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Gegen den Fachkräftemangel: Soest bekommt eine neue Pflegeschule

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Von: Daniel Schröder

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Am Katroper Weg soll die Pflegeschule am 1. September starten. Bettina Wiebers, Melanie Flöing und Lutz Gnel (v. li.) setzen große Stücke auf die neue Schule.
Am Katroper Weg soll die Pflegeschule am 1. September starten. Bettina Wiebers, Melanie Flöing und Lutz Gnel (v. li.) setzen große Stücke auf die neue Schule. © Daniel Schröder

Es steht ernst um die Zukunft der Pflege. Es gibt zu wenig Kräfte. Die Caritas im Kreis Soest hat das Klagen über die Situation satt und nimmt die Problemlösung in die Hand – mit einer eigenen Pflegeschule in Soest.

Soest – Am 1. September sollen die ersten 25 Auszubildenden am „CariCampus“ am Katroper Weg 1 in Soest ihre dreijährige Ausbildung starten. Die Hälfte der Plätze sei schon besetzt, die Erfahrung zeige laut Schulleiterin Melanie Flöing: „In der Pflege kommen die Bewerbungen oft etwas später. Wir sind sehr optimistisch, dass wir mit dem ersten Kurs in voller Stärke starten werden.“

Der zweite Kurs soll dann im Frühjahr beginnen, sodass perspektivisch bis zu 150 Azubis in drei Lehrjahren gleichzeitig an der neuen Pflegeschule ihren Grundstein für die berufliche Zukunft in der Pflege legen werden. Die Zweizügigkeit mit unterschiedlichen Ausbildungs-Startpunkten wurde bewusst gewählt: Das Frühjahr sei für Quereinsteiger attraktiver, der September ziele vor allem auf Schulabgänger ab.

Pflege: Ältester Quereinsteiger macht seine Ausbildung aktuell mit 55 Jahren

Stichwort Quereinsteiger: Die Altersstruktur der aktuell 45 Caritas-Azubis sei schon jetzt sehr breit aufgestellt, der Durchschnitt liege bei 28 bis 29 Jahren. Der Älteste ist 55 Jahre alt, er wird im September seine Ausbildung zum „generalistischen Pflegefachmann“ abschließen.

Mangel an Pflegekräften: Es reicht nicht einmal mehr für den eigenen Bedarf

Wie ernst die Lage und gleichzeitig gut die Berufschancen in der Pflege sind, schildert Bettina Wiebers aus dem Caritas-Vorstand anhand des eigenen Hauses: „Wir haben 1300 Mitarbeiter, rund 900 im Pflegebereich, es gibt 50 Praxisanleiter, 45 Azubis. Doch das reicht nicht, um den eigenen Bedarf zu decken. In den kommenden zehn Jahren gehen 25 Prozent unserer Pflegefachkräfte in Rente, circa 95 Personen.“

Schon jetzt könne man manche Anfrage nach einer Pflege-Versorgung nicht mehr bedienen. Umso wichtiger sei es, eine Vielzahl von Menschen jeden Alters für die Ausbildung zu gewinnen.

Wir sind sehr optimistisch, dass wir mit dem ersten Kurs in voller Stärke starten werden.

Schulleiterin Melanie Flöing über den Ausbildungsstart im September

Der Standort der neuen Pflegeschule sei bewusst zentral gewählt worden: „Es liegt in unmittelbarer Nähe zum Bahnhof, unsere Azubis bekommen unter anderem ein NRW-Ticket für Bus und Bahn“, erklärt Wiebers. Die Caritas hat das Gebäude der „Stiftung Bildung und Handwerk“ angemietet. Die Grundstruktur eines Lehr-Gebäudes steht also. Aktuell wird es renoviert, damit es am 1. September losgehen kann.

Der Soester Caritas-Vorstand Lutz Gmel unterstreicht: „Es ist nicht alltäglich, eine Pflegeschule zu eröffnen. Derzeit ist der Wille in der Bevölkerung, in die Pflege zu gehen, nicht sehr ausgeprägt. Wir wollen für den Kreis Soest eine Perspektive bieten, damit uns das Ganze nicht aus dem Ruder läuft. Das derzeitige Angebot reicht nicht aus, wir wollen hier eine Art Lichtstern aufbauen.“ In der Ausbildung, die durch die neue Schule in Praxis und Theorie unter einem Dach stattfindet, werde auf Digitalisierung gesetzt. „Es gibt Tablets statt 15 dicker Bücher, hochmoderne Möglichkeiten, praktisch zu lernen“, so Bettina Wiebers.

Die Pandemie, die Feststellung der Systemrelevanz, habe bereits einen kleinen Aufschwung gebracht. Lutz Gmel betont: „Es geht um jeden einzelnen, der sich berufen fühlt.“ Melanie Flöing: „Man muss für den Beruf brennen. Es ist ein toller Beruf, in dem man nicht zu viel gibt, sondern auch viel zurückbekommt.“

Kommentar: Der Stein muss erst einmal rollen

Die neue Pflegeschule der Caritas in Soest könnte ein großer Stein sein, der die Problemlösung in der Frage nach Pflege-Fachkräften ins Rollen bringt. Wer will schon angesichts der Dauer-Beschallung über zu hohe Arbeitslast und Unterbesetzung in den Beruf einsteigen?

Wenn es erst einmal einige Mutige gibt, die sich der Herausforderung stellen und die Last so auf mehr Schultern verteilt wird, könnte zumindest das Problem der Pro-Kopf-Belastung in einigen Jahren gelöst sein. Die Pflege braucht mutige Ideen und Mutige, die sie umsetzen.

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