird, ist ein Impfstoff, der auf die Varianten BA.1-3 abgestimmt ist. Zurzeit erfolgen die meisten Ansteckungen mit BA.5.“ Der Mediziner rät, nicht auf Antikörper und Zahl von Impfungen zu blicken, sondern „von Exposition zu sprechen: Eine Impfung oder eine Infektion sorgen für eine gewisse Hintergrundimmunität. Die Idee, ‘ich lass mich jetzt zehn Mal impfen’ hilft nicht weiter.“ Zuletzt hatten an den Öffnungstagen der Impfstelle rund 100 Impfwillige den Weg in die Halle gefunden. Am häufigsten wurde die vierte Dosis verabreicht. Koordinator Hein erinnert sich an die Anfangsphase der Kampagne zurück. „Dagegen lief jetzt alles viel routinierter ab. Viele Fragen der Leute waren schon beantwortet.“
Eine Prognose, wie lange die Impfpause diesmal anhalten wird, will er lieber nicht abgeben. Obwohl er mit einer allgemeinen Empfehlung der vierten Spritze noch vor dem Herbst rechne, wie er sagt. Möglicherweise aber wird der Ansturm dann von den niedergelassenen Ärzten allein zu bewältigen sein. Dass es noch einmal zu einer Impfpflicht-Diskussion kommen oder die Einschränkungen für Un- oder nicht ausreichend Geimpfte noch einmal Ausmaße annehmen könnten wie im Vorjahr, das erscheint in diesem Corona-Sommer Nummer drei eher unwahrscheinlich. Steigenden Inzidenzen zum Trotz.
Insgesamt sind im Kreis Soest über 62,6 Prozent der Bürger nach vollständiger Impfung einmalig und 9,5 Prozent zweimalig geboostert. Die Bilanz der KoCI fällt also in Summe positiv aus: 6056 Personen haben seit dem 8. November 2021 die erste Impfung erhalten, 5539 Personen die zweite Impfung zur Vervollständigung der Grundimmunisierung. Insgesamt 23 895 Menschen wurden einmalig, 2313 bereits zum zweiten Mal geboostert. In Summe konnten damit 37 803 Impfungen verabreicht werden. „Das war eine große Unterstützung für die niedergelassene Ärzteschaft“, betont Dezernentin Ricarda Oberreuter. Das große Impfzentrum des Kreises hatte vom 8. Februar bis zum 30. September 172.721 Impfungen durchgeführt.