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Bauern fahren Rekord-Ernte ein, doch...

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Die gute Getreideernte lässt die Landwirte jubeln. Sorgenvoll blicken sie aber in die Zukunft.
Die gute Getreideernte lässt die Landwirte jubeln. Sorgenvoll blicken sie aber in die Zukunft.  © Peter Dahm

Anfang August: Alle Getreidefelder im Kreis Soest sind abgeerntet. Ungewöhnlich für diese Ernte war nicht nur der frühe Start, sondern auch der zügige Verlauf.

Kreis Soest/NRW – Der Vorsitzende des landwirtschaftlichen Kreisverbandes Soest, Josef Lehmenkühler, erklärt, dass das diesjährige Klima dabei eine tragende Rolle gespielt hat: Denn aufgrund der diesjährigen Trockenheit gab es für die Bauern keine regenbedingten Zwangspausen und das geerntete Getreide konnte schnell und trocken eingebracht werden. Stephan Eckey, der Vorsitzende des landwirtschaftlichen Ortsverbandes Werl, erklärt, dass auch in den vergangenen drei Jahren der „Hackemei“ (Ernteabschluss) immer relativ früh gewesen ist, aufgrund der Trockenheit, jedoch nie so früh wie in diesem Jahr.

„Der frühe Beginn der Ernte wurde durch den milden Winter vorangetrieben, der hat das zügige Wachstum der Pflanzen zugelassen“, bestätigt auch Carsten Risse, Vorsitzender des landwirtschaftlichen Ortsverbandes Welver. Dementsprechend konnten sich die Pflanzen im Frühjahr entwickeln und im sonnigen Juni bereits zur Ernte bereit sein. Doch nicht nur das Klima beeinflusste die diesjährige Ernte, auch die unterschiedlichen Bodenbeschaffenheiten wirkten sich auf den Erfolg aus. Vor allem Böden mit geringem Sandanteil und einem gut durchwurzelbaren Raum unter der Erdoberfläche konnten den Regen aus dem Frühjahr gut speichern – auf Grundlage dessen konnten die Pflanzen gute Erträge hervorbringen. Dadurch hat die Trockenheit im Sommer der Getreideernte nicht geschadet, da die Ertragsbildung hauptsächlich im Frühjahr stattfindet.

Kreis Soest: Bauern fahren Rekord-Ernte ein, aber...

Bestätigen kann dies auch Stephan Eckey: „Entgegen der ursprünglichen Erwartung wurden sehr gute, teils rekordverdächtige Ernten eingefahren. Besonders die Gerstenernte war erfolgreich und hat „Rekorderträge eingebracht“. Aber auch der eigentlich empfindlichere Weizen ist sehr gut ausgefallen. Einzig für noch auf dem Feld stehende Pflanzen wie Gemüse, Kartoffeln, Mais oder Zuckerrüben könnte die Trockenheit fatal enden, denn diese benötigen nun dringend Wasser.

Davon ausgenommen ist die Apfelernte, die in diesem Jahr ebenfalls früh begonnen hat. Die Ernte der lagerfähigen Sorten läuft zwar noch, doch es wird erwartet, dass die Qualitäten und Erträge so wie bei den frühen Sorten gut ausfallen. Auffällig an diesem Erntejahr sei zudem, dass dem Brotweizen in vielen Fällen die Backqualität fehlt. Backqualität zeichne sich dadurch aus, dass der Weizen einen gewissen Eiweißanteil benötige, damit Brot und Brötchen locker und feinporig werden. Ursache für die fehlende Qualität ist vermutlich die reduzierte Düngung der Bauern in Folge der gestiegenen Gaspreise.

„Wer sich an seinen Chemieunterricht erinnert, der weiß, dass der im Dünger enthaltene Stickstoff Bestandteil der Aminosäuren und damit des Eiweiß ist“, erklärt Josef Lehmenkühler. Das bedeutet, dass wenn dem Weizen weniger Dünger zugeführt wird, der Eiweißanteil geringer wird und die Backqualität abnimmt. In anderen Regionen Deutschlands versuchen manche Bauern nun eine zweite Sommerernte zu veranlassen, im Kreis Soest sei das jedoch kein Thema, denn: „Aufgrund des sehr frühen Erntetermins wäre die Saat einer Sommergerste zwar theoretisch möglich, aber mit einem sehr hohen Risiko verbunden“, erläutert Stephan Eckey. - Merle Hebinck

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