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Die ungeschönten Erlebnisse bei schrecklichen Unfällen: Plötzlich schweigen 420 Schüler

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Von: Daniel Schröder

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Notfallsanitäter Christopher Beard berichtete über einen Unfall in Lippstadt.
Notfallsanitäter Christopher Beard berichtete über einen Unfall in Lippstadt. © Daniel Schröder

Manche Schüler des Börde-Berufskollegs hatten am Donnerstagmorgen Tränen in den Augen, als sie den ungeschönten Erlebnissen der Protagonisten von „Crashkurs NRW“ zuhörten.

Soest – Es war eine große Menge an Schülern, die am Donnerstagmorgen in der Aula des Börde-Berufskollegs mit einem Mal verstummte. 420 Zuhörer gaben plötzlich keinen Mucks mehr von sich, als Fotos an die Wand gestrahlt wurden, die die schrecklichen Folgen verschiedener Verkehrsunfälle dokumentierten.

Tote Menschen, die mit Tüchern abgedeckt auf der Straße liegen, völlig zerstörte Autowracks, Holzkreuze am Fahrbahnrand. Auf ihnen die Namen Jessica, Oliver, Thomas, Falk. Die Kreuze sind nicht nur stille Boten dessen, was an dieser Stelle geschehen ist. Hinter jedem von ihnen steckt ein Schicksal, eine Geschichte ohne Happy End.

Unfälle, die Leben veränderten und beendeten

Diese Art von Geschichten, die sich allesamt in der Realität auf den Straßen im Kreis Soest zutrugen, wurden von Polizist Frederik Rasch, Notfallsanitäter Christopher Beard, Feuerwehrmann Thomas Rotthoff, Notfallseelsorgerin Heike Gösmann und der selbst in einen schweren Unfall verwickelten Manja Mathias erzählt.

Sie berichteten ihren stummen Zuhörern ungeschönt, wie sie die Unfälle erlebten, die zum Teil ihres Lebens wurden und gleichzeitig das Leben vieler junger Leute beendeten.

Das Projekt

„Crashkurs NRW“ ist eine Zusammenarbeit zwischen Polizei, Feuerwehr, Rettungsdienst, Notfallseelsorge, Verkehrsunfallopfern und deren Angehörigen.

Ziel ist es, den jungen Teilnehmern ein realistisches Gefahrenbewusstsein zu geben, um eine dauerhafte, positive Verhaltensänderung zu bewirken. Im Fokus stehen die Gefahren durch Alkohol und Drogen am Steuer, Leichtsinn, Übermüdung, überhöhte Geschwindigkeit, fehlende Gurte und Ablenkung durch das Handy im Straßenverkehr.

Ihren großen Respekt sprachen mehrere Schüler vor allem Manja Mathias aus, die mit 14 Jahren als Mitfahrerin auf dem Mofa ihres damaligen Freundes in einen Unfall verwickelt wurde. Während der Fahrer des Zweirads bei dem Unfall 1989 unverletzt geblieben war, kämpft sie bis heute mit den physischen und psychischen Folgen ihrer lebensgefährlichen Verletzungen.

Manja Mathias berichtete von einem Unfall, der ihr Leben im jungen Alter veränderte.
Manja Mathias berichtete von einem Unfall, der ihr Leben im jungen Alter veränderte. © Daniel Schröder

Ihre Motivation, die Schüler an ihrem Schicksal teilhaben zu lassen, begründete sie mit einer großen Hoffnung: Wenn auch nur ein Unfall dank ihrer drastischen Schilderungen verhindert werden kann, habe es sich gelohnt. Sie appellierte an die jungen Zuhörer, bloß immer einen Helm zu tragen.

Feuerwehrmann wünscht sich: „Traut euch, zu sagen: ‚Nein, ich steige nicht ein!“

Einen ähnlichen Wunsch richtete Feuerwehrmann Thomas Rotthoff an die 420 Schüler: Wenn sie einmal den Eindruck haben, dass ein Freund aufgrund von Alkohol oder Drogen nicht mehr fahrtüchtig ist, sollen sie auf keinen Fall in sein Auto steigen und möglichst verhindern, dass er überhaupt losfährt. Bevor sie ihre Kinder verlieren, kommen Eltern zu jeder Tages- und Nachtzeit viel lieber, um sie abzuholen, so sein Appell. „Traut euch, zu sagen: ‘Nein, ich steige nicht ein!“

Für Tränen in manchem Gesicht sorgte Notfallseelsorgerin Heike Gösmann, die von einem schweren Unfall auf der B1 bei Eikeloh berichtete, bei dem drei Menschen – ein junges Paar und ein Senior – ihr Leben verloren. Sie hatte die Aufgabe, den Eltern die Todesnachricht zu überbringen und ihnen stundenlang „bis weit nach Mitternacht“ beizustehen.

Notfallseelsorgerin Heike Gösmann wurde von ihrem Funkmelder zu einem tödlichen „VU“, so die Abkürzung für Verkehrsunfall gerufen. Der Einsatz beschäftigt sie noch heute, nach vielen Jahren.
Notfallseelsorgerin Heike Gösmann wurde von ihrem Funkmelder zu einem tödlichen „VU“, so die Abkürzung für Verkehrsunfall gerufen. Der Einsatz beschäftigt sie noch heute, nach vielen Jahren. © Daniel Schröder

Rund eine Stunde dauerte die Frontal-Sensibilsierung. Im Nachhinein waren sich die Protagonisten einig: „Die Botschaften sind angekommen!“

In einer fünfteiligen Serie werden wir im November detailliert über die Geschichten aller Protagonisten berichten.

Die Serie startete am 28. November, hier finden Sie die einzelnen Teile:

Teil 1: Tödlicher Tritt aufs Gaspedal: Jessica und Thomas verloren durch einen Raser ihr Leben

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