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Günner will Bürger an Erlösen beteiligen

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Von: Thomas Brüggestraße

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Bezüglich der künftigen Nutzung der Windkraft ist einiges noch nebulös, andere Details klären sich langsam.
Bezüglich der künftigen Nutzung der Windkraft ist einiges noch nebulös, andere Details klären sich langsam. © Peter Dahm

Ralf Schütte aus Günne will bei der Projektentwicklung auf die Bürgerbeteiligung setzen. Als Vorbild nennt er Regelungen in einem neuen Landesgesetz aus Mecklenburg-Vorpommern.

Möhnesee – Nein, man muss Windräder im Wald nicht mögen. Aber man kann auch ihnen zumindest etwas abgewinnen: „Indem Bürger am Erlös beteiligt werden“, sagt Ralf Schütte aus Günne. Der Kaufmann, Berater und Projektentwickler schaut dabei auch auf ein neues Landesgesetz in Mecklenburg-Vorpommern: Bürgerbeteiligung wird dort Pflicht, wann immer ein Windrad errichtet wird. Bürgerbeteiligung, die will Schütte auch in Möhnesee organisieren – und er denkt dabei schon im Vorfeld über die Gemeindegrenzen hinaus: Eine regionale Bürgergenossenschaft soll entstehen.

Schütte will den Moment nutzen: Das Bundesverfassungsgericht urteilte im März 2022, das Gesetz aus Mecklenburg-Vorpommern verpflichte die Betreiber von Windenergieanlagen absolut legitim, Windparks nur durch eine eigens dafür zu gründende Projektgesellschaft zu betreiben und Anwohner sowie standortnahe Gemeinden durch den Erwerb von Gesellschaftsanteilen mit insgesamt mindestens 20 Prozent an deren Ertrag zu beteiligen. Die Akzeptanz für neue Windenergieanlagen solle so verbessert und der weitere Ausbau der Windenergie an Land gefördert werden.

Ralf Schütte geht davon aus, dass auch die Regierungsparteien in Nordrhein-Westfalen ein entsprechendes Gesetz entwickeln werden. Eine Vereinbarung dazu finde sich im Koalitionsvertrag. In Möhnesee und für die Region will er eine Bürgergenossenschaft „Bürgerenergie eG“ aufbauen.

Für die Vorgesellschaft habe er sich bereits Andreas Rohe, Egbert Nölle-Dunker und Markus Schneider ins Kernteam geholt, erzählte er im Gespräch über seine Projektideen. Schütte: „Wir brauchen für die Gründungsphase Menschen, die bereit sind, Wissen, Zeit und Schaffenskraft auf Positionen im Vorstand und im Aufsichtsrat einzubringen. Der Genossenschaftsverband wird das Gründungsvorhaben dann prüfen und seine Zustimmung erteilen, bevor die Eintragung im Genossenschaftsregister möglich ist.“

Wann es losgehen soll? Ralf Schütte sagt, er werde Struktur und Ziele der Energiegenossenschaft am 8. November in Körbecke in der Möhneseehalle vorstellen – das sei abgesprochen und füge sich ein in die nächste Info-Veranstaltung Windkraft der Gemeinde. Er sei dankbar für diese Möglichkeit. Schütte unterstreicht: „Unser Ziel als Team ist völlig klar: Wir wollen es wuppen, wir wollen die Energiewende in unserer Wirtschaftsregion aktiv mitgestalten. Zögern Sie nicht: Werden Sie Mitglied, erwerben Sie Anteile.“

Worum es ihm und den Aktiven geht? Schütte: „Wir wollen die Bürger wirtschaftlich direkt an der Energie- und Klimawende beteiligen. Ab 500 Euro kann jeder mit dabei sein, mit seiner Einlage Stimmrecht erwerben und sich dann auch für die gesetzlich vorgesehenen Gremien wählen lassen.“

Schütte und sein Team haben bei alledem nicht nur Windkraftanlagen im Sinn, denn man müsse über mehr als nur die Windausbeute nachdenken. Ralf Schütte: „Die Genossenschaft hat zum Ziel die Errichtung und Unterhaltung von Anlagen zur Erzeugung und Speicherung von erneuerbaren Energien, insbesondere von Windkraftanlagen – aber eben nicht nur. Gewonnene Energie soll in Form von Strom und Wärme vermarktet werden. Zielgruppe dafür sind nicht nur Mitglieder – jeder kann davon profitieren.“

Neben der Beteiligung an Projekten sollen auch der gemeinsame Einkauf und die Errichtung von Anlagen und die Vermarktung von Dienstleistungen Geschäftsgegenstand sein.

Wie kann man möglichst klimaneutral wohnen, wie schafft man als Gesellschaft die Wende auch bei der Mobilität? Auch damit solle sich die Genossenschaft befassen, Konzepte entwickeln, so sieht es Ralf Schütte. Am Ende soll alles der Umwelt und dem Klima nützen und den Genossenschaftsmitgliedern Ausschüttungen aus den erzielten Gewinnen bescheren. Ralf Schütte ist sich sicher: „Genau jetzt ist der richtige Zeitpunkt, die Gründung anzugehen.“

Es gibt eine „Blaupause“ für alles: Das Gründungsteam habe beispielhaft die Entwicklung und den Erfolg der regionalen Energiegenossenschaft Ahaus-Heek-Legden eG im Blick. Deren Geschäftsführer Karl-Heinz Siekhaus hatte bei einer Info-Veranstaltung des Vereins „Zukunft Günne“ im September erläutert, die 2016 von 24 Mitgliedern gegründete Genossenschaft dort bewege Millionen von Euro, man beteilige sich bei jedem neuen Windrad inzwischen mit 20 bis 50 Prozent.

Wie eine Genossenschaft funktioniert

Was ist eine Genossenschaft? Der wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages beschreibt das so: Die Genossenschaft ist ein Zusammenschluss von mindestens drei Personen, der darauf gerichtet ist, bestimmte Interessen der Mitglieder durch einen gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb zu fördern. Der Förderzweck kann wirtschaftlicher, aber auch ideeller oder kultureller Natur sein. Die Mitgliedschaft in einer Genossenschaft ist eine von vielen Möglichkeiten, sich an Projekten zu beteiligen. Müssen Betreiber von Windkraftanlagen Bürger überhaupt beteiligen – sie übernehmen schließlich als Investoren von sich aus die Initiative, übernehmen Verantwortung und Risiko – müssen auch für den Rückbau der Anlagen geradestehen? Ja, Betreiber von Windkraftanlagen können gesetzlich verpflichtet werden, Bürger und Gemeinden in der Nachbarschaft finanziell an den Projekten zu beteiligen. Das hat das Bundesverfassungsgericht im Mai entschieden und damit ein Bürger- und Gemeindebeteiligungsgesetz des Landes Mecklenburg-Vorpommern für zulässig erklärt. In Nordrhein-Westfalen gibt es das noch nicht. „Bürgerbeteiligung“, was ist das? Investoren wie etwa Christian Schlösser vom Projekt „Aupke“ auf einer Wald-Brachfläche bei Brüningsen haben im Rahmen der Informationsveranstaltungen zur Windkraft in Völlinghausen und in Günne vorgestellt, dass man über günstigen Strom oder besondere Bürgerstrom-Tarife für eine oder mehrere Kommunen rings um neue Anlagen die Menschen am wirtschaftlichen Gewinn der „Windmühlen“ beteiligen könne. Man habe als Investor natürlich im Blick, dass es für die Menschen auch Anreize brauche, bestimmten Projekten zuzustimmen. Wer im Netz nachschlägt, erfährt: Es gibt auch Investoren, die bis zu einem bestimmten Prozentsatz Fremdkapital von Bürgern, Kommunen oder Unternehmen einwerben und den Anlagern je nach Höhe der Einlage bestimmte Renditezusagen machen. Ebenso ist es bereits ein eigener Geschäftszweig, über Portale im Internet „Schwarmfinanzierungen“ als Dienstleistung zu verkaufen: Dritte organisieren für Investoren das Geldeinsammeln und kassieren dafür Gebühren und Provisionen. Es gibt Beteiligungsmöglichkeiten für einzelne Personen, für Unternehmen, für Kommunen, Länder und den Bund selber. Die finanziellen Risiken gehen dabei von überschaubar bis zum möglichen Totalverlust – ein Blick ins Kleingedruckte dürfte sich überall lohnen. Bedeutet Beteiligung auch Mitsprache bei Strategie und Tagesgeschäft? Nicht unbedingt. Wer sich beteiligt, erhält nicht automatisch auch Einfluss. Dazu müsste man einzeln oder als Gruppe einen bestimmten Prozentsatz am Projektkapital vertreten.

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