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Grippe und Co.: Praxen der Soester Hausärzte sind voll - Arzt rät zur Geduld

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Von: Daniel Schröder

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Dr. Heinz Ebbinghaus und seine Kollegen haben in diesen Tagen viel zu tun.
Dr. Heinz Ebbinghaus und seine Kollegen haben in diesen Tagen viel zu tun.  © Daniel Schröder

In den Soester Arztpraxen herrscht nach dem Jahreswechsel weiter ein großer Patientenandrang. Dr. Heinz Ebbinghaus, Sprecher der niedergelassenen Ärzte im Kreis Soest, erklärt gegenüber unserer Redaktion: „Es gibt nach wie vor eine Infekt-Welle.“

Soest – Durch die Feiertage und viele Familientreffen wurde den Viren die Vermehrung vielerorts leicht gemacht. Im Vergleich gebe es mehr Grippe- als Corona-Patienten, sagt Ebbinghaus. Vor Weihnachten seien vor allem Kinder betroffen gewesen, der Arzt habe den Eindruck, dass die Infekte von den Kleinen nun auf die Erwachsene überspringen. Doch Ebbinghaus sieht Licht am Ende des Infektions-Tunnels: „Der Zenit ist überschritten. Die Welle nimmt wieder ab.“

Auffällig sei derzeit vor allem, dass die Patienten länger – zwischen 14 und 21 Tagen – mit ihren Erkrankungen zu kämpfen haben. Mancher werde da nervös, stelle die Diagnose infrage und fordere ein Antibiotikum. „Natürlich gibt es manche Patienten, die zu Superinfizierten werden, bei den es bakteriell wird und die beispielsweise eine Lungenentzündung bekommen. Doch in den allermeisten Fällen bleiben die Infekte viral.“ Viele Kranke bräuchten daher einen langen Atem. Ebbinghaus rät zu „aggressivem Zuwarten“.

Arztpraxen sind voll: „Man sollte gelassen bleiben“

Heißt: „Man sollte zwar nicht die Hände in den Schoß legen und gar nichts tun, jedoch sollte man gelassen bleiben. Saisonal gibt es aktuell einfach mehr Infekte.“ Wer also Grippesymptome zeige, solle seinem Körper die Zeit und auch die Unterstützung geben, den Infekt durchzustehen. „Viel Trinken, Obst und Gemüse zu sich nehmen, sich passend anziehen und wenn möglich viel an die frische Luft“, rät der Fachmann und betont: „Es ist gut und richtig erstaunlich, was der Mensch, was sein Körper aushalten kann.“

Wegen Maskenpflicht und Abstand: Immunsystem „muss erst wieder trainiert werden“

Dass der Körper bei der Infekts-Bekämpfung oftmals länger brauche als gewohnt, sei auf die vergangenen Jahre zurückzuführen. Durch Maskenpflicht, Abstand und Co. wurde das Immunsystem „nicht so sehr gefordert“, sagt Ebbinghaus.

„Deshalb muss es jetzt erst einmal wieder trainiert werden. Dafür braucht es Geduld.“ In diesen Tenor stimmt auch Stefan Kuster, Sprecher der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) ein: „Der Grund für die hohe Frequentierung in den Arztpraxen ist die derzeit hohe Zahl an Atemwegserkrankungen. Die medizinische Erklärung hierfür ist zu einem gewissen Teil die Pandemie: Die Menschen haben in den vergangenen zwei Jahren Maske getragen und waren bemüht, sich aus dem Weg zu gehen. Dadurch hat das Immunsystem ein Stück weit den Umgang mit Infektionen ‘verlernt’: Die Zahl der Antikörper ist bei vielen so stark abgebaut, dass Infekte, die in der Vergangenheit leichter verlaufen wären, jetzt stärker wirken und hartnäckiger sind. Bei Kindern gibt es insbesondere viele Infektionen mit dem Respiratorischen Synzytial-Virus (RSV).“

Arztpraxen sind voll: „Die Hemmschwelle, zum Arzt zu gehen, ist niedriger geworden“

Der KVWL-Sprecher rät zur Grippe-Impfung: „Auch echte Grippe-Fälle mit dem Influenza-Virus treten früher auf als sonst. Diese unterscheiden sich unter anderem durch ihren speziellen Verlauf, bei dem innerhalb kurzer Zeit hohes Fieber auftritt. Grundsätzlich empfehlen wir die Grippeschutzimpfung. Sie bietet den besten Schutz gegen Influenza. Angesichts der Covid-19-Pandemie ist es auch in dieser Grippesaison besonders wichtig, dass sich insbesondere möglichst viele Risikopatienten impfen lassen, um in der Grippewelle schwere Influenza-Verläufe zu verhindern und eine Überlastung des Gesundheitssystems zu vermeiden.“ Grundsätzlich nehmen Ebbinghaus und seine Kollegen wahr, dass mehr Menschen früher zu ihnen kommen: „Die Hemmschwelle, zum Arzt zu gehen, ist niedriger geworden.“

Viele Erkrankte seien verunsichert durch Dramatisierungen und Falschmeldungen auf Social Media. „Viele kommen schnell und sagen: ‘Machen sie etwas, damit ich schnell wieder fit bin.’“, berichtet Ebbinghaus. Das ließe sich in keine Richtung bewerten. Ebbinghaus appelliert an das Selbstbewusstsein eines jeden – und zum „aggressiven Zuwarten“.

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