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Neue Corona-Regeln: 2G-plus erwischt Fitnessstudios im Kreis Soest kalt

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Von: Klaus Bunte

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Timo Hölscher vom Fitnessstudio „V8“ an einer Hantelstange.
Timo Hölscher vom Fitnessstudio „V8“ macht sich Sorgen um die Anmeldezahlen. © Schröder, Daniel

Die Verschärfung der Coronaschutzverordnung trifft die Fitnessstudios. Trainieren darf hier nur noch, wer geimpft oder genesen und getestet ist. Die Studiobetreiber stoßen auf Verständnis. Einerseits.

Soest – Im Injoy haben die Mitarbeiter gut zu tun. „Es gibt schon Erklärungsbedarf“, sagt Christoph Mielke, Geschäftsführer des Fitnessstudios am Elfser Weg. Seit Dienstag ist der Einlass nur noch mit aktuellem Corona-Test erlaubt – selbst für dreifach Geimpfte. „Als ich heute Morgen herkam, fragte ich mich auch, was mich erwarten wird. Aber alle haben Verständnis, der überwiegende Teil war darauf vorbereitet, dass man ab heute nur noch mit Test rein darf, andere fahren dann rasch los und besorgen sich einen. Man sieht: Das Training ist ihnen sehr wichtig.“

Ähnlich ist die Lage im V8 am Rigaring, berichtet Studioleiter Timo Hölscher. „Kurz vorm Explodieren“ steht hingegen Mike Hölzel, Geschäftsführer des „Rehaktiv“-Gesundheitsstudios in Bad Sassendorf, angesichts der vielen Diskussionen am Eingang. „Zum Beispiel mit einem durchgeimpften Selbstständigen, der mir sagte, dass er sich nicht traut, sich testen zu lassen, aus Angst vor einem positiven Ergebnis, durch das er dann selbst bei völliger Freiheit von Symptomen zwei Wochen nicht arbeiten kann. Und seien wir ehrlich: Sich testen lassen, um eine Stunde lang Sport zu treiben – wer macht das denn schon?“ Diese Corona-Regeln gelten aktuell im Kreis Soest.

Ins Fitnessstudio nur noch mit Test: Ältere haben Problem mit Schnelltests

Ein Problem sei dies gerade für viele ältere Mitglieder. Schließlich liege der Fokus in einem Studio wie dem Injoy darauf, die Gesundheit zu fördern. Und gerade ältere Menschen hätten so aus zweierlei Gründen ihre Probleme damit, wenn sie vor dem Training erst noch in eine Teststelle müssen. Mielke: „Gerade für jene, die nicht mehr mobil unterwegs sind, sondern nur noch zu Fuß oder mit den öffentlichen Verkehrsmitteln, ist das eine Hürde. Eine weitere ist es, wenn die Tests per E-Mail zugestellt werden, jemand aber weder Mail noch Smartphone nutzt.“ Obendrein läuft auch vielerorts die Buchung der Termine online.

Ralf Wischnewski, Geschäftsführer des EHS-Testzentrums, das unlängst vom Pfadfinderheim am Teinenkamp an den Overweg im Industriegebiet Süd-Ost wechselte, signalisiert: „Natürlich stellen wir das Testergebnis auf Wunsch auch schriftlich aus. Auch eine telefonische Anmeldung ist möglich.“ Darauf weist er zwar auch auf seiner Homepage hin – aber wer das Internet nicht nutzt, findet diesen Hinweis nicht ohne Weiteres. Der Drive-in auf dem Plange-Platz dagegen verweist online darauf, dass jeder ein eigenes Smartphone braucht, weil der Vorgang komplett digitalisiert ist.

Testpflicht im Fitnessstudio: Beschwerden im Lockdown verschärft

Dabei seien es gerade die Älteren, die das Training benötigen, erklärt Christoph Mielke: „Mir haben schon viele bestätigt, dass die Beschwerden, die sie durch den Sport in den Griff bekamen, sich im langen Lockdown wieder verschärft hatten. Für die ist die Situation wirklich schwer.“ Im Rehaktiv liegt das Durchschnittsalter schon allein deshalb recht hoch, weil es in Bad Sassendorf liegt – die Gemeinde gilt als älteste im Land. „Da ist das Verständnis dafür, einen Test vorlegen zu müssen, obwohl man geboostert ist, noch nicht zu hundert Prozent angekommen“, hat Hölzel feststellen müssen. Im V8 ist der Durchschnitt etwas niedriger, „gut gemischt“, meint Hölscher. „Man merkt schon, dass gerade von den älteren Leuten weniger da sind. Viele kommen sonst früh morgens, vermutlich haben sie einfach keine Lust, sich vorher oder am Abend zuvor noch einen Test zu organisieren.“

Insofern ist es an den Mitarbeitern, den Mitgliedern mitzuteilen, wie sie am leichtesten an ihre tagesaktuellen Tests kommen, und diese dann zu kontrollieren, während der Impfstatus sich dauerhaft im System festhalten ließ. Zusätzliche Mehrarbeit, die recht plötzlich kam: „Die neue Regelung wurde sehr überraschend erst am 23. Dezember kommuniziert und ließ viele Fragen offen. Danach verabschiedeten sich die Verantwortlichen bei der Landesregierung und bei den Ordnungsämtern in den Weihnachtsurlaub. Es war kaum möglich, Antworten zu bekommen. Wir haben zum Glück alles so interpretiert, wie es uns von unserem Verband und unseren Anwälten bestätigt wurde. Das hat uns alle kalt erwischt“, ist sich Mielke mit Hölzel einig: „Das war während der ganzen Pandemie schon so. Wenn man Nachfragen zur Umsetzung hat, erreicht man niemanden. Die Leute sind entweder nicht da, haben keine Ahnung oder – und davon gehe ich in der Mehrzahl aus – einfach überlastet. Man muss selber schauen, wie man die Vorgaben umsetzt.“ In diesem Fall sei es zudem ein „Alleingang“ dreier Bundesländer, dass selbst dreifach Geimpfte sich testen lassen müssen, sodass die Studios in der übrigen Republik im Vorteil seien.

Testpflicht im Fitnessstudio: Besucherzahlen gehen zurück - ausgerechnet in der Zeit der Vorsätze

Die erschwerten Umstände sorgen auch für nachlassende Besucherzahlen – eigentlich ideal für jene, die dennoch trainieren wollen. Solange die Mitglieder sich nicht abmelden und weiterhin zahlen, wirkt sich das für die Betreiber nicht finanziell aus. Aber jetzt ist die Zeit, in der sich viele Menschen aufgrund guter Vorsätze fürs neue Jahr anmelden. „Aktuell ist es noch schwer abzusehen“, sagt Hölscher, „aber ich denke, wenn es nur 2G wäre, würden sich vermutlich mehr anmelden, da sie ja ohnehin geimpft sind.“

Mike Hölzel dagegen sieht schwarz für die Branche: „2019 war unser stärkstes Jahr. 2021, mit acht Monaten Lockdown, war total tote Hose, und jetzt wird uns dieses Geschäft zu Jahresanfang wieder komplett wegbrechen.“ Dabei sei es einfach nicht in Ordnung, wenn man im Fitnessstudio einen Test vorweisen muss, in der Kneipe aber ein Impfnachweis reicht, „um sich volllaufen zu lassen oder gar noch mit jemandem anzubandeln“, so Hölzel weiter. „Die Entscheidungen sind völlig realitätsfern. Man weiß beim Land gar nicht, was es bedeutet, so ein Studio zu führen. Man kann nicht einfach vier Wochen mal schließen. Viele von uns werden so langsam dahin kommen, dass es für sie sehr unbequem wird.“

Die Coronaschutzverordnung regelt auch den Besuch von Kulturveranstaltungen neu. Thomas Wachtendorf vom Bürgerzentrum Alter Schlachthof erklärt, was das bedeutet.

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