Die spannende Frage nach einer Initialzündung habe ich meinen Schülern in den ersten Unterrichtsstunden auch immer gestellt und ihre Motivation bedacht, wenn es darum ging, als Vermittler den Weg zu qualitativ guter Musik aufzuzeigen. Ich selbst habe erst im relativ späten Alter von 14 Jahren zur Gitarre gefunden. Wichtige Impulsgeber waren dabei Klassenkameraden, die einen Elementar-Gitarrenkurs einer Familienbildungsstätte besuchten. Eine Musikschule gab es zu der Zeit in Neheim-Hüsten noch nicht. Neben ein paar Akkorden wurde auch fleißig das Spiel nach Noten geübt. Das hat mich sehr beeindruckt. Ich habe meinem Vater davon erzählt, der ein notenfester Hobby-Geiger war, und sogar als Mitglied eines Amateur-Orchesters bei einer Aufführung von Beethovens Fünfter mitgespielt hat. Er unterstützte sofort meine Bitte, diese Kurse besuchen zu dürfen. Unsere zweiköpfige Familienkapelle startete bald durch und spielte bei diversen Familienfeiern. Langspielplatten ermöglichten es später, das klassische Gitarren-Repertoire zu entdecken. Das wollte ich natürlich auch selbst spielen können. Eine wunderbare Perspektive tat sich auf, polyphone Werke großer Meister von Bach bis Britten auf dem kleinen Instrument darzustellen. Ein berühmter spanischer Gitarrist nannte die Gitarre „ein kleines Orchester “. Die Faszination und Begeisterung war grenzenlos und hält bis heute an.
Wie ging es weiter auf ihrem musikalischen Weg?
Ich hatte großes Glück, mit 16 Jahren zur Musikschule in Iserlohn gehen zu können. Dort fand ich einen professionellen Gitarrenlehrer und bekam endlich die nötige Hilfe für die Erarbeitung anspruchsvoller Literatur. Weitere Höhepunkte waren das Studium an der Nordwestdeutschen Musikakademie Detmold/Abteilung Dortmund mit dem staatlichen Lehrer-Examen. Anschließend folgte eine Lehrassistenz und etwas später ein Lehrauftrag für künstlerisches Gitarrenspiel, der leider drei Jahre später den Sparmaßnahmen der Landesregierung zum Opfer fiel. Ein riesiges Privileg war es für mich, für einige Jahre in der Solistenklasse an der Frankfurter Musikhochschule studieren zu können. Auch als freier Mitarbeiter des damaligen Südwestfunks Baden-Baden konnte ich wertvolle Erfahrungen im Profi-Bereich sammeln. Am Dirigentenpult standen öfter auch Welt-Stars der Neuen Musik Szene, wie Krzystof Penderecki und Hiroshi Wakasugi, der damalige Chef des WDR-Sinfonie Orchesters. Weitere Höhepunkte waren sicher auch eine Australien-Tournee mit einem Auftritt im Sydney Opera House und eine Einladung zum Kobe-Musikfestival (Japan). In diese Zeit fallen auch Wettbewerbs-Erfolge einiger meiner sehr talentierten Schüler, wie Dominik Jung, der als 16-Jähriger auf europäischer Ebene einen Wettbewerb in Luxemburg gewonnen hat. Nach seinem Studium in Aachen unterrichtete er eine Zeit lang einen Nachmittag an der Soester Musikschule und ist heute als Fachbereichsleiter der Musikschule in Siegen beschäftigt.
Das Soester Publikum kennt Sie vor allem als klassischen Gitarristen. Haben Sie sich auch als „Rocker“ (also Rock-Gitarrist) oder Folk-Gitarrist versucht?
Ja, selbstverständlich! Als ich mit dem Gitarrenspiel begann und die ersten Kurse besuchte, gab es einen vier Jahre älteren Nachbarsjungen, der mich mit seinen täglichen Bemühungen, Songs der 70er-Jahre von den Stones bis zu den Beatles nachzuspielen, stark beeindruckte. Wir wurden über Jahre ein gutes musikalisches Team. Ich durfte auf seiner Fender-Stratocaster, die damals ein Vermögen kostete, bekannte Rock-Riffs ausprobieren. Er lernte im Gegenzug von mir das Spiel nach Noten. Das kam uns sehr zu Hilfe, als es darum ging, ein Repertoire mit einer kleinen Band für einige Auftritte einzustudieren. Die hat zwei Jahre gut funktioniert. Eine wertvolle Erfahrung, die ich heute nicht missen möchte. Die klassische Gitarre hatte aber immer Vorrang und spielt natürlich bis heute die absolute Hauptrolle.
Welche Ereignisse haben Sie als besondere Höhepunkte Ihres Musikerlebens in Erinnerung?
Oh, wo soll ich denn da beginnen…? Mein Musiker-Leben? Der besondere Höhepunkt und zugleich die wichtigste Entscheidung gleich mal vorweg: Das war sicher der Beginn meiner Lehrtätigkeit an der Soester Musikschule vor 35 Jahren. Aus dem zu Beginn noch kleinen Stundendeputat wurde bald eine volle Stelle. Die vorherige Anstellung an der Musikschule des Hochsauerlandkreises hatte ich gekündigt und den Entschluss gefasst, von Neheim nach Soest zu ziehen, um hier mit meiner Familie, meiner Frau Karin und unseren zwei kleinen Kindern, am Hugo Kükelhaus-Weg sesshaft zu werden. Die Ansiedlung erfolgte übrigens im Sommer 1995 zusammen mit Familie Ulrich Rikus und Barbara Bielefeld-Rikus, mit der wir schon seit Dortmunder Studienzeiten freundschaftlich verbunden sind.
Gab’s auch Niederlagen oder etwas, das Sie gerne gemacht hätten und nicht konnten?
Zu Niederlage fällt mir sofort eine sehr bedrohliche Zeit ein, in deren Verlauf die Existenz der Musikschule auf dem Spiel stand, und die öffentliche Wahrnehmung der Schule in bestimmten Kreisen mit dummen Vorurteilen durchsetzt war. Das Bild hat sich im Laufe der Jahre zum Glück völlig geändert. Ich kann mich gut an diese Zeit erinnern, als es einen Wechsel der Schulleitung gab und und die Schule mit einem Führungsteam arbeiten musste. Zum Glück gab es einen Menschen, dem an dieser Stelle mein uneingeschränkter Dank gilt, der zusammen mit einem gut kooperierenden Führungsteam die Schulleitung übernahm und das Institut in vielen Jahren mit aufopferungsvollem Einsatz zu dem gemacht hat, was es heute ist. Die Rede ist natürlich von Ulrich Rikus. Ihm werde ich darüber hinaus auch immer dankbar sein, für seinen kollegialen Führungsstil und die fortwährende Unterstützung bei den zahlreichen Veranstaltungen und Projekten meines Fachbereichs.
Wer übernimmt jetzt Ihren Fachbereich?
Mein Nachfolger als Fachbereichsleiter ist seit 1. September Hartmut Mentz. Er ist ein ehemaliger Schüler von mir, der schon seit einigen Jahren als Kollege an unserer Schule erfolgreich unterrichtet und mit frisch gekürten Preisträgern auf Bundesebene beim Wettbewerb „Jugend musiziert“ einen tollen Beweis seiner Unterrichtsqualität geliefert hat.
Und wie sehen Ihre Pläne für den Ruhestand aus?
Meine Pläne für den Ruhestand? Weiterhin für die Musikschule da sein, wenn auch nur noch mit ganz kleiner Stundenzahl. Mit meiner Mentor-Tätigkeit meine jungen Kollegen unterstützen. Vorspiele des musikalischen Nachwuchses besuchen. Weiterhin bisher nicht gespielte Kammermusik zusammen mit meiner Frau und Kollegen einstudieren und auch aufführen. Ansonsten: Endlich mehr für die Pflege von Freundschaften tun, reisen, mehr Sport treiben, wieder regelmäßig Konzerte besuchen. Darüber hinaus gibt es bereits einige Ideen für ein ehrenamtliches Engagement in einem sozialen Bereich. Das strebe ich zusammen mit meiner Frau Karin an.