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Die Zahlen: Pandemie drosselt jugendliches Kampftrinken

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Von: Klaus Bunte

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in 2020 wurden in den Krankenhäusern im Kreis Soest 66 Kinder und Jugendliche im Alter zwischen zehn und 19 Uhr Jahren wegen einer Alkoholvergiftung behandelt. Dies ist die niedrigste Zahl in mindestens zehn Jahren
In 2020 wurden in den Krankenhäusern im Kreis Soest 66 Kinder und Jugendliche im Alter zwischen zehn und 19 Uhr Jahren wegen einer Alkoholvergiftung behandelt. Dies ist die niedrigste Zahl in mindestens zehn Jahren. © Peter Dahm

Des Schnapsbrenners Leid ist der Intensivkrankenschwester Freud: Die Pandemie hat für einen deutlichen Rückgang an Jugendlichen gesorgt, die mit einer Alkoholvergiftung ins Krankenhaus eingeliefert wurden.

Kreis Soest – Da sind zunächst einmal die nackten Zahlen, die eine Vermutung nahelegen, die Fachleute bestätigen. Denn in 2020 wurden in den Krankenhäusern im Kreis Soest 66 Kinder und Jugendliche im Alter zwischen zehn und 19 Uhr Jahren wegen einer Alkoholvergiftung behandelt. Dies ist die niedrigste Zahl in mindestens zehn Jahren – die vorliegenden Zahlen von Information und Technik NRW beginnen 2010. Wie das Statistisches Landesamt mitteilt, waren das 51,5 Prozent weniger Behandlungsfälle als 2019 (damals: 136 Fälle) und 60,2 Prozent weniger als zehn Jahre zuvor (2010: 166 Fälle). Die Höchstmarke der Jahre von 2010 bis 2020 bildete 2018, als 174 Teenager eingeliefert wurden.

Diese 66 Fälle machten 0,22 Prozent aller Gleichaltrigen im Kreis Soest aus. Bei 50 von ihnen handelte es sich um Jugendliche im Alter zwischen 15 und 19 Jahren. In dieser Altersgruppe verzeichnen die Statistiker gegenüber dem Vorjahr einen Rückgang von 56,1 Prozent.

Im Kreis Soest ist es umgekehrt

Der Rückgang der alkoholbedingten Behandlungsfälle im Jahr 2020 fiel bei zehn- bis 19-jährigen Jungen und jungen Männern im Landesschnitt zwar stärker aus als bei deren Altersgenossinnen, im Kreis Soest ist es jedoch umgekehrt: Die Zahl der stationären Behandlungen von männlichen Jugendlichen verringerte sich um 58,3 Prozent von 70 auf 30 Fälle, die der weiblichen um 43,8 Prozent von 64 auf 36 Fälle. Bei den Jugendlichen zwischen 15 und 19 Jahren dagegen sind die Jungs mit 26 zu 24 knapp in der Überzahl. 16 Fälle betraf die Altersgruppe der Zehn- bis 14-Jährigen, 14 Mädchen und sechs Jungen. 2020 waren es noch 22, was einen Rückgang von 27,3 Prozent bedeutet.

Der enorme Rückgang an Alkoholvergiftungen ist jedoch bundesweit zu beobachten. Die nahe liegende Vermutung eines Zusammenhangs mit der Pandemie bestätigt eine aktuelle Mitteilung der Fachstelle für Suchtfragen „Sucht.Hamburg“. Dort heißt es: „Dass die Zahlen in der Corona-Pandemie besonders bei den Jugendlichen stark rückläufig sind, zeigt einmal mehr, dass das von ihnen praktizierte Experimentierverhalten in Bezug auf den Umgang mit Alkohol überwiegend in der Peergroup erfolgt. Durch die teilweise sehr weitreichenden Kontaktbeschränkungen waren auch die Gelegenheiten des gemeinschaftlich exzessiven Alkoholkonsums für die Jugendlichen stark eingeschränkt, sodass sich damit das Risiko einer Alkoholvergiftung verringerte. Ein allgemeiner Anstieg der Alkoholintoxikationen ist nach Ende der coronabedingten Kontakteinschränkungen nicht auszuschließen.“

17 Prozent der 16- bis 29-Jährigen trinken seit Corona weniger Alkohol als zuvor

Zudem habe eine von der Kaufmännischen Krankenkasse beauftragte Forsa-Umfrage gezeigt, dass 17 Prozent der 16- bis 29-Jährigen nach eigenen Angaben seit Corona weniger Alkohol trinken als zuvor. 13 Prozent der Befragten in dieser Altersgruppe sagte im Gegenzug allerdings auch, dass sie seit der Pandemie mehr Alkohol trinken. Diejenigen, die vor der Krise nur zu besonderen Anlässen getrunken haben – dies gaben in der Umfrage 30 Prozent der 16- bis 29-Jährigen an – gehören wohl auch zu denjenigen, die mangels Gelegenheiten weniger trinken. Diejenigen aber, die bereits vor der Krise in einer Krise steckten und denen Corona somit besonders zugesetzt hat, dürften zu denen gehören, die seit Beginn der Pandemie mehr Alkohol trinken.

Mona Emter, Leiterin der Suchtberatung der Diakonie Ruhr-Hellweg: „Uns liegen keine Erkenntnisse beispielsweise in Form von Studien vor, die darauf hindeuten, dass der Rückgang der Zahlen auf Pandemie-bedingte Maßnahmen wie Lockdowns oder Schutzvorkehrungen zurückzuführen ist. Wir können lediglich vermuten, dass die Kontaktbeschränkungen den gemeinschaftlich exzessiven Alkoholkonsum von Jugendlichen begrenzt und so das Risiko einer Alkoholvergiftung automatisch verringert haben.“

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