„Deshalb muss es jetzt erst einmal wieder trainiert werden. Dafür braucht es Geduld.“ In diesen Tenor stimmt auch Stefan Kuster, Sprecher der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) ein: „Der Grund für die hohe Frequentierung in den Arztpraxen ist die derzeit hohe Zahl an Atemwegserkrankungen. Die medizinische Erklärung hierfür ist zu einem gewissen Teil die Pandemie: Die Menschen haben in den vergangenen zwei Jahren Maske getragen und waren bemüht, sich aus dem Weg zu gehen. Dadurch hat das Immunsystem ein Stück weit den Umgang mit Infektionen ‘verlernt’: Die Zahl der Antikörper ist bei vielen so stark abgebaut, dass Infekte, die in der Vergangenheit leichter verlaufen wären, jetzt stärker wirken und hartnäckiger sind. Bei Kindern gibt es insbesondere viele Infektionen mit dem Respiratorischen Synzytial-Virus (RSV).“
Der KVWL-Sprecher rät zur Grippe-Impfung: „Auch echte Grippe-Fälle mit dem Influenza-Virus treten früher auf als sonst. Diese unterscheiden sich unter anderem durch ihren speziellen Verlauf, bei dem innerhalb kurzer Zeit hohes Fieber auftritt. Grundsätzlich empfehlen wir die Grippeschutzimpfung. Sie bietet den besten Schutz gegen Influenza. Angesichts der Covid-19-Pandemie ist es auch in dieser Grippesaison besonders wichtig, dass sich insbesondere möglichst viele Risikopatienten impfen lassen, um in der Grippewelle schwere Influenza-Verläufe zu verhindern und eine Überlastung des Gesundheitssystems zu vermeiden.“ Grundsätzlich nehmen Ebbinghaus und seine Kollegen wahr, dass mehr Menschen früher zu ihnen kommen: „Die Hemmschwelle, zum Arzt zu gehen, ist niedriger geworden.“
Viele Erkrankte seien verunsichert durch Dramatisierungen und Falschmeldungen auf Social Media. „Viele kommen schnell und sagen: ‘Machen sie etwas, damit ich schnell wieder fit bin.’“, berichtet Ebbinghaus. Das ließe sich in keine Richtung bewerten. Ebbinghaus appelliert an das Selbstbewusstsein eines jeden – und zum „aggressiven Zuwarten“.