Wesentliche Teile aus Autos zu entwenden, um sie zu Geld zu machen, erfordert ein bisschen Expertise: Dann kommt man an digitale Tachos, Multifunktionslenkräder, Navigationssysteme und andere hoch entwickelte Komponenten schnell und einfach heran. Und die genau deshalb auf dem schwarzen Markt hoch begehrt sind.
Ordentlich daran verdient haben sollen drei Litauer: Ihnen werden 55 Taten vorgeworfen, in denen sie aus Pkw nach dem Austricksen des Keyless-Go-Systems oder dem Einschlagen einer Scheibe unter anderem Scheinwerfer, Navigationsgeräte, digitale Tachoeinheiten und Lenkräder fachmännisch ausgebaut und gestohlen haben sollen – „bei günstiger Gelegenheit“, so heißt es in der Anklage, sogar gleich ganze Autos. Die Mehrzahl der angegangenen Fahrzeuge sind BMW, vereinzelt traf es auch mal einen Mercedes.
Die drei Angeklagten (23, 32 und 34 Jahre alt), sollen von Juli 2021 bis Juni 2022 eigens für die Diebeszüge, mit Bestelllisten aus Litauen ausgestattet, nach Deutschland eingereist sein und in von einem anderen Bandenmitglied angemieteten Räumlichkeiten gewohnt haben – um von dort zu den Taten „auszurücken“. Diese spielten sich fast in der gesamten Nordwesthälfte der Republik ab, mit Schwerpunkt in Ostwestfalen-Lippe und den benachbarten Kreisen.
In Soest schlugen die Automarder am 1. Juli 2022 zu, knackten zunächst einen BMW im Feldmühlenweg (7000 Euro Schaden) und klauten dann in der Nähe einen 60.000 Euro teuren 7er. Das aber wurde von der Besitzerin beobachtet, die die Polizei alarmierte. Während die Täter das Auto ein Stück weit entfernt stehen ließen, konnte eine Streife die Tatverdächtigen fassen, ließ sie aber nach kurzer Zeit wieder frei – was die Männer nutzten, um gleich in der nächsten Nacht in Olpe und Wenden zwei weitere Autos „auszuschlachten“. Der Gesamtschaden liegt der Anklageschrift zufolge bei mehr als einer halben Million Euro.
Der 34-Jährige soll als Haupttäter an allen Taten beteiligt gewesen sein, die beiden anderen Angeklagten jeweils an deutlich weniger Aufbrüchen. Zwei der Angeklagten wurden im Juli nach zwei Aufbrüchen in Lippstadt gefasst. In einer von dem 34- und dem 32-Jährigen genutzten Wohnung stellten die Ermittler eine Menge Diebesgut und Tatwerkzeuge sicher.
Auf die Spur der Täter war die Polizei durch eine Häufung von Fahrzeugaufbrüchen im Kreis Gütersloh gekommen. Für den Prozess sind zunächst drei weitere Verhandlungstage angesetzt, beim nächsten Termin will sich die Strafkammer mit der Staatsanwaltschaft und den Verteidigern zu einem Rechtsgespräch zusammensetzen: Vorsitzender Richter Carsten Wahlmann machte nach Anklageverlesung deutlich, dass dem Trio Haftstrafen zwischen drei und über fünf Jahren winken – falls die Männer bereit seien, Geständnisse abzulegen.