Abitur-Prüfung fällt aus: Download-Debakel erzürnt Schüler und Lehrer

Die Stifte sortiert, die Klausurbögen bereit, und dann das: Weil die Daten für die naturwissenschaftlichen Abi-Klausuren am Dienstag nicht herunter geladen werden konnten, mussten die für Mittwoch vorgesehenen Klausurtermine verschoben werden. Verständlich, dass Lehrer und Schüler im Kreis Soest wegen dieses peinlichen Vorfalls stinksauer sind. Der Daten-Download am Mittwoch scheint nach ersten Erfahrungen jedoch zu klappen.
„Das ist ein Hammer“, erklärt Martin Fischer, der Direktor des Aldegrever-Gymnasiums. „Es muss eigentlich immer einen Plan B geben, das war hier nicht der Fall.“ Bis vor einigen Jahren seien die Klausuraufgaben immer per Post zugeschickt worden und kamen dann in den Tresor. Das Verfahren habe jedenfalls immer geklappt, so Fischer.
Schulleiterin Armgard Steinbrück von der INI-Gesamtschule in Bad Sassendorf findet ebenfalls deutliche Worte: „Das ist ein unglaublicher Vorfall.“ Besonders erzürnt zeigte sich Steinbrück zudem über die schlechte Kommunikation seitens des Schulministeriums. Einige der Dienstmails bewertet Steinbrück gar als Unverschämtheit. Die Art der Kommunikation seitens des Schulministeriums bemängelt auch Schulleiter Andreas Heihoff vom Conrad-von-Soest-Gymnasium, zugleich Sprecher der Soester Schulen. Über die Verschiebung der Klausurtermine hätte zügiger informieren müssen. Immerhin müssten die Fachlehrer nach dem Eintreffen der Aufgaben noch eine Menge Vorbereitungen treffen.
Martin Fischer beurteilt den Stil etwas zurückhaltender. „Die Mails aus dem Ministerium sind immer sehr nüchtern und empathielos.“ Ein ordentliches Maß an Empathie hätten aber gerade die betroffenen Abiturienten angesichts der Lage verdient. Die Lehrer müssten dies nun ausgleichen. Speziell vor der ersten Abi-Klausur seien die Abiturienten verständlicherweise besonders nervös. Danach lasse die Anspannung etwas nach. „Wir werden uns nun etwas einfallen lassen, um die Schüler mitzunehmen“, berichtet Fischer. Entspannter ist die Lage an der Lippetal-Schule, wo im Fach Biologie nur fünf Schüler aus dem Leistungs- und dem Grundkurs betroffen waren, wie Schulleiter Volker Wendland berichtet.
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Besonders ärgerlich war den betreffenden Schulen zufolge, dass sie vom Schulministerium den ganzen Nachmittag hinweg wiederholt vertröstet wurden, erst gegen 20.30 Uhr sei dann die Mitteilung eingetrudelt, dass es mit dem Download der Arbeiten am Dienstag nicht mehr klappen werde. Anschließend mussten in den Schulen noch die entsprechenden Informationen verbreitet werden. So konnten Armgard Steinbrück von der INI-Gesamtschule mitsamt Oberstufenkoordinatorin und die Sekretärin erst nach 21 Uhr den Heimweg antreten. Ähnlich erging es den Lehrern der anderen Schulen.
Die Begleitumstände des technischen Debakels sind jedenfalls bemerkenswert genug. Erstmals sollte der Download der Daten für die landesweit einheitlichen Abi-Klausuren erst nach einer so genannten Zwei-Faktor-Authentifizierung erfolgen. Diese doppelte Absicherung hat, wie Steinbrück und Fischer vermuten, jedoch nicht funktioniert. Ähnliches berichtet Volker Wendland, trotz der andauernd wiederholten Versuche habe es die ganze Zeit die Fehlermeldung gegeben, dass der Server nicht erreichbar sei. Die IT-Experten arbeiteten demnach fieberhaft aber ohne Erfolg an einer Lösung.
Ebenso bemerkenswert ist der Umstand, dass es bei Gymnasien in Geseke oder Menden mit dem Download der Aufgaben am Dienstag geklappt hat. Auch ein Gymnasium aus Lippstadt gehört dazu, und über diese Schule hatte sich auch die Lippetal-Schule die Aufgaben am Dienstag besorgt, indem ein Kollege nach Lippstadt fuhr. In Lippetal hätten die Klausuren also stattfinden können, aber das hätte die Regelungen des landesweiten Zentralabiturs gesprengt.
Anzeiger live dabei: Am Mittwoch klappt der Download
Am Mittwochvormittag steigt die Nervosität in den Schulen: Ab 12 Uhr soll der Datendownload für die sozialwissenschaftlichen Fächer bereit stehen, die Klausen sind für den Donnerstag terminiert. Volker Wendland, der Leiter der Lippetal-Schule, versucht es während eines Telefonats mit dieser Zeitung direkt um 12 Uhr. „Es wird Sie nicht überraschen, das Kennwort kenne ich inzwischen auswendig“, sagt er launig. Dann, wenige Sekunden später: „Ich kann es downloaden.“ Es sieht am Mittwochmittag also so aus, dass dieses Mal die Aufgaben zur Verfügung gestellt werden können. Dass der Download der Aufgaben wohl landesweit reibungslos geklappt hat, bestätigt Schulleiter Andreas Heihoff: „Jetzt laufen die Dinge.“
Die Aufgaben für die naturwissenschaftlichen Fächer sollen am Donnerstag bereit gestellt werden. Ein Termin, dem Wendland jedenfalls entspannt entgegen sieht: „Ich habe die Aufgaben ja schon.“ Die naturwissenschaftlichen Klausuren werden gemäß Planung landesweit am Freitag geschrieben. Mit Blick auf das muslimische Zuckerfest am Freitag sollten eigentlich keine Klausuren anberaumt werden. Muslimische Schüler müssen sich nun umstellen. Wendland bewertete die Terminierung gleichwohl als nachvollziehbar und verständlich.
Probleme könnte es aber noch aus einem anderen Grund geben. Denn im Bahnverkehr wurden für Freitag Warnstreiks angekündigt. Einige Schüler hätten deshalb bereits besorgt nachgefragt, sagt Schulleiter Fischer. Aber es helfe nichts: Die Schüler müssten selbst sehen, dass sie auf jeden Fall pünktlich zum Klausurtermin in der Schule sind.
Nicht betroffen von den technischen Problemen waren die Berufskollegs, die jeweils ihre eigenen Abituraufgaben herunterladen. „Bei uns haben die Downloads geklappt“, berichtet Hubertus Gosmann, der stellvertretende Schulleiter des Hubertus-Schwartz-Berufskollegs in Soest. Darüber hinaus würden die Klausuren an den Berufskollegs immer jeweils um einen Tag versetzt geschrieben.