Dagegen erscheinen die reinen Kostensteigerungen aus Verwaltung-Perspektive noch als das kleinere Übel. Zumindest aus Sicht der Stadt als kommunale Bauherrin lasse sich das zurzeit noch ganz gut darstellen, erklärt der Fachbereichsleiter: „Wir arbeiten im Haushalt mit großen Budgets, da lässt sich vieles verschieben.“ Bei den Haushaltsberatungen sind die einzelnen Projekte noch nicht spitz auf Knopf gerechnet, Verschiebungen sind üblich. „Man geht von einer Projektunsicherheit von 35 Prozent aus“, rechnet Abel vor. Das Raumprogramm liege zunächst nur in groben Zügen vor, Nachschärfungen erfolgten in den laufenden Phasen. So verschaffen sich die Stadtplaner Luft. Beispiel Petrischule: Hier lagen die Mehrkosten bei rund 350 000 Euro, das entspricht etwa 10 Prozent bei einem Budget von 3 Millionen. Innerhalb der Budgets also können Kosten umgeschichtet werden. Reicht das nicht, dann muss sich die Politik mit den Preissteigerungen befassen und einen Nachschlag genehmigen.
Wilfried Bastert ist Geschäftsführer des Sauerländer Straßenfbauunternehmens Meyer-Tochtrop. In Soest baut die Firma gerade das Ulrichertor um und die WLE-Radtrasse neu. Für Letzteres gibt es zwei Kostenträger, denn die Stadt lässt Arbeiten im Auftrag von Straßen-NRW mit ausführen. Bastert sieht die Situation alles andere als gelassen. Er nennt die Lage „nie dagewesen. Und ein Ende ist nicht in Sicht.“ Dabei bescheinigt der Bauingenieur der Stadt Soest Entgegenkommen, das nicht selbstverständlich sei. Beim Landesbetrieb werde strikt nach Vorschrift gehandelt, Spielräume würden kaum genutzt. Das handhabten viele Kommunen besser, sagt er.
Dabei gibt es angesichts der ungeheuren Preissteigerungen für Land und Bund sogar einen Erlass, der die Verantwortlichen in die Lage versetzen soll, auf Nachträge und höhere Preisforderungen der Bauunternehmen zu reagieren. Den Kommunen wird so ein Vorgehen dagegen nur empfohlen. „Aber der Erlass lässt auch nur einen engen Spielraum zu, zugrunde liegt die gesamte Auftragssumme. Der Nachweis eines Entzugs der Geschäftsgrundlage ist schwer zu führen.“ Ob Preisanpassungen überhaupt in Frage kommen, wird vorbehaltlich einer Einzelfallprüfung entschieden.
Dabei ist allein der Kostenanstieg beim Diesel schon so massiv, dass es die Bauunternehmen in Schwierigkeiten bringt: „Vor einem Jahr kostete der Diesel 1,20 Euro, jetzt über 2 Euro. Das ist ein Anstieg von 80 Prozent“, sagt Wilfried Bastert. „Wir hatten bisher durchschnittliche Kosten für Diesel von 300- bis 400 000 Euro jedes Jahr.“ Darüber hinaus seien die Asphaltpreise explodiert, der allgemeine Baupreisindex gehe durch die Decke. Dazu kommen die Lieferschwierigkeiten: „Manchmal kriegen Sie einfach nix.“ Da spielt die Bereitschaft, hohe Preise zu zahlen, keine Rolle mehr. Auf Material warten: Auch das kostet Geld.
Der Schwarze Peter liegt also zurzeit bei den ausführenden Unternehmen. Das allerdings könnte sich absehbar ändern, denn die Kommunen werden bei der Budgetierung neuer Projekte nun immer mehr drauflegen müssen. Bastert: „Was bisher 1 Million gekostet hat, das kostet bald vielleicht 1,5, vielleicht sogar 1,7 Millionen.“ Ohne Preisgleitklauseln wird es in den Ausschreibungen bald fast nichts mehr gehen, und das wird unweigerlich eine Herausforderung für die Planungsabteilungen in den Rat- und Kreishäusern werden. Cordula Pfannschmidt, Abteilungsleiterin Immobilien beim Kreis Soest, hat gerade die Politik im Kreistag über Kostensteigerungen beim Neubau der Peter-Härtling-Schule informiert. Ins Detail dürfe sie aus vergaberechtlichen Gründen nicht gehen. Ganz allgemein sei aber inzwischen von Steigerungen im Bereich von 15 Prozent, aufs Jahr gesehen, auszugehen, zuletzt war von 10 Prozent die Rede gewesen. „Es ist gar keine Frage, dass wir die Steigerungen in Kauf nehmen müssen.“ Gleichwohl sei der Kreis an das Vergaberecht gebunden.
Für kommunale Bauherren ist es ein Abwägen: Sie zahlen mit Steuergeld, müssen also haushalten. Gleichzeitig müssen Projekte auch fertig werden – auch das darf der Steuerzahler erwarten. „Um das Beispiel Peter-Härtling-Schule noch einmal aufzugreifen: Die Förderschule muss ja nicht ohne Grund erweitert werden.“ Und dann ist da noch eine gewisse Verantwortung der öffentlichen Hand gegenüber den Betrieben, die von den Aufträgen leben. Ein Dilemma. Was noch auf die Kommunen zukomme, das lasse sich bei den Verträgen über Strom und Gas bereits ablesen, merkt Pfannschmidt an. Ein gutes Omen ist das bei weitem nicht.