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Das süße Herz von Soest hört auf zu schlagen: Café Fromme schließt zum Jahresende

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Von: Achim Kienbaum

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Christine Blumendeller und Gabriele Göbel (rechts) werden das Café Fromme nach 170 Jahren im Familienbesitz schließen.
Christine Blumendeller und Gabriele Göbel (rechts) werden das Café Fromme nach 170 Jahren im Familienbesitz schließen. © Peter Dahm

„Aber bitte mit Sahne“ kredenzte Udo Jürgens der Musikwelt einst eine liebevoll-boshafte Hommage an die Kaffeehaus-Kultur. Inzwischen aber lassen sich immer weniger Menschen bei Kaffee und Kuchen nieder – weder mit, noch ohne Sahne – die Zeiten sind wohl eher bitter, als dass sie große Lust auf Süßes machen. Das gilt auch für das traditionsreiche Café Fromme am Markt, das keine Perspektiven mehr für die Rückkehr der guten alten Zeiten sieht und am Jahresende schließen wird.

Soest – Was das Café am Markt so einzigartig machte, nicht nur in der Stadt, sondern auch weit über deren Grenzen hinaus, das ist offenbar inzwischen ein wenig aus der Zeit gefallen: Elegantes Ambiente mit Marmor an den Wänden und eine abgehängte Rabitzdecke, wie es sie so in Deutschland nur noch im Berliner Edel-Hotel Adlon geben soll, in einer Ecke von den Jahrzehnten gedunkelte Holzfächer für zehn verschiedene Zeitungen – alle leer, die meisten der Zeitungen, die auf den beschrifteten Fächern namentlich aufgeführt werden, gibt es schon lange nicht mehr.

Und in der Konditorei stellt Gabriele Göbel noch selber die Kuchen-Kreationen her, mit denen sich das Café Fromme über Jahrzehnte hinweg eine treue Stammkundschaft verdient hat.

Die aber kann alleine einen Betrieb nicht mehr dauerhaft tragen, mussten Gabriele Göbel und ihre Schwester Christine Blumendeller, die die Leitung des Cafés 1999 von ihrer Mutter Elisabeth Fromme übernahmen, in den vergangenen Jahren mehr und mehr erkennen.

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Auf die Frage nach einer dauerhaft tragfähigen wirtschaftlichen Basis für das Familienunternehmen fanden beide keine befriedigende Antwort – stattdessen gab es immer wieder neue Probleme, die schließlich zu der Entscheidung führten, das Café zum Jahresende zu schließen. „Es ist viel zusammen gekommen“, beschreiben die beiden Eigentümerinnen die Gemengelage und zählen auf:

- Wie so viele andere gastronomische Betriebe auch war Fromme acht Monate lang während der Coronapandemie geschlossen.

- In der Familie gibt es keine Nachfolger für die 55 und 60 Jahre alten Schwestern.

- Umsätze gingen mit den Jahren stetig zurück, weil sich das Freizeitverhalten geändert hat: Tagsüber wird gearbeitet, abends warm gegessen – Kaffee und Kuchen am Nachmittag sind da nicht mehr vorgesehen.

Vor diesem Hintergrund wollten Gabriele Göbel und Christine Blumendeller, gerade auch mit Blick auf die dem Café teilweise seit Jahrzehnten verbundenen Mitarbeiter, lieber einen klaren Schlussstrich als eine Hängepartie mit ungewissem Ausgang – auch wenn es wehtut.

Ob es weiterhin eine Gastronomie in den Fromme-Räumen geben wird oder eine andere Nutzung, das ist derzeit, so die Schwestern, noch Gegenstand von Verhandlungen.

Caféhaus mit Geschichte

Gabriele Göbel und Christine Blumendeller führen das Café Fromme in fünfter Generation.

Gegründet wurde der Betrieb im Herzen der Altstadt am Markt 1852 von Theodor Frome als Bäckerei.

Sein Sohn Theodor führte diese Bäckerei weiter, bis die dritte Generation im Jahr 1929 die Bäckerei zu einem Konditorei-Café umbaute.

Theodor Fromme, der Enkel des Gründers, hatte zuvor das Konditorenhandwerk erlernt. Er war es auch, der mit der markanten Decke seine Vision eines Caféhauses mit Eleganz verwirklichte. Eine Vision, die seitdem im Art-deco-Stil erhalten geblieben ist.

1948 starb Theodor Fromme, seine Frau Elfriede führte den Betrieb weiter bis ihr Sohn Werner das Geschäft 1962 übernahm und gemeinsam mit seiner Ehefrau Elisabet führte.

Seit 1999 sind die beiden Töchter, Konditormeisterin Gabriele Göbel und Christine Blumendeller, die Inhaberinnen des Konditorei-Cafés.

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