Dauercamper wollen Kündigung nicht hinnehmen

„Campen am Möhnesee im Einklang mit der Natur“: Mit diesem Slogan empfängt der Campingplatz Delecke-Süd die Besucher auf seiner Internetseite. Für einige Dauercamper ist es mit Seeblick und mit dem Einklang mit der Natur allerdings wohl vorbei. Ihre Standplätze wurden gekündigt.
Möhnesee – Den Dauercampern sei auf Nachfrage mitgeteilt worden, dass durch eine Umstrukturierung der Anlage im Uferbereich mehr Standplätze für Wohnmobile und Touristen mit Wohnwagen geschaffen werden sollen, berichten Hans-Georg Kasper, der am Dienstag (3. Mai) seine Kündigung erhielt, sowie Andrea Deimen und Herrmann Moch. Mindestens 20 bis 30 Wohnwagenplätze seien betroffen. So etwa der von Ekkehard Kohfeld, der sein Domizil auf dem Campingplatz 2015 übernommen hat und dort, weil er es sich mit seiner schmalen Rente nicht mehr leisten könne, ganz offiziell und anerkannt mit Erstwohnsitz gemeldet sei. Ihm drohe die Obdachlosigkeit, sagt Kohfeld. Ein anderer Dauercamper, berichtet Kasper, habe erst vor etwa zwei Jahren für rund 18 000 Euro einen Stellplatz übernommen, nun müsse er den Standplatz besenrein übergeben, der wirtschaftliche Schaden sei enorm.

Eckhard Urban, der Pächter des Platzes, bestätigt, dass auf der Anlage eine Umstrukturierung vorgenommen werde. Demnach sollen 20 bis 25 Touristenplätze für Wohnmobile und Wohnwagen geschaffen werden. „Der Grund für die Maßnahme ist ganz einfach: Weil ich Geld verdienen muss“, sagt Urban. Ein Dauercamper zahle pro Jahr etwa 1 200 Euro Pacht, auf Touristenplätzen sei das Vierfache an Umsatz möglich, Anfragen gebe es genug. Außerdem würden Touristen im Kiosk mehr Frequenz bringen, während Dauercamper alles selbst mitbringen. Erforderlich sei die Umsatzsteigerung, um seine Mitarbeiter und die erheblich steigenden Fixkosten bezahlen zu können. Allein Gas koste inzwischen das Dreifache.
Urban widerspricht der Behauptung, es seien 20 bis 30 Dauercamper betroffen. Nach seiner Auskunft sind sechs Plätze zu räumen. Ein Dauercamper sei bereits abgezogen, einer werde umziehen, einer habe von vornherein nur einen befristeten Vertrag bis Ende 2023. Den anderen Dauercampern seien neue Standplätze angeboten worden, dies sei aber ausgeschlagen worden. Überdies habe Kohfeld nach der Kündigung zwei Jahre Zeit gehabt, einen neuen Platz zu finden.
Das Argument der Dauercamper, ein Umzug sei mit den Wohnwagen nicht möglich, weil diese seit vielen Jahren nicht bewegt wurden, lässt Urban nicht gelten. Es gebe die grundlegende vertragliche Regelung, dass die Wohnwagen bewegungsfähig bleiben müssen. Zugestanden werde nur, dass sie keinen TÜV haben müssen.
Mutmaßungen der Dauercamper, der Pächter bereite mit den Maßnahmen möglicherweise das Feld für Investoren, wies Urban ebenfalls zurück. Er sei Unternehmer, deshalb gebe es für ihn keine Rente. Der aktuelle Vertrag mit der Wirtschafts- und Tourismus GmbH laufe bis 2024 und solle dann um zehn Jahre verlängert werden. Zudem sei vereinbart, dass sein Sohn den Platz übernehme.

Martina Wulf von der WiTo bestätigt, dass auf dem Campingplatz am Südufer eine Umstrukturierung geplant sei. Ansonsten verweist sie auf den Pächter: „Grundsätzlich obliegt Herrn Urban als Pächter des Campingplatzes die vertragliche Gestaltung mit seinen Mietern. Die Wirtschafts- und Tourismus GmbH Möhnesee hat somit keinen Einfluss. Herr Urban trägt als Betreiber des Campingplatzes das wirtschaftliche Risiko, und es ist in seinem Interesse, den Platz wirtschaftlich zu führen.“
Die Dauercamper, denen gekündigt wurde, sehen die Gemeinde und die WiTo als deren Tochter-Gesellschaft und Verpächterin der Anlage sehr wohl in der Pflicht. Die Standplatzmieter müssten Klarheit haben, wie es um ihre Zukunft auf dem Campingplatz stehe. Ihr Aktionskreis „Rettet den Campingplatz Delecke-Südufer für die Familien“ fordert deshalb ein Gesprächsforum mit Beteiligung der Bürgermeisterin, der politischen Parteien, der Touristik und allen Interessierten und Betroffenen.
Ferner müssten alle Kündigungen zurückgenommen, neue Kündigungen dürften erst nach Klärung der Lage ausgesprochen werden. Die Rechte auf den Erstwohnsitz müssten bestehen bleiben, betreffende Platzmieter dürften nicht vertrieben werden. Entschädigungsmodelle müssten angesichts der Diskrepanz der betroffenen Plätze vorgestellt werden.
Auch der Ruhrverband müsse einbezogen werden und zum Beispiel den Umgang mit den auftretenden Wildgänsen offenlegen. Die Gänse seien für Verunreinigungen verantwortlich und nachts oft Verursacher ungeheuren Lärms, weswegen etliche Campingplatzbesucher nicht mehr zu kommen gedenken, so der Aktionskreis.
Dauercamper oder Touristen
Dauercamper bedeuten immerhin fest kalkulierbare jährliche Einnahmen. Zur Frage, ob ein vierfacher Umsatz durch touristische Camper plausibel ist, erklärt Pressesprecher Leo Ingenlath vom Bundesverband der Campingwirtschaft in Deutschland, hier Landesverband NRW: „Im Regelfall werden auf touristisch genutzten Standplätzen höhere Umsätze generiert; allerdings ist Umsatz nicht Gewinn.“ Dass nach der Umwandlung zu touristischen Standplätzen etwa der vierfache Umsatz erbracht werde, könne man pauschal nicht formulieren. Hier zähle auch die Lage. „Dauercamping“, so Ingenlath, „erlebte bis vor einigen Jahren einen Negativtrend, das heißt, auf vielen Dauercampingplätzen waren Standplätze frei und nicht vermietet. Touristisches Camping hingegen erlebte eine verstärkte Nachfrage; von daher gibt es viele Campinganlagen, die sich daraufhin umstellten und die Standplätze veränderten.“