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Frage der Woche: So sparen die Menschen aus dem Kreis Soest

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Von: Anne Schoplick

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Rekordhoch bei Geldvermögen
Die Menschen müssen ihren Gürtel enger schnallen und den Euro zweimal umdrehen. Die Inflation steigt weiter. Wir haben die Leute gefragt: Wo und wie spart ihr in diesen Zeiten? © Jens Büttner/dpa-Zentralbild/dpa

Alles wird teurer oder ist schon teurer geworden: Spritpreise sind auf dem Höchststand, die Wohnung zu heizen wird kostspielig, Lebensmittelpreise ziehen an.

Soest – Wir haben die Leute gefragt: „Wie sparen Sie – in Ihrem Unternehmen, aber auch privat zuhause?“

Birgit Oberg, Leiterin des Soester Tierheims: Wir müssen ganz stark an die Energiekosten denken. Beruflich wie privat heize ich nur da, wo es auch nötig ist. Dabei werden dann auch Türen und Fenster geschlossen und wenn mal gelüftet wird, dann machen wir Stoßlüften. Auch das Radio, das gerne mal in der Pause angemacht wird, muss dann auch wieder abgeschaltet werden. Das gleiche gilt für das Licht: Wer den Raum verlässt, macht auch das Licht wieder aus. Wir hatten einen alten Wäschetrockner, der nun kaputt gegangen ist. Wir haben uns keinen neuen angeschafft, obwohl gerade auch die ganz alten Geräte richtige Stromfresser sind. Das wollen wir noch besser machen. Bei den Lebensmitteln haben wir kein Problem, das einzig frische, was wir kaufen, ist Salat für die Kaninchen. Da achten wir auf Angebote und was gerade günstig ist. Zum Glück gibt es noch genug Hunde- und Katzenfutter. Das wird bisher noch nicht gehamstert. Für so etwas habe ich gar kein Verständnis.

Privat achte ich ebenfalls mehr auf meinen Energieverbrauch, beim Einkaufen nehme ich die Angebote verstärkt wahr. Es würde sicherlich helfen, wenn wir alle regional und saisonal einkaufen würden. Ich habe zwar versucht, die Vorgaben der Regierung umzusetzen, aber ein persönlicher Wohlfühlfaktor muss schon sein, denn man kann ja nicht immer im Dunkeln und Kalten sitzen. Durch meinen Beruf brauche ich in jedem Fall Fernsehen zum Abschalten. Ich lese auch viel, aber was nützt das, wenn ich dafür im Dunkeln sitze? Wir sollten darauf achten, dass wir die Energie nicht immer so sinnlos verschwenden.

Guido Münstermann, Möbelhaus Turflon: Wir bei Turflon arbeiten schon seit langer Zeit daran, unseren Energieverbrauch zu senken. Beispiele sind unter anderem der flächendeckende Einsatz effizienter Leuchtmittel oder moderne Heiz- und Lüftungssysteme. Das machen wir aus zwei Gründen: Zum einen wollen auch wir unseren Beitrag zu mehr ökologischem Bewusstsein leisten und zum anderen zwingen uns die hohen Energiekosten in Deutschland dazu. Dies ist allerdings alles bereits in den letzten Jahren geschehen.

Kurzfristig auf die enormen Kostensteigerungen seit Kriegsbeginn zu reagieren, ist für uns kaum möglich. Wir können uns nicht vorstellen, unsere Kunden frieren zu lassen oder sie im Dunkeln zu bedienen. Ebenso wenig können wir unsere Auslieferung stoppen oder im Restaurant kaltes Essen servieren...

Wir haben zurzeit eher höhere Kosten, da unsere Belüftungsanlage pandemiebedingt fast nur mit Frischluft arbeitet. Hier haben wir die effiziente Automatik, die die optimale Mischung aus Frisch- und Umluft regeln soll, ausgeschaltet, um die Zahl der Corona-Infektionen auf ein Minimum zu reduzieren. Es gibt zwar Überlegungen und Gespräche, uns unabhängiger mit Energie zu versorgen, aber das sind eher langfristige Investitionen und Projekte.

Im Privaten freue ich mich über jeden Tag, an dem ich mit meinem Hund zu Fuß zur Arbeit gehen kann. Das entscheide ich allerdings eher nach Wetterlage als aufgrund der tagesaktuellen Spritpreise.

Fabian Neuenzeit, Student: Uns jungen Menschen wird gerne unterstellt, das Geld wahllos auszugeben. „Sparen? Nö!“, könnte man meinen. Im Gegenteil: An vielen Stellen bekommen wir die steigenden Preise zu spüren. Bequem mit dem Auto zur Uni? Bei 80 Kilometern hin und zurück jeden Tag läppert sich das. Da bleibt uns nur die nerven- und zeitraubende Alternative des Bahnfahrens, oder wenn es vor wichtigen Klausuren dann doch mal das Auto sein muss, das Bilden von Fahrgemeinschaften.

Auch der Gang zum Bäcker zwischen den Vorlesungen findet nur noch in, wortwörtlich, abgespeckter Version statt: Dort gönnt man sich nur noch ein trockenes anstatt ein dick belegtes Brötchen. Ein Trostpflaster für meine Kommilitonen und mich: Immerhin ist der Kaffeepreis am Automaten unseres Vertrauens bislang stabil geblieben.

Aber auch im Privaten ist Sparen angesagt. Mal eben mit dem Auto zum Möhnesee und da essen gehen? Inzwischen überlegt man sich das zweimal. Doch dabei sollten wir immer im Hinterkopf behalten, wie gut es uns jungen Menschen hier geht. Denkt man an die Gleichaltrigen, die Tag für Tag in die U-Bahn-Schächte der ukrainischen Großstädte fliehen müssen, um sich vor den russischen Angriffen zu schützen, können wir uns glücklich schätzen und dankbar sein, „nur“ sparen zu müssen, dafür aber in Frieden zu leben.

Anna-Lena Göstemeyer, Anzeiger-Praktikantin: Sparen ist für die Jugend meistens schwerer als gedacht. Man lebt in den meisten Fällen, so wie ich, zuhause bei den Eltern und hat mit den steigenden Lebensmittelpreisen, Sprit- und Heizkosten kaum Kontakt.

Ich persönlich spare beim Besuch eines Bäckers oder einer Eisdiele. Da sind mir die Preise für mal eben zwischendurch zu teuer geworden. Wenn ich zum Beispiel in der Schule Mittagspause habe, gehe ich immer mit meinen Freunden in einen Supermarkt und kaufe mir dort etwas zu essen, wenn ich mir nichts mitgenommen habe. Das ist für uns langfristig gesehen günstiger und schmeckt auch. An besonderen Tagen kaufe ich dann auch mal im Einzelhandel, um auch diesen zu unterstützen, denn die steigenden Preise haben ja einen guten Grund.

Das Bahn- und Busfahren ist eine gute Möglichkeit, den steigenden Spritpreisen aus dem Weg zugehen. Gerade wenn man noch keinen Führerschein hat, da man zum Beispiel noch zu jung ist, kommt man damit schnell von A nach B. Ein weiterer positiver Aspekt am Nutzen des öffentlichen Personennahverkehrs ist, dass man nicht auf andere Autofahrer angewiesen ist und dadurch selbstständiger wird. Wenn ich dann doch mit dem Auto gefahren werde, dann mit dem E-Auto. Dieses können wir von zuhause aufladen und sparen das Geld an der Tankstelle.

Monika Hünnies, Altstadtbistro Werl: Ich habe eigentlich noch in keinem Winter darauf geachtet, am Heizen zu sparen. Jetzt aber mache ich das. Tagsüber, wenn wir unten im Laden sind, drehe ich die Heizkörper oben in der Wohnung runter. Nach Feierabend drehe ich dann höchstens einen Heizkörper in der Küche und einen im Wohnzimmer wieder auf. Frieren muss ich nicht – Hitzewallungen, unter denen Frauen sonst leiden können, haben in diesen Zeiten wirklich ihre Vorteile.

Auch unser Bistro heizen mein Mann und ich nicht mehr durchgehend und verzichten übers Wochenende auf die Beleuchtung. Das Auto bewegen wir nur wenig; unsere Post bringe ich nicht mehr im Pkw zum Briefzentrum, sondern jetzt zu Fuß in die Filiale bei Kaufland. Wir haben ja den großen Vorteil, in der Innenstadt zu arbeiten und zu wohnen.

Bei den Zutaten, die wir für die Backstube benötigen, haben wir zwei Lieferfirmen zur Auswahl. Einen Sack mehr zu kaufen, Preise zu vergleichen, das hat schon seine Vorteile. Bei Zutaten für die belegten Brötchen in unserem Laden achte ich mehr auf Angebote. Die Gurke für 1,39 Euro das Stück muss nicht sein. Es gibt viele kleine Dinge, wo man sparen kann. Auch beim Wäschetrocknen: Der Trockner läuft bei uns seltener; die frische Luft tut’s auch.

Timo Schirmer, Geschäftsführer des Aquafuns: Im Betrieb werden unsere Saunaanlagen teilweise auch mit Gas beheizt. Wir haben die Vorlaufzeiten reduziert, damit keine Energie mehr unnötig verschwendet wird und die Besucher bei der Öffnung des Bades trotzdem die richtigen Temperaturen in der Sauna haben. Auch Beckenabdeckungen verhindern sehr viel Verdunstungswärme, das spart auch noch mal.

Gas spielt natürlich auch bei uns privat eine Rolle. Wir achten auf unseren Gasverbrauch und schauen, in welchen Räumen welche Temperaturen erforderlich sind. Dabei haben wir die Temperaturen bereits in einigen Räumen abgesenkt, um Energie zu sparen. Bei den steigenden Lebensmittelpreisen war ich neulich sehr schockiert, als ich die Preise auf dem Wochenmarkt gesehen habe. Dort kostete ein Stück Butter 2,50 Euro. Vielleicht sollten Restaurantbesuche reduziert und öfter zu Hause gekocht werden. Ich habe mir auch überlegt, ob Pay-TV noch nötig ist. Man sollte sich öfter fragen, was man noch braucht und was nicht.

Schwester Hildegard, Oberin der Ursulinen Werl: Ich bin wirklich froh, dass wir rechtzeitig umgezogen sind und nicht mehr in dem riesengroßen Haus an der Neuerstraße leben. Denn heute in unseren neuen Räumen im ehemaligen Franziskanerkloster ist es für uns grundsätzlich besser geworden.

Allein unsere Energiekosten haben sich damit von selbst drastisch reduziert. Das gilt für das Heizen ebenso wie für die Beleuchtung. Wir sind in diesen Zeiten trotzdem noch ein bisschen achtsamer geworden, überlegen mehr.

Tagsüber ist in meinem Privatzimmer der Heizkörper heruntergedreht. Das gilt auch für das Büro, wenn ich mich dort nicht aufhalte. Und wenn ich Feierabend habe, nutze ich gern eine Jacke und eine Decke.

Im Auto bin ich langsamer unterwegs, um Sprit zu sparen. Wer von uns Ordensfrauen noch kann, ist häufiger zu Fuß unterwegs. Auch beim Lebensmittel-Einkauf sind wir aufmerksamer und nutzen Angebote.

Die Frage der Woche erscheint in der Regel donnerstags und greift ein aktuelles oder lokales Thema auf. Sie wendet sich an Experten auf dem jeweiligen Gebiet, Entscheidungsträger in Politik und Wirtschaft, an Bürger.

Sie können sich beteiligen: Welches Thema würden Sie gern diskutiert sehen? Schreiben Sie eine Mail an stadtredaktion@soester-anzeiger.de, Stichwort: Frage der Woche.

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