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Über die Hälfte kaputt: Sofortprogramm soll den Wald für die Zukunft stärken

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Von: Vanessa Moesch

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Der Borkenkäfer (links oben), Waldbrände (oben rechts), Totholz (unten links) und jede Menge Brachflächen: Der Wald hat in den letzten Jahren viel gelitten. Mit einem 5-Punkte-Sofortprogramm sollen Waldbesitzer bei der Wiederaufforstung unterstützt werden.
Der Borkenkäfer (links oben), Waldbrände (oben rechts), Totholz (unten links) und jede Menge Brachflächen: Der Wald hat in den letzten Jahren viel gelitten. Mit einem 5-Punkte-Sofortprogramm sollen Waldbesitzer bei der Wiederaufforstung unterstützt werden. © Dahm

Das Land NRW stellt den 5-Punkte-Plan vor für die Wälder vor. Wie die grüne Lunge für künftige Klimakrisen gestärkt werde und wer von dem Sofortprogramm profitieren kann.

Möhnesee – Für Waldbesitzer könnte es ein gutes Jahr werden. Kurz vor Heiligabend hat das Land NRW ein 5-Punkte-Sofortprogramm zum Wiederaufbau der Wälder auf den Weg gebracht (siehe Kasten) und stellt damit, zusätzlich zu anderen Bundes- und Landesförderprogrammen, noch einmal zehn Millionen Euro zur Verfügung. Zur Zeit gebe es drei bis vier Förderprogramme zum Thema Wald, so Förster Andreas Schwan.

„Hitze, Dürre, Stürme und Schädlingsbefall hat unserem heimischen Wald in den letzten Jahren schwer zu schaffen gemacht. Für die Zukunft müssen unsere Wälder gestärkt und klimaanpassungsfähig aufgestellt sein. Mit dem durch das Kabinett beschlossene 5-Punkte-Sofortprogramm greift das Land NRW nun Waldbesitzern bei der Umsetzung dieses wichtigen Ziels unter die Arme“, erklärt der heimische CDU- Landtagsabgeordnete Heinrich Frieling.

Das Programm dient somit der Wiederaufforstung und Bewaldung in den nächsten zwei Jahren und richtet sich gezielt an die Waldbesitzer. Reinhard Klöne, Vorsitzender der Forstbetriebsgemeinschaft Möhnesee, ist selbst auch Waldbesitzer und sieht bei ein paar Maßnahmen jedoch Schwierigkeiten.

Programm nicht für jeden geeignet

„Grundsätzlich ist jedes Programm zu begrüßen, was den Waldbesitzern hilft. Natürlich gibt es auch noch Bundes- und Landesförderprogramme, aber die Gesamtsumme von zehn Millionen Euro ist nicht viel.“ Die Begründung dafür ist recht einfach: Das Programm gilt für das Land NRW, das nach dem Landesbetrieb Wald und Holz NRW aktuell insgesamt 9348 Quadratkilometer Waldfläche besitzt. Nach einer Statistik von Information und Technik NRW aus dem Jahr 2019 gibt es die meisten Waldflächen im Regierungsbezirk Arnsberg (3265 Quadratkilometer), Köln (1976 Quadratkilometer) und Detmold (1417 Quadratkilometer).

„Wenn gebaut wird, dann geht immer etwas kaputt. Aber wenn wir jetzt aufforsten und uns in ein paar Jahren entscheiden, Windenergie-Anlagen im Wald zu bauen, dann geht viel mehr kaputt, weil die bis dahin aufgeforsteten Flächen wieder zerstört werden.

Reinhard Klöne Vorsitzender der Forstbetriebsgemeinschaft Möhnesee

Das Bundesland ist in 53 Landkreise aufgeteilt. Jeder Landkreis habe zwar unterschiedlich viel Wald, doch durch die Aufteilung der Fördergelder auf die Waldbesitzer sei die Gesamtsumme sehr gering, so Klöne. Als Beispiel gibt er an, dass die Forstgemeinschaft Möhnesee ungefähr 115 Mitglieder hat.

„Allerdings werden die Kleinstwaldbesitzer gestärkt gefördert, das ist wichtig und auch gut so“, findet der Waldbesitzer. Damit richtet sich das Programm an diejenigen, die beispielsweise einen bis eineinhalb Hektar Wald besitzen.

Ein Tropfen auf dem heißen Stein

Für Großwaldbesitzer dagegen „ist das Sofortprogramm eher ein Tropfen auf dem heißen Stein“. Der Aufwand für die Beantragung der Fördergelder sei hoch, die Ausgabe von 400 Euro pro Hektar eher niedrig und die Auflagen seien noch unklar.

Gerade weil die Antragstellung teilweise sehr komplex ist und die verschiedenen Auflagen beispielsweise vorgeben, dass nur bestimmte Baumarten gepflanzt werden dürfen, seien manche Förderungen für Waldbesitzer nicht attraktiv und werden aus diesen Gründen nicht beantragt, was Klöne sehr schade findet.

Weitere Unklarheiten gibt es bei der Wegeförderung. Aufgrund der vielen Unwetterschäden und die vielen Abtransporte haben viele der Waldwege gelitten.

Windenergie im Wald bauen

„Die Forstgemeinschaft Möhnesee ist zertifiziert, was auch bedeutet, dass bestimmte Auflagen wie drei Rettungspunkte für Hubschrauber erfüllt sein müssen. Ob dort die Wegebauförderung angehoben werden kann, ist mir nicht bekannt“, sagt Klöne und betont auch, dass geklärt werden müsse, wem der Weg eigentlich gehört und wie sich die Wegebauförderung bei Privat- und Gemeindewaldwegen verhält.

Aber nicht nur die Waldwege haben gelitten, sondern auch der Wald. Über die Hälfte des bestandes sei kaputt, es gibt riesige Brachflächen. Perfekt also für den Ausbau der Windenergie. „Ich habe früher auch anders gedacht“, erzählt Klöne zu diesem in der Gemeinde heiklen Thema, „aber wir brauchen die Energie jetzt. Wir wollen weg von Kohle und es bietet sich auf den Flächen an. Der Bürger will die Energiewende zwar jetzt, aber nicht vor der eigenen Haustür.“

Natürlich funktioniert der Bau von Windkraftanlagen nicht auf Naturschutzflächen, aber im Arnsberger Wald ist es möglich, weil es auf diesen Flächen auch genügend Wind gibt.

Abbau von Hemmnisse zur Errichtung von Windenergieanlagen

Dennoch sollte ein Kompromiss gemacht und nicht die ganzen Flächen von Windrädern zugestellt werden. Für die Wiederaufforstung wäre es laut Klöne auch kein Problem: „Wenn gebaut wird, dann geht immer etwas kaputt. Aber wenn wir jetzt aufforsten und uns in ein paar Jahren entscheiden, Windenergie-Anlagen im Wald zu bauen, dann geht viel mehr kaputt, weil die bis dahin aufgeforsteten Flächen wieder zerstört werden.“

Sobald die Windräder auf den Brachflächen gebaut sind, kann ein Jahr später mit der Wiederbewaldung begonnen werden, immerhin ist die Stellfläche eines Windrads eher gering, sodass viele Bäume drum herum gepflanzt werden können. Zudem wachsen die Bäume nicht so hoch und reichen niemals an die Rotorblätter heran.

Nichts desto trotz soll dieses Sofortprogramm Hemmnisse zur Errichtung von Windenergieanlagen abbauen und vor allem Waldbesitzern helfen, ihre Bestände wieder aufzuforsten. Ein Umdenken hat bei den Waldbesitzern, so Klöne, bereits stattgefunden, indem nicht mehr nur ausschließlich Monokulturen gepflanzt werden.

„Ich selbst habe jetzt elf Baumarten in meinem Wald. Wir müssen viel mehr ausprobieren und ich bin froh, dass andere Waldbesitzer auch so aufgeschlossen sind“. Und möglicherweise reicht diese Aufgeschlossenheit bei allen schon bald sehr viel weiter.

Das 5-Punkte-Sofortprogramm zum Wiederaufbau der Wälder

Das Land NRW hat im Dezember ein Sofortprogramm zum Wiederaufbau der Wälder im Land auf den Weg gebracht. Um diese fünf Punkte geht es:

Punkt 1: Unterstützung von Forstwirtschaftlichen Zusammenschlüssen

Die Forstwirtschaftlichen Zusammenschlüsse werden zur Krisenbewältigung besonders unterstützt. Es ist eine Pauschale von 2,50 Euro pro Hektar/Jahr Mitgliedsfläche für die Geschäftsführung von Forstwirtschaftlichen Zusammenschlüssen vorgesehen. Für Zusammenschlüsse, die in der Geschäftsführung miteinander kooperieren, wird es einen Aufschlag von 1,00 Euro pro Hektar/Jahr und weitere 0,50 Euro pro Hektar/Jahr für Waldgenossenschaften geben. Anfang 2023 sollen zudem die finanziellen und strukturellen Handlungsbedarfe für forstliche Zusammenschlüsse identifiziert und ein maßgeschneidertes Maßnahmenkonzept entwickelt werden. Die kulturhistorische Bedeutung der Waldgenossenschaften wird dabei besonders berücksichtigt.

Punkt 2: Erhöhung der Wegebauförderung von 70 auf 90 Prozent

Ein gut ausgebautes Wegenetz ist für die Waldbewirtschaftung, die Feuerwehr und Rettungskräfte sowie für die Besucher des Waldes notwendig. Der Fördersatz wird in Gebieten, deren Ertragssituation sich durch die Waldschäden langfristig deutlich verschlechtert hat, von 70 Prozent auf 90 Prozent angehoben. In Betrieben mit mehr als 1 000 Hektar soll der Fördersatz von 42 auf 54 Prozent angehoben werden.

Punkt 3: Pauschale für Vorbereitung, Leitung und Koordinierung von geförderten Wiederbewaldungsmaßnahmen

Der Umbau der Wälder erfordert eine aufwendige und forstfachlich fundierte Vorbereitung, Leitung und Koordinierung der geförderten Wiederbewaldungsmaßnahmen gemäß der Förderrichtlinie „Extremwetterfolgen“. Diese besonderen Mehraufwendungen werden mit einer einmaligen Aufwandspauschale von 400 Euro pro Hektar bezuschusst. Um eine Doppelförderung auszuschließen, wird der Zuschuss bei Antragstellern in der direkten Förderung pauschal um 50 Prozent gekürzt.

Punkt 4: Beratungsoffensive durch Intensivierung von Rat und Anleitung im nicht organisierten Waldbesitz

Der Landesbetrieb Wald und Holz NRW wird aktiv auf die von Schäden betroffenen und nicht in Zusammenschlüssen organisierten Waldbesitzer zugehen und sie beraten, zum Beispiel welche Unterstützungsangebote das Land bietet.

Punkt 5: Abbau von Hemmnissen zur Errichtung von Windenergieanlagen im Wald

Auf den von den Waldschäden betroffenen Waldflächen können in den nächsten Jahrzehnten keine Holzerlöse erzielt werden. Das gefährdet die wirtschaftliche Zukunft der Forstbetriebe. Einnahmen durch die Nutzung der Flächen von Windenergieanlagen können daher eine wichtige Einkommensquelle für die von der Kalamität betroffenen Waldbesitzenden darstellen.

In Zusammenarbeit mit dem Start-up „WaldLokal“, ein privates Projekt, das die Firma Piel in Stiel gestoßen hat und bei dem im vergangenen Jahr großen Flächen im Arnsberger Wald wieder aufgeforstet wurden, bietet die Wirtschaft- und Touristik GmbH Möhnesee ein „Do it yourself“-Set (DIY) zugunsten der Wiederaufforstung am Südufer an.

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