Nicht so ganz geschlossen
Baumärkte im Lockdown: so bekommt man jetzt trotzdem, was man in Haus und Garten braucht
Die Baumärkte sind im Corona-Lockdown geschlossen. Fast. Hinter den Türen flitzen Mitarbeiter mit Zetteln durch die Gänge und packen Einkaufswagen.
Soest - Baumärkte sind vom Corona-Lockdown stark betroffen: Sie mussten für normale Kunden schließen, nur Gewerbetreibende dürfen vor Ort kaufen. Wenn die Mitarbeiter der Baumärkte jetzt durch die Läden flitzen, begegnen sie also nur manchmal Kunden - mit Gewerbescheinen in der Tasche. Die Privatkunden können das zuvor georderte Material abholen. Vor der Tür. Das ist für die Mitarbeiter eine Beschäftigung. Ein großes Geschäft ist es nicht. (News zum Coronavirus im Kreis Soest)
Stadt | Soest |
Einwohner | 47.514 (31. Dez. 2019) |
Fläche | 85,81 Quadratkilometer |
Meike Risse geht mit einem Beleg durch den Hagebaumarkt. in Soest Sie tut gerade das, was sonst die Kunden tun: Ganz spezielle Artikel heraussuchen, auf der Liste abhaken und am Ende den Wagen mit Hammer, Nägeln, einem Abflussrohr und diversen Dichtungen zur Kasse bringen. Da stellt sie den Wagen neben vier weitere Bestellungen – und nimmt sich den nächsten Beleg. „Wir sind zu 80 Prozent unseres Umsatzes beraubt“, sagt Geschäftsführer Bernd Benthin.
Baumärkte im Corona-Lockdown: Online-Bestellungen sind möglich
Der Soester Markt der Torley-Gruppe sei im Wesentlichen auf Endkunden ausgerichtet. „Und die können jetzt nicht durch den Markt gehen.“ Zwar gebe es die Online-Bestellmöglichkeiten ebenso wie telefonische Beratung, „doch davon können wir nicht leben“. Die Konsequenz: Die Hälfte der Belegschaft sammelt Bestellungen ein oder bereitet das Frühlingssortiment vor. Die andere nimmt gerade Resturlaub oder feiert Überstunden ab.
Der Hagebaumarkt bietet trotz der Schließung das gesamte Sortiment an. Das Problem: Wer etwas braucht, muss genau wissen, was es ist. Das gilt auch für Spontan-Kunden. „Bei uns stehen immer wieder Menschen vor der Tür, denen zu Hause etwas kaputt gegangen ist. Dann laufen wir durch den Markt und suchen die passenden Ersatzteile heraus“, erläutert Benthin das komplizierte Verfahren. „Am liebsten würden wir Rollen unter unsere Regale machen und sie bis an die Türen schieben“, macht er einen nicht ganz ernst gemeinten Vorschlag, um den Kunden den Blick auf die Produkte zu ermöglichen.
Dass die Baumärkte für Privatkunden geschlossen bleiben müssen, dafür hat Benthin nur bedingt Verständnis. Natürlich gehe der Gesundheitsschutz vor. Doch wo die Gefahr in einem Baumarkt „mit seinen präzise umgesetzten Hygienekonzepten und hohen Hallendecken“ liegen soll, das könne er nicht sagen. In diesen Tagen durch den Markt zu gehen, das fühle sich eigenartig an. „Es ist wie vor einer Neueröffnung, wenn schon mal alles eingeräumt wird.“ Komisch sei es für viele Mitarbeiter, nicht das tun zu dürfen, was die Hauptaufgabe sei – nämlich die Kunden im Markt zu beraten.
„Die Soester nutzen immer mehr die Möglichkeit von ,Click & Collect‘, um die benötigten Materialien für ihr Selbermach-Vorhaben zu besorgen oder um sich mit Gas und Brennstoffen einzudecken“, sagt Daria Ezazi als Sprecherin des Soester Toom-Marktes. Das Personal arbeite in deutlich reduziertem Umfang. Ezazi: „Die meisten Mitarbeiter sind in Kurzarbeit. Es sind einige vor Ort, um den Betrieb zu gewährleisten.“ Dieser Betrieb, das sei der Verkauf an Gewerbetreibende ebenso wie die Vorbereitungen zum Abholen der Waren von Privatkunden. Zudem werde in Soest ein kostenloser Bringservice ab einem bestimmten Warenwert angeboten.
Die Türen der Baumärkte geschlossen – gibt es deshalb nun einen Ansturm auf die weiter geöffneten Raiffeisenmärkte? „Es ist sehr ruhig bei uns“, sagt Ramona Hackert als Marktleiterin des Soester Raiffeisen-Marktes. „Viele wissen gar nicht, dass wir auf haben.“ Zudem sei das Sortiment mit dem aus dem Baumarkt kaum vergleichbar. „Wir verkaufen viel Tierfutter“, weist sie auf den Schwerpunkt der Kundenwünsche hin.
Baumärkte im Lockdown: Raiffeisenmärkte haben geöffnet
Im Sortiment seien zudem unter anderen Tierzubehör, Gartengeräte oder Spielzeuge – und alles für den Garten. „Aber es ist keineswegs so wie im März, als die Leute uns hier die Hütte eingerannt haben.“ Ramona Hackert findet es „ein bisschen unfair“, dass andere Gewerbetreibende schließen müssen während ihr Markt auf bleibt. „Andere können die Hygienekonzepte genauso gut einhalten wie wir“, sagt sie. Und: „Es würde viel verloren gehen, wenn wir jetzt eine Reihe von Konkursen erleben.“