Von der Igel- in die Londonklasse

Soest - Gespannt sind alle: Eltern, Lehrer und Kinder. Kein Wunder, schließlich ist heute am 28. August ein besonderer Tag: Für 108 Kinder beginnt der Unterricht in der Hannah-Arendt-Gesamtschule.
Eine von ihnen ist Franka. Die Zehnjährige wechselt von der Igelklasse der Petrischule in die Londonklasse der Gesamtschule. Jetzt gehört sie nicht mehr zu den Kleinen. Als Zeichen ihrer neuen Würde bekam sie einen neuen hellblauen Tornister. Rosafarbene Schmetterlinge wir früher wären jetzt unangebracht.
In ganz Soest wechseln rund 600 Kinder von den Grund- auf die weiterführenden Schulen. Die genauen Zahlen können sich durch Umzüge ändern und liegen erst im November vor. Franka ist gelassen. Sie weiß schon, wer in die neue Klasse kommt. Fritz und Franziska (beide 9) sind mit ihr zur Grundschule gegangen. Die anderen 22 Kinder und den neuen Klassenraum hat Franka beim Sommerfest vor den Ferien kennengelernt. Alle Eingangsklassen der Hannah-Arendt-Gesamtschule sind nach europäischen Hauptstädten benannt: London, Berlin, Rom und Paris.
Natürlich hat sich Franka nicht nur zum sommerlichen Kennenlernfest, sondern auch zur Einschulung ihr pinkfarbenes London-T-Shirt angezogen. Da weiß jeder gleich, wo sie hingehört.
Einer ist aber doch „sehr aufgeregt“: Das gibt Dennis Uthof auf dem Weg vom Atrium, wo die Schulleitung die Kinder begrüßt hat, zum Klassenraum freimütig zu. Er ist frisch verbeamteter Junglehrer und übernimmt zum ersten Mal eine Klassenleitung – gemeinsam mit seiner Kollegin Verena Donath, ebenfalls ein Neuling. In der Hannah-Arend-Gesamtschule haben alle Klassen bis zur Oberstufe zwei Klassenlehrer – idealerweise sind das ein Mann und eine Frau.
Den beiden „Neuen“ ist ihre Nervosität nicht anzumerken. Souverän verteilen sie erst die Namensschilder an „ihre“ Schüler und informieren dann über ein paar wichtige Rituale an der Gesamtschule: Die Hand zu heben, wenn es laut ist, das bedeutet „bitte seid alle mucksmäuschenstill“. „Das können nicht nur die Lehrer machen, sondern auch ihr Schüler, wenn es euch zu unruhig ist“, erklärt Dennis Uthof.
Das Gleiche gilt, wenn die Klangschale ertönt. Am Ende des Halles müssen alle – Lehrer und Kinder – ruhig sein. „Das wollen wir jetzt mal üben“, fordert Verena Donath die Kinder auf. Aber keiner traute sich so recht: Man kann doch jetzt nicht einfach losbrüllen. Schließlich ist man ja nicht mehr in der Grundschule.
Bis sich einige Vorwitzige doch trauen und losbrüllen. Da machen die anderen mit. Und man merkt, wie laut „richtig laut“ ist. Dennis Uthof hebt die Hand und blitzartig ist es still. Das mit der Klangschale hat so gut geklappt, dass die Kinder anschließend erzählen dürfen, was sie in den Sommerferien gemacht haben: Die meisten sind mit ihren Familien gereist. Es ging kreuz und quer durch Europa und darüber hinaus – in Madeira und Österreich, Spanien und Griechenland und sogar in Russland und Ägypten waren die Fünftklässler.
Kaum sind die Schülerkarten verteilt, die Stundenpläne aufgeschrieben und draußen die Schulbrote gegessen, ist der erste Schultag auch schon vorbei. „Ganz gut“ war’s, sagt Franka. Und freut sich auf die nächsten Tage, wenn sie mit ihren Klassenkameraden und den Lehrern die Schule erkundet – von der Mensa bis zur Bücherei. Und den Schulhund Ben will sie auch kennenlernen.