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Gleich drei Gruppen wollen Bürgerwehr in Soest aufbauen

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Von: Holger Strumann

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Soest - Über das Internet formieren sich gerade drei Gruppen in Soest, die Bürgerwehren aufstellen und vor allem nachts zum Schutz der Bevölkerung auf die Straße schicken wollen. Sie trauen nach den Ausschreitungen an Silvester in Köln offenbar der Polizei (allein) nicht mehr zu, für Recht und Ordnung zu sorgen. Der Polizei selber sind diese Umtriebe nicht bekannt.

„Wir haben keinerlei Erkenntnisse dazu“, sagt Polizeisprecher Frank Meiske auf Anfrage.

Das freilich könnte sich rasch ändern, denn eine der beiden Bürgerwehr-Gruppen will möglichst schon beim Straßenkarneval am Weiberfast-Donnerstag (4. Feburar) in Welver Präsenz zu zeigen. Dies zumindest behauptet die Antifaschistische Aktion Soest (Antifa), die sich für ihre Recherchen auf den „Facebook“-Seiten der Bürgerwehren angemeldet hat.

Wer diese Angaben im Netz überprüfen will, stößt auf ein Hindernis. Die Bürgerwehren haben geschlossene Gruppen gebildet. Wer also die Beiträge und Kommentare der Gruppe verfolgen will, muss sich auf den Seiten anmelden. Nach entsprechender Prüfung durch die Administratoren werden Interessenten in die Gruppen aufgenommen – oder abgewiesen.

Um was es den Betreibern der Bürgerwehren geht, lässt sich freilich auch an anderer Stelle im Internet verfolgen. Auf ihren persönlichen „Facebook“-Seiten halten die Administratoren mit ihren Meinungen und Ansichten nicht hinter dem Berg.

Wie viel Ausländer- und Fremdenhass dort vorzufinden ist, belegt der Eintrag von Oleg G., dem Administrator der „Bürgerwehr Kreis Soest“. Er schreibt: „Scheiß Abschaum. Ihr seid zur Schlachtung frei gegeben. Und es bring euch nen scheiß Dreck zu sagen i love German i love Angel Merkel.“

Den Antifa-Recherchen zu Folge gehen andere zurückhaltender vor. So lasse der Administrator der zweiten Gruppe, der „Soester Bürgerwehr“, Mike D., seine Leser im Unklaren, ob er nun gewalttätig agieren will oder eher friedlich. An einer Stelle postet er: „Der Bürgerkrieg fängt an! Das wird noch richtig aufkochen hier. Ich hoffe, Ihr habt Euch gewappnet. Es gibt einige legale Mittel (Waffen) zum Schutz!“ An anderer Stelle distanziert er sich und schreibt: „Wer meint, dass wir eine Schlägertruppe gründen wollen, kann gleich zu Hause bleiben.“

„Keinesfalls sind alle Mitglieder rechtsradikal, jene geben aber den Ton vor und verbreiten gewalttätige Fantasien“, so die Antifa. Sie hat sich auch Screenshots von der „Bürgerwehr Soest-Erwitte“ gesichert, die mittlerweile im Netz nicht mehr zu finden sind. Dort habe man Sätze wie diese gefunden: „Es geht hier weder um Hetze noch um Anstiftung diverser Gewalt- und Straftaten; es wird Zeit, sich vorzubereiten und einander zu schützen.“

Im Vergleich zur Nachbarstadt Hamm, wo sich ebenfalls drei Bürgerwehren zu etablieren versuchen und bereits an die 3 000 Mitglieder auf ihren Netzseiten gewonnen haben, spielen die Soester Wehren in einer unteren Liga. Die „Bürgerwehr Kreis Soest“ hat 17 Unterstützer gelistet, die „Soester Bürgerwehr“ 124. Zudem sind viele Interessenten gleich in beiden Gruppen zu finden.

Mitgliederzahlen der dritten Truppe (Soest-Erwitte) sind nicht bekannt, nachdem womöglich „Facebook“ selber die Seite wegen rechtsradikaler Elemente und Einträge gelöscht haben könnte.

Die Soester Antifa ist „eher durch Zufall“ auf die Seiten gestoßen. „Wir haben überlegt, Strafanzeige zu erstatten, die Sache öffentlich zu machen oder womöglich zu verschweigen“, um den teils unappetitlichen Inhalten und Gedanken nicht noch eine größere Verbreitung zu verschaffen.

Nochmal Hamm: Dort gehen Polizei und Oberbürgermeister inzwischen in die Offensive. Die Ordnungshüter sehen die Entwicklung äußerst kritisch: „Die öffentliche Sicherheit zu gewährleisten, ist allein Aufgabe der Polizei.“ Bürgerstreifen seien schon deshalb zweifelhaft, weil „das massive Auftreten einer Männer-Truppe bei denen zu Verunsicherung führen könnte, die eigentlich geschützt werden sollen“.

Noch drastischer formuliert es Hamms Rathaus-Chef Thomas Hunsteger-Petermann: „Wir brauchen in Hamm keine selbsternannten Sheriffs; diejenigen, die da mitmachen, sollten sich einmal fragen, was sie eigentlich von der Scharia-Polizei unterscheidet.“

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