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Goldschmiedemeister schließt sein Geschäft: Dirk Hülsemann legt Lupenbrille ab

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Von: Dirk Wilms

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Goldschmied Dirk Hülsemann schließt seinen Laden am Grandweg, nimmt das Equipment aus der Werkstatt aber mit nach Hause.
Goldschmied Dirk Hülsemann schließt seinen Laden am Grandweg, nimmt das Equipment aus der Werkstatt aber mit nach Hause. © dahm

„Meine Mutter hat immer gesagt, ich sei ein Knüsterkopp, der sich in einer Ecke stundenlang mit etwas beschäftigen konnte!“ Dieser Einschätzung seiner Mama widerspricht Dirk Hülsemann keineswegs, hat vielmehr in seinem Berufsleben genau jene Qualitäten in die Waagschale geworfen, die er schon als Kind an den Tag gelegt hatte. „Damals konnte ich mich den ganzen Tag damit befassen, eine Erbse aus dem einem Parfümfläschchen herauszupulen“, erinnert sich der fast 70-Jährige.

Soest – Ein feines Händchen war dabei unerlässlich, wie auch in den Berufen des Uhrmachers und des Goldschmieds, denen sich der junge Soester von den 60er-Jahren an verschrieben hat. Jetzt aber legt Dirk Hülsemann die Lupenbrille zur Seite, wird am 29. Juni die Türen seines Geschäfts am Grandweg für immer schließen. Die Augen lassen nach, die Hand ist nicht mehr so ruhig, wie es für die Arbeiten mit Gold und Edelsteinen nötig ist. „Das Feingefühl in den Fingern geht flöten“, muss der Goldschmied dem Alter Tribut zollen.

Begonnen hatte er seine berufliche Laufbahn als Lehrling bei Uhrmacher Friedhelm Fortmann in der Thomästraße, der das frühere Haselhorst-Geschäft führte. Nach dem Geschmack seines Vaters war das nicht unbedingt, schließlich hatte der Getränkehändler die Zukunft seines Sohnes eher beim Brückenbau gesehen.

Doch mit der Lehre als Uhrmacher konnte sich der Senior arrangieren. „Schließlich seien auch im Krieg die Uhrmacher gut durchgekommen, meinte mein Vater. Und wenn alle Stricke reißen, könnte er mich noch in der Linden-Brauerei in Unna unterbringen.“ Das war aber nicht nötig. Denn der junge Dirk Hülsemann trat nach Lehre und Bundeswehr-Zeit in die Fußstapfen seines Ururgroßvaters August Hülsemann, der Goldschmied an der Brüderstraße war.

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Das Talent war ihm über mehrere Generationen wohl doch in die Wiege gelegt, so begann er eine Lehre als Goldschmied in Münster, wo sich mehrere Jahre als Geselle bei einem renommierten Juwelier am Prinzipalmarkt anschlossen. „Wenn wir eine Woche weniger als 50000 Mark Umsatz hatten, war die Chefin schon sauer“, hat er eine Anekdote auf Lager.

In der Zeichen-Akademie in Hanau schloss Dirk Hülsemann die Ausbildung zum Goldschmiedemeister, Edelmetalltechniker und Schmuckgestalter ab. „Da habe ich sogar gelernt, Elfenbein zu schnitzen“, erinnert er sich. Danach waren drei Jahre als angestellter Meister obligatorisch, die er in Wiesbaden absolvierte.

Die Liebe zur Heimat war aber stärker: „Ich wollte immer zurück nach Soest.“ Daher kam das Angebot von Witwe Fortmann wie gerufen, die das Uhrmachergeschäft an der Thomästraße nach dem Tod ihres Mannes weitergeben wollte. Also ging es 1986 zurück in die Heimat. 25 Jahre war er dort, ehe er 2011 an den Grandweg wechselte. Von den Uhren hatte er sich längst verabschiedet. „Man kann nicht zwei Herren dienen“, so Dirk Hülsemann.

Bis Ende Juni wirkt er noch im Grandweg, nimmt neue Aufträge aber nicht mehr an. In jüngere Hände geben kann er das Geschäft nicht. „Ich habe fünf Jahre gesucht und keinen Nachfolger gefunden“, bedauert er. „Wenn sie hören, dass samstags geöffnet ist, machen sie einen Rückzieher.“

Bis zum 29. Juni aber können die Kunden noch die Kunstwerke aus dem Hause Hülsemann erstehen. Auch die Lieblingsstücke des Goldschmieds. Dazu zählen die Nachbildungen der Soester Runenfibel, die 1939 auf einem Gräberfeld nahe der heutigen Sekundarschule gefunden wurde und im Burghofmuseum bewundert werden kann. Die Nachbildungen sind aus 750er-Gold, die 102 Fächer gefüllt mit rotem Backstein vom Archi-Gymnasium sowie mit grünem, blauem und gelbem Grünsandstein.

Dieses für Soest so typische Material hat Hülsemann auch in Ringen verarbeitet, zum Beispiel in Verbindung mit dem Soester Schlüssel aus Gold. Der Soester Goldschmiedemeister hat mehrere Preise gewonnen wie bei einem Platinschmuckwettbewerb in den USA, der 1992 anlässlich der 500. Wiederkehr der Entdeckung Amerikas durch Kolumbus durchgeführt wurde. Hülsemann fertigte eine Brosche an, die die drei Kolumbus-Schiffe zeigte. Von den deutschen Beiträgen war dies das einzig nominierte Schmuckstück.

Die Urkunde wird daheim einen Ehrenplatz bekommen, wenn Dirk Hülsemann am 29. Juni das Geschäft räumt. Dort wird er auch die Drei-Pfennig-Stücke – original Soester Kupfermünzen aus dem 18. Jahrhundert – aufbewahren, die er über viele Jahre im Auftrag der Stadt in die Ehrenringe eingearbeitet hat. Auch damit hat Dirk Hülsemann seine Spuren in Soest hinterlassen.

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