„Bisschen Sorge“: Soester Arzt und Suchtberater zur Cannabis-Legalisierung

Die Cannabis Legalisierung ist auf den Weg gebracht. Das sagen Mediziner und Suchtberater zu Risiken und Nebenwirkungen des Vorstoßes.
Soest – Cannabis ist die in Deutschland am häufigsten konsumierte illegale Droge. Noch. Wenn es nach der Ampel-Koalition geht, soll das Kiffen bald erlaubt sein.
Cannabis | Kerneudikotyledonen Rosiden |
Familie | Hanfgewächse |
Ursprung | ältesten Nutzpflanzen der Erde |
„Der Gesetzesentwurf ist noch nicht geschmeidig genug. So restriktiv wie er im Moment gestaltet ist, wird er keinen vom Sofa hervor holen“, sagt Dr. Heinz Ebbinghaus, Sprecher der Soester Ärzte. Mit der Cannabis-Legalisierung will Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach den Schwarzmarkt zurückdrängen und mehr Sicherheit für Konsumenten durch weniger Verunreinigung schaffen. So hatte die Ampel in ihrem Koalitionsvertrag festgelegt, die „Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu Genusszwecken in lizenzierten Geschäften“ einzuführen. „Das Vorhaben klingt smart“, sagt Ebbinghaus. Dass sich die Politik Gedanken macht, sei wichtig und richtig.
Cannabis-Legalisierung: Stetiger Konsum macht süchtig
Gute, wenn auch seltene Erfahrungen hat der Arzt bereits mit medizinischem Cannabis gesammelt – zum Beispiel bei Krebserkrankungen, in der Palliativ- oder Schmerzmedizin. Die Bürokratie bei der Verschreibung von Cannabis sei jedoch hoch. Aber: Die Dosierung erfolgt kontrolliert und je nach individuellem Bedarf.
Als Mediziner tue er sich - trotz wissenschaftlichem Touch des Vorhabens - schwer, mitzugehen. „Cannabis ist eine Droge, die Sucht und Abhängigkeit verursachen kann.“ So erhöhe stetiger Konsum das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Psychosen. Das Kiffen bzw. Rauchen gehe zudem auf Lunge und Bronchien. Studien hätten außerdem belegt, dass Cannabis-Konsumenten ein 70 Prozent höheres Risiko haben, an Hodenkrebs zu erkranken. Um eine Volllegalisierung von Cannabis handele es sich bei den Plänen der Ampelkoalition nicht. In dem Vorhaben stecke laut Ebbinghaus durchaus Musik drin. Doch noch sei etwas mehr Handarbeit nötig. „Es ist nicht davon auszugehen, dass eine Gesetzessäule vor 2024 in Kraft treten wird“, ist er sich sicher.
Cannabis-Legalisierung: Eltern stehen in der Sorgepflicht
Die Suchtberatungsstellen der Diakonie Ruhr-Hellweg e.V. im Kreis Soest tragen die Entscheidung der Bundesregierung zur Freigabe von Cannabis mit und befürwortet einen Verkauf nur an volljährige Personen. Weil Jugendliche die Risiken noch nicht vollumfänglich einschätzen können, stünden die Eltern in besonderer Sorgepflicht.

.„Cannabis ist nun einmal Rauschmittel. So wie Alkohol eben auch“, sagt Martin Weddeling vom Team der Suchtberatung. Im Jugendalter sei es schwierig, wenn das sich entwickelnde Gehirn Substanzen über einen längeren Zeitraum ausgesetzt werde. „Da haben wir schon ein bisschen Sorge“, sagt Weddeling.
Cannabis-Legalisierung: Schwarzmarkt zurückdrängen
Ein Vorteil der Legalisierung wäre, dass durch staatlich kontrollierte Abgabestellen der Schwarzmarkt unterbunden werden könnte und zugleich Gesundheitsschäden durch verunreinigte und gestreckte Produkte vermieden werden. Ein weiterer positiver Effekt ist, dass Cannabis-Nutzer entkriminalisiert würden.
Drei Pflanzen pro Person, maximal 25 Gramm Cannabis pro Tag und 50 Gramm pro Monat sollen abgegeben werden dürfen. Zu viel, findet das Team der Suchtberatung. „Das ist schon problematisch, würde ich sagen“, findet Beate Wolf-Ort. Hochgerechnet hieße das, dass über zwei Gramm täglich legal konsumiert werden könnten.
Cannabis-Legalisierung: Aufklärung und Prävention an Schulen gefordert
Schwerpunkt zum Thema sollten Aufklärung und Prävention sein, beispielsweise an Schulen. Dafür brauche es jedoch personelle Verstärkung in Form von Präventionsfachkräften, die finanziert werden müssten. „Das ist Arbeit, die wir hier nicht auch noch leisten könnten“, sagt Dagmar Albers.
195 Klienten haben kreisweit das freiwillige Beratungsangebot zum Cannabiskonsum genutzt, davon 36 Jugendliche „Für uns ist das dann jetzt auch eine neue Situation, dass die Legalisierung von Cannabis ansteht“, sagt Weddeling. Dem Vorstoß sehe man deswegen mit gemischten Gefühlen entgegen.
Es bleibe abzuwarten, inwiefern sich die Legalisierung auf die Beratungsarbeit auswirken wird. Fest steht: Das Angebot der Suchtberatungsstellen der Diakonie Ruhr-Hellweg ist freiwillig. Und jeder Klient und jede Klientin werde mit Anliegen und Problemen so genommen wie er/sie in die Beratungsstelle kommt - losgelöst davon, ob legal oder illegal konsumiert wurde.
Zwei-Säulen-Modell zu Cannabis
Der Kauf, Konsum und Anbau von Cannabis soll in begrenztem Umfang legalisiert werden. Ein Zwei-Säulen-Modell soll den Weg ebnen. In sogenannten Cannabis-Clubs, nicht gewinnorientierte Vereinigungen, können Mitglieder Cannabis anbauen und maximal 25g/Tag, 50g/Monat und 7 Samen bzw. 5 Stecklinge pro Monat erhalten. Die Clubs und die Abgabe unterliegen verschiedenen Rahmenbedingungen. Um kommerziellen Anbau in Angriff zu nehmen, dürfen Unternehmen die Produktion, den Vertrieb und die Abgabe von Cannabis in lizenzierten Fachgeschäften mit einem staatlich kontrollierten Rahmen vornehmen. Das Modell ist wissenschaftlich konzipiert, regional und zeitlich begrenzt.