Programm anlässlich des 80-jährigen Jahrestags der Staumauer-Bombardierung erhält Konturen

In diesem Jahr jährt sich die Bombardierung und Zerstörung der Staumauer durch britische Bomber zum 80. Mal. Diesem Ereignis – in der Flutwelle, die bis ins Ruhrgebiet reichte, starben mehrere Hundert Menschen – will die Gemeinde Möhnesee am Christi Himmelfahrtswochenende mit mehreren Veranstaltungen gedenken.
Möhnesee – An den Planungen und der Durchführung sind mehrere Vereine, Gruppierungen, Institutionen, Schulen, Kirchen beider Konfessionen, der Jugendtreff und Einzelpersonen beteiligt. Im Vorfeld gibt es mehrere Planungstreffen, bei denen Vertreter der Genannten zusammenkommen und die dabei sind, ein Programm zu erstellen. Federführend für die Koordination und die Planungen sind die Archivarinnen Lena Lewald, die die Archive in Möhnesee und Lippetal leitet, und Maren Wegmann, Archivarin für Ense und Wickede.
„Die Katastrophe betrifft Orte der heutigen Gemeinde Ense und Wickede genauso wie den Ort Günne“, sagt Maren Wegmann. Man habe sich entschlossen, sich bei dem Gedenken übergemeindlich zusammenzutun. Dies sei auch ein Zeichen des Zusammenhalts im Angesicht des Krieges in Europa, betont Lena Lewald.
Speziell entwickelte Bomben
In der Nacht vom 16. auf den 17. Mai 1943 gelang es einer britischen Bomberstaffel durch speziell entwickelte Rollbomben die Staumauern der Möhne und Eder zu zerstören.
Auftakt des Gedenkwochenendes ist am Dienstag, 16. Mai, um 19.30 Uhr in Wickede am Gedenkstein an der Ruhr mit einer kleinen Ausstellung, abends findet in Ense ein ökumenisches Nachtgebet am Mahnmal Kloster Himmelpforten statt.
Sperrmauer im Zentrum
An Christi Himmelfahrt, Donnerstag, 18. Mai, rückt die Sperrmauer in Günne ins Zentrum des Gedenkens. Geplant sind verschiedene Friedensaktionen der Schulen und der Jugendarbeit Möhnesee. Beabsichtigt ist, den Umriss der zerstörten Sperrmauer abzubilden, Stellwände im Nordturm aufzustellen. „Die Jugendlichen wollen die Besucher aktiv mit einbeziehen in ihre Aktionen“, sagt Lena Lewald. Überlegt wird auch, eine Live-Übertragung mit Bürgern aus dem englischen Scampton zu schalten – dort war während des Krieges die Airbase der Flieger.
Es wird auch ein musikalisches Gedenken geben. Zum Abend, gegen 18.30 Uhr wird es in Günne am Ehrenmal ein Gedenken für die Opfer der Möhnekatastrophe geben. Blumen- und Kränze erinnern an die 1349 Menschen, die im Rahmen der Katastrophe gestorben sind. „Es war fatal für die Menschen, die in dieser Nacht im Keller ihrer Häuser Schutz gesucht hatten. Denn es wurde Fliegeralarm ausgelöst – und die Menschen ahnten nichts von der Flutwelle“, erklärt Archivarin Lena Lewald. Die Sperrmauer wurde um Mitternacht gesprengt, 25 Minuten später erreichte die Flutwelle Neheim.
Viele Opfer, noch lange nach der Bombardierung
Es gab viele Todesopfer in Günne, Neheim und Wickede – viele Zwangsarbeiter starben, die in einer Baracke im Möhnetal untergebracht und eingeschlossen waren. Lena Lewald macht darauf aufmerksam, dass besonders in den Monaten des Wiederaufbaus der Sperrmauer sehr viele Zwangsarbeiter ums Leben kamen. Im Mai war die Sperrmauer zerstört worden, Ende September war sie bereits wieder aufgebaut, was natürlich von den Nazis propagandistisch herausgehoben wurde. Den Preis dafür zahlten die Zwangsarbeiter.
Einer der Höhepunkte des Gedenkreigens wird die Ausstellung „80 Jahre Möhnekatastrophe“ in der Schützenhalle darstellen. Die Ausstellung greift zurück auf jene Ausstellung, die der Heimatforscher und frühere Günner Ortsvorsteher Karl-Heinz Wilmes für die 70. Wiederkehr der Katastrophe bereits zusammengestellt und gezeigt hatte. Vor zehn Jahren fand diese ebenfalls in der Schützenhalle statt und war sehr gut besucht.
In der Ausstellung, die am 17. Mai, um 19.15 Uhr eröffnet wird und bis zum 21. Mai besucht werden kann, werden Fotos, Briefe, Dokumente, Publikationen, Bücher und Filme gezeigt. Auch Zeitzeugen sollen, zum Teil in Form von Filmmaterial, gehört werden. Ein Film sei entstanden, so berichten die Archivarinnen Lewald und Wegmann, einen Tag nach der Zerstörung und er zeige die komplette Verwüstung von Günne bis hinein ins Ruhrgebiet.
Film aus amerikanischen Quellen
Außerdem wird ein Film aus amerikanischen Quellen zu sehen sein, der direkt nach deren Ankunft im Frühjahr 1945 gedreht worden ist. Im Rahmen des Programms findet am Samstag, 20. Mai, 19 Uhr, in der Stadtbibliothek Neheim eine Lesung mit Autor Titus Müller statt. Sein Roman „Nachtauge“ handelt, mit viel Lokalkolorit, wie die Menschen die Möhnekatastrophe erlebten.
