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Elfriede Suppe scheidet wegen NSDAP-Mitgliedschaft als Namensgeberin aus

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Von: Bettina Boronowsky

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Elfriede Suppe war Bürstenmacherin und Mitglied in der NSDAP
Die Bürstenmacherin Elfriede Suppe war 1940 auf eigenen Antrag in die NSDAP eingetreten. Das war auch Angehörigen lange Zeit nicht bekannt. © Peter Dahm

Anna Lixenfeld macht das Rennen vor Elfriede Suppe (1908-1996). Nicht wie die stadtbekannte frühere Soester Bürstenmacherin, sondern wie die Lehrerin sollen die Hauptstraße und die kleinen Seitenstraßen auf dem Gelände Hilchenbach heißen, wenn es eines fernen Tages bebaut wird. Das entschied jetzt der Kulturausschuss. Der Grund: Elfriede Suppe war 1940 auf eigenen Antrag in die NSDAP eingetreten. Ein Makel, der keine Straßenbenennung zulässt.

Soest – Dabei hatten sich viele Bürger ihren Namen auf einem Straßenschild gewünscht. Auch im Kulturausschuss waren Rufe danach laut geworden. Schließlich gilt die kleine Frau, die 1964 den traditionsreichen Betrieb ihres Vaters übernommen und seit 1971 fleißig, eigenwillig und humorvoll allein weitergeführt hatte, als echtes Soester Original. Über sie werden viele Anekdoten erzählt.

Als letzte Bürstenmacherin Deutschlands wurde sie für ihre Verdienste um das traditionsreiche Handwerk kurz vor ihrem Tod mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. Elfriede Suppe war überaus beliebt. Kaum ein Mensch ahnte, dass sie NSDAP-Mitglied gewesen war.

„Das wusste auch ich nicht“, gibt Stadtarchivar Dr. Norbert Wex zu. Vorschriftsmäßig hatte er die Biografie der vorgeschlagenen Bürstenmacherin überprüft und war auf die Parteizugehörigkeit gestoßen. Über ihre Motivation zu diesem Schritt könne man heute nichts mehr herausfinden, ist sich Wex sicher.

Selbst Elfriede-Suppes Neffe und Nachlassverwalter Klaus vom Lehn ahnte nichts davon. Er hatte ihr im Geschäft geholfen und wurde 1999 Mitbegründer der Elfriede-Suppe-Stiftung zugunsten der Hospiz-Bewegung. „Der Laden war ja im Krieg geschlossen“, berichtet er. Vielleicht habe sich seine Tante durch den NSDAP-Eintritt bessere Bedingungen für das Geschäft erhofft, vermutet er: „Aber 1940 war ja eh nichts mehr zu machen.“

Konsequenzen für den Namen der Stiftung sieht Klaus von Lehn durch die neuen Erkenntnisse nicht. Die Sparkasse Soest hatte das Haus Suppe, Petristraße 5, im Jahr 1994 gekauft, als Elfriede Suppe ihren Laden aus Gesundheitsgründen schließen musste. Wenige Jahre später entstand aus ihrem Erbe die Stiftung. Eine Bronzeplakette, die der Bildhauer Kord Winter gestaltet hat, wurde am Haus angebracht und erinnert noch heute an die Bürstenmacherin.

Der Kulturausschuss indes lehnte auch die beiden anderen Namensvorschläge des Stadtarchivs, nämlich Philipp-Aronstein-Weg (Aronsteinweg) und Julius-Ostendorf-Weg, ab und tat mit der Wahl Anna-Lixenfeld-Weg zugleich den neuen Richtlinien zur Straßenbenennung sowie seinen eigenen Ergänzungen Genüge.

Über die neuen Richtlinien muss letztlich der Rat entscheiden, der Kulturausschuss darf nur vorberaten. Dieser stimmte aber schon mal den Vorschlägen der Verwaltung zu. Dies umso mehr, als sich die neuen Richtlinien stark an Soester Traditionen orientieren, nur zeitgemäßer sein wollen.

Eine engagierte Lehrerin

Anna Lixenfeld (geboren 1892 in Dillenburg, gestorben 1985 in Soest) war ab 1921 als Lehrerin an der Pestalozzischule tätig, ab 1951 bis zu ihrem Ausscheiden aus dem Dienst 1957 sogar als Rektorin. Auf Vorschlag der Stadt Soest erhielt sie 1984 das Bundesverdienstkreuzes. Während der NS-Zeit verweigerte sie trotz erheblichen Drucks jede Mitarbeit bei der Erstellung erbbiologischer Einschätzungen ihrer Schüler. Nach Kriegsende erwarb sie sich erhebliche Verdienste für die Wiederaufnahme und Weiterführung ihrer Schule sowie die Lehrerausbildung.

Anlass für die neuen Richtlinien ist die Tatsache, dass gerade die Ehrung von Personen durch Straßennamen in jüngerer Zeit häufig fragwürdig geworden war, etwa wenn neue historische Erkenntnisse und Bewertungen vorlagen. Dann mussten ein neuer Name und neue Schilder her. Bei der Straße auf dem Hilchenbach-Gelände konnte das gerade noch verhindert werden

Der Kulturausschuss fügte den neuen Richtlinien drei weitere hinzu: Erstens sollen Männer- und Frauennamen künftig ausgewogen verwendet werden. Um das Anliegen deutlich zu machen, wurde dem Straßennamen Lixenfeld-Weg eigens Anna vorausgestellt.

Zweitens soll eine Bürgerbeteiligung gleich nach der Ausschussberatung möglich sein. Und drittens sollen alle Beteiligten bei einer von der Stadt veranlassten Straßenumbenennung ihre Dokumente ohne Gebühren ändern lassen können. Diese Regelung betrifft nur offizielle Dokumente, nicht private, wie etwa Visitenkarten.

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