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Jüdische Geschichte schwarz auf weiß

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Von: Thomas Brüggestraße

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Körbecke - Walter Lutter schildert die Geschichte des jüdischen Lebens in Körbecke seit 20 Jahren schwarz auf weiß. Jetzt ist sein neues Buch dazu erschienen.

Darin steht, wie man die „gute Frau Meyerhoff“ und die ganze Metzger-Familie angeschwärzt und aus dem Eigentum vertrieben hat, weil sie Juden waren, wo Meyer Meyerhoff gewaltsam umkam und „Henny“ mit viel Glück für ein Leben in Amerika überlebte. Davon, dass die Körbecker wohl machtlos gewesen seien gegen die feinen und fiesen Gespinste der geheimen Staatspolizei und des Denunzianten, eines Dorfpolizisten namens König. Der wollte es haben, das Meyerhoffsche Haus – so mussten die Juden eben raus: Meyer Meyerhoff, den sie „Max“ nannten, und Henriette Meyerhoff, „die Gute“. Sohn Max, ihr Erbe, er war geflüchtet – er schaffte es nach Amerika. 

Nein, Vorwürfe habe er nicht im Sinn, sagt Lutter, der pensionierte Religionslehrer, der in Drüggelte groß wurde und lange Jahrzehnte weit weg vom Möhnesee ein Lehrer war: Vergessenen die Erinnerung zurückzugeben, das sei sein innerer Antrieb. Lutter: „Ich bin jetzt 85 – seit meiner Pensionierung vor 20 Jahren befasse ich mich mit der Geschichte der kleinen jüdischen Gemeinde in Körbecke und ganz exemplarisch mit dem Schicksal der Familie Meyerhoff: Zeitzeugen sind inzwischen sehr alt oder längst verstorben. Den jungen Leuten muss man einen Ansatz bieten, die Vergangenheit zu kennen. Kennt man sie nicht, versteht man die Gegenwart nicht, das glaube ich.“ 

Ein kleines Vermögen auf den Tisch geblättert hat Lutter für die beiden Bücher, die er über die letzten Juden in Körbecke verfasst hat – auch über den einmaligen Besuch von Meyerhoffs Sohn Ernst lange, lange nach dem Krieg. Wie selbst Alteingesessene ihn nicht wiedererkannten, wie Ernst Meyerhoff Körbecke enttäuscht den Rücken kehrte und sich auch bei Lutter nicht mehr gemeldet hat.

 Wie er, Lutter, sich eingesetzt habe für den Erhalt des jüdischen Friedhofs, der zu einem Kinderspielplatz geworden war. Dankbar für die Hilfe, den „Todtenhof“ mit einem Gedenkstein zu ehren, der Gemeinde die Zusicherung zur Pflege abzuringen, das sei er besonders dem Heimatverein und seinem damaligen Vorsitzenden Otto Mantel, dem er deshalb auch Band zwei seiner Arbeiten widmete: „Man hatte sie vergessen, die Juden in Körbecke – jetzt, wo alles neu gemacht war im Ort, zahllose alte Höfe und Gebäude abgerissen“, so erinnerte sich Walter Lutter im Gespräch mit dem Anzeiger. „Wir sollten nichts vergessen, und deshalb war es mir wichtig, diese beiden Bücher herauszubringen!“ Lutters Wunsch: „Der Jüngste bin ich nicht mehr – ich möchte noch einmal einen Vortrag zu dem Ganzen halten. Dabei werde ich auch die Bücher anbieten. Wer sich jetzt schon interessiert, der kann mich in Körbecke im Elisabeth-Wohnheim erreichen. Ich lebe hier seit einiger Zeit in einer Senioren-Wohnegemeinschaft.“ J brü

Juden in Körbecke 1700 – 1938. Band 1: Geschichte und Schicksal. 408 Seiten, gebunden. Satz und Druck: sl medien gmbh, Möhnesee. Erschienen im Selbstverlag. Band 2: Familie Meyerhoff. Zugewandert – eingebürgert – verfolgt. 260 Seiten, gebunden. Satz und Druck: sl medien gmbh, Möhnesee. Beide Bände sind direkt beim Autor zu beziehen.

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