1. Soester Anzeiger
  2. Lokales
  3. Möhnesee

Wie man im Wald zur Ruhe kommt

Erstellt:

Von: Astrid Gunnemann

Kommentare

Die zertifizierte Waldpädagogin Nicola Rätsch zeigt, welche positive Wirkung der Wald für die Stressbewältigung hat.
Die zertifizierte Waldpädagogin Nicola Rätsch zeigt, welche positive Wirkung der Wald für die Stressbewältigung hat. © Gunnemann

Nicola Rätsch bietet Kurse zur Stressbewältigung in der Natur an

Möhnesee – Immer mehr Menschen fühlen sich im Job gestresst, zum Beispiel durch Arbeitsverdichtung, oder sie sind durch familiäre und persönliche Gründe unter Druck. Burnout oder Depressionen können die Folge von zu viel Stress sein. Diesem möchte Nicola Rätsch vorbeugen. Sie bietet Kurse zum Thema „Waldökologie und Gesundheit“ für Kinder, Jugendliche und Erwachsene von Seiten des Landschaftsinformationszentrums (Liz) in Günne an.

Schon zehn Minuten in der Natur – egal ob Wald, Wiese oder Park – würden Stress vermindern und Stimmung und Konzentration verbessern. Eine Studie aus Japan zeige, dass sich nach einem zweistündigen Spaziergang im Wald die Menge an Stresshormonen im Blut deutlich reduziere und Blutdruck und Puls sinken.

Die meisten Studien über die Heilkraft des Waldes stammen aus Japan. Hier sei das „Shinrin Yoku“ – zu deutsch: Waldbaden – ein medizinisch anerkanntes Verfahren zur Vorbeugung und begleitenden Behandlung vieler Krankheiten, berichtet Nicola Rätsch.

Überall in Japan gebe es Heilwälder mit angeschlossenen Therapiezentren. „Wald hält gesund“, nach diesem Motto führt Nicola Rätsch ihre Aktionen im Wald durch. Dabei biete der Wald viele gesundheitsfördernde Ressourcen, er sei ein Erlebnis- und Bewegungsraum, fordere und fördere die Sinneswahrnehmung und diene als Entspannungs- und Erholungsraum.

Den Wald könne man mit allen Sinnen begreifen und erfassen: hören, sehen, fühlen, riechen, schmecken, sagt die zertifizierte Waldpädagogin, die seit 2018 im Liz arbeitet.

Einmal im Jahr, in diesem Jahr am 6. Mai, bietet Nicola Rätsch den Kurs „Waldbaden im Bibertal“ für Einzelpersonen an. Sie weiß, dass Bäume und Pflanzen bestimmte Stoffe absondern, unter anderem Terpene. „Atmen wir diese bei einem Aufenthalt im Wald ein, stimuliert das unser Immunsystem“, sagt Rätsch. Auch das hätten japanische Studien bewiesen.

Sie ermuntert die Teilnehmer, die Umgebung mit allen Sinnen wahrzunehmen und auch die Rinde des Baumes zu ertasten. „Auch im Sommer strahlt der Baum Kühle ab.“ Beim „Waldbaden“ komme man innerlich zur Ruhe.

Unter dem Thema des Liz „Waldökologie und Gesundheit“ führt Nicola Rätsch auch den Kurs „Der Arnsberger Wald wirkt“ an. „Warum uns der Wald guttut, wird in dieser Aktion erlebt“. Die rund zweistündige Tour besteht aus verschiedenen Programmpunkten und geht gleichzeitig in Richtung Bewegung und Entspannung. Startpunkt zu dieser Runde ist immer der Parkplatz an der Günner Hude.

„Der Arnsberger Wald wirkt“ ist im Jahresprogramm des Liz ausgewiesen und ein fester Bestandteil des Programms. Es können sich Einzelpersonen anmelden, aber auch Gruppen einen Wunschtermin buchen. Kürzlich zeigt die Waldpädagogin auch einer Seniorengruppe aus dem Heinrich-Lübke-Haus die Geheimnisse des Arnsberger Waldes.

Zur Bewegung gehört auch, Verspannungen zu lösen, auch ein Bewegungsparcours wird aus Waldmaterialien aufgebaut. Ein anderer Teil des Programm sieht vor, sich an einen Baum zu lehnen. Die Rinden von Buchen oder Eichen werden ertastet, zum Teil auch mit verbundenen Augen. Später versuchen die Teilnehmer dann, „ihren“ Baum wiederzufinden.

„Die Menschen reagieren ganz unterschiedlich, einige fühlen eine Verbindung zum Baum, andere nicht.“ Wenn es trocken ist, legen sich die Teilnehmer auch auf den Rücken und schauen auf Baumwipfel und Himmel.

Beim „Spiegelgang“ sehe man den Wald ganz neu: Zwei Personen erhalten einen Spiegel, einer führt den anderen, der sich den kleinen Handspiegel vor die Nase hält und so Bäume, Äste und Himmel im Spiegel sieht – eine ganz neue Erfahrung und ein Perspektivwechsel, erklärt Nicola Rätsch. So ein Perspektivwechsel könne auch bei Problemen im Alltag eine Anregung sein, die Dinge mal von einer anderen Seite zu betrachten, sagt die Waldpädagogin. Die Bildung von Zweier-Teams sei nicht zuletzt auch ein Vertrauen schaffender Ansatz.

Rätsch regt an, sich beim Waldgang auf eine Sache zu konzentrieren und diese ganz bewusst und langsam zu tun – etwa kauen, schmecken, riechen, gehen. So könne man zur Ruhe kommen und Achtsamkeit erlernen, die auch ein wichtiger Baustein zur Stressbewältigung sei.

Auch die Kreativität kommt bei Nicola Rätsch bei den Besuchen im Wald nicht zu kurz: Bei Land-Art-Aktionen gestalten die Teilnehmer ein eigenes Kunstwerk, bestehend aus den Materialien, die sie im Wald finden: Aus Stöcken, Moos und Steinen entstehen Naturkunstwerke, die dort im Wald bleiben.

Wichtig ist der Waldpädagogin, dass die Teilnehmer ihrer Kurse die erworbenen Kenntnisse mit in den Alltag integrieren. Das heißt, innehalten, in sich hineinhorchen, achtsam mit sich umgehen. Nur so könne Stressbewältigung nachhaltig möglich sein.

Auch interessant

Kommentare