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Große Ausstellung zum 80-Jährigen: Möhnekatastrophe im Fokus

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Von: Astrid Gunnemann

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Sie stellen die Ausstellung „80 Jahre Möhnekatastrophe“ vor, die über Christi Himmelfahrt in der Günner Schützenhalle gezeigt wird (von links): Lena Lewald (Archivarin Möhnesee/Lippetal), Elke Husemann (Mitarbeiterin der Gemeinde) und Maren Wegmann (Archivarin Ense/Wickede).
Sie stellen die Ausstellung „80 Jahre Möhnekatastrophe“ vor, die über Christi Himmelfahrt in der Günner Schützenhalle gezeigt wird (von links): Lena Lewald (Archivarin Möhnesee/Lippetal), Elke Husemann (Mitarbeiterin der Gemeinde) und Maren Wegmann (Archivarin Ense/Wickede). © Dahm

In der Nacht vom 16. auf den 17. Mai 1943 bombardierten und zerstörten britische Flieger die Möhnesperrmauer in Günne, viele hundert Menschen starben. In diesem Jahr jährt sich die Katastrophe zum 80. Mal und in zahlreichen Gedenkveranstaltungen soll über das Wochenende Christi Himmelfahrt in den Ortschaften Günne, Ense und Wickede an die Zerstörung und die Folgen erinnert werden.

Günne – Ein Teil der Veranstaltungen ist eine große Ausstellung „80 Jahre Möhnekatastrophe“, die zurzeit von den Archivarinnen Lena Lewald (Möhnesee) und Maren Wegmann (Archiv Ense und Wickede) vorbereitet wird. Die Ausstellung basiert auf Material, das der Günner Karl-Heinz Wilmes zusammengetragen hat und das er bereits vor zehn Jahren, zum 70. Gedenktag, in einer Ausstellung zeigte. Nun ist die Ausstellung um weitere Exponate erweitert worden.

Gezeigt werden Filme aus der Zeit der Zerstörung, Filme, in denen Zeitzeugen über ihre Erlebnisse berichten, Fotos, Dokumente, Modelle und vieles mehr. Die Archivarinnen haben die Ausstellung in sieben Themenschwerpunkte eingeteilt: Bau der Sperrmauer; die Engländer: Operation Chastise; die Zerstörung der Möhnetalsperre; die Todesopfer, unter anderem die Tragödie der Familie Köhler; die Propaganda-Ausschlachtung der Nazis - Presseberichte in Deutschland und England, der Besuch von Albert Speer in Günne, Begräbnis der Opfer; der Wiederaufbau der Sperrmauer; die Rezeption der Möhnekatastrophe bis heute.

Die Ausstellung in der Schützenhalle in Günne wird am Mittwoch, 17. Mai, um 19.15 Uhr eröffnet, sie geht bis einschließlich Sonntag, 21. Mai. Täglich außer am Freitag, 19. Mai, werden zwei historische Filme vorgeführt.

Der erste Film zeigt den Morgen nach der Katastrophe. Die Presseabteilung der Stadt Bochum war im Auftrag des Bochumer Bürgermeisters nach Günne gereist, um dort Filmaufnahmen zu machen. „Den Film hat ein gewisser Camillo Fischer gedreht, er folgt der Spur der Zerstörung von Günne aus entlang der Ruhr bis ins Ruhrgebiet. Der Film vermittelt einen Eindruck vom Ausmaß der Zerstörung“, sagt Lena Lewald. Der Film soll fortlaufend gezeigt werden. Erläuterungen, was man sieht, wurden später dem Film hinzugefügt. Ein zweiter Film zeigt die inzwischen wieder aufgebaute Sperrmauer im Mai 1945. „Die Amerikaner haben diesen Film nach ihrer Ankunft im Möhnetal gedreht. Man kann die Absperrnetze und andere Abwehrmechanismen der Deutschen gut erkennen“, so Lena Lewald. Außerdem wird fortlaufend eine Power-Point-Präsentation gezeigt, die Karl-Heinz Wilmes erstellt hat und die alle Themen vom Bau der Sperrmauer bis zur Katastrophe anspricht.

Nur am Freitag, 19. Mai, werden die historischen Filme und die Power-Point-Präsentation nicht gezeigt. Dafür wird ein anderer Film vorgeführt: „Die Nacht der Möhnekatastrophe“ - Zeitzeugengespräche, ein Film von Norbert Streich aus dem Jahr 2017 - dem 75. Jahrestag. Norbert Streich ist ein Bürger aus Günne. Der Film wird nur in der Ausstellung gezeigt, ist sonst nicht öffentlich einsehbar. Im Film moderieren auch Jugendliche und sprechen mit den Zeitzeugen. Inzwischen seien leider viele der Zeitzeugen von 1943 bereits verstorben.

Ein Teil der Ausstellung dokumentiert den Bau der Sperrmauer im Jahr 1913. Gezeigt werden Fotos, Pläne und einige Texte. Dann rückt die Seite der Engländer ins Zentrum der Ausstellung. Wie wurde die „Operation Chastise“ - so der Codename der Aktion - vorbereitet und geplant? Wer war beteiligt, wer führte aus? Warum war die Möhnetalsperre Ziel des Angriffs? „Wir zeigen zum Beispiel ein Foto von Barnes Wallis, dem Ingenieur, der die Rollbombe entwickelt hat“, berichtet Lena Lewald. Ein Foto zeigt Wallis in seinem Büro mit einer Luftaufnahme der Möhnesperrmauer im Hintergrund. Durch die Zerstörung der Sperrmauer in Günne sollte die Wasserversorgung im Ruhrgebiet und damit auch die Rüstungsindustrie lahmgelegt werden. Der Chef der Fliegerstaffel war Guy Gibson - er schrieb einen Bericht über den Angriff auf die Möhnetalsperre, dieser Bericht wird als Abschrift in der Ausstellung gezeigt. 18 Flugzeuge starteten von der Basis Scampton aus mit dem Ziel, die Talsperren Möhne, Sorpe und Eder zu bombardieren. 133 Männer saßen in den Maschinen, 53 starben bei der Aktion und drei sprangen mit dem Fallschirm ab, weiß Elke Husemann, Mitarbeiterin der Gemeinde Möhnesee.

Der Günner Karl Schütte, der als Flakschütze an der Möhne tätig war, schrieb seine Erinnerung an die Nacht im Jahr 1953 nieder, auch diesen Erlebnisbericht kann man der Ausstellung nachlesen. Die Ausstellung beleuchtet die Tragödien der Opfer der Flutwelle - darunter auch die der Familie Köhler, die komplett ausgelöscht wurde. Ein Blick wird auch auf die Propaganda-Ausschlachtung der Katastrophe durch die Nazis gelegt: Man vermutete, dass Juden die Anstifter zur Bombardierung waren, in der Zeitung hieß es, ein nach England geflüchteter Jude habe Geheimnisse verraten und dazu angeregt, die Sperrmauer zu bombardieren. Gezeigt wird auch, wie in England die Aktion gefeiert wurde. Lena Lewald: „Uns war es wichtig, diese Propaganda auf beiden Seiten darzustellen.“ Dazu gehört auch, dass bereits einen Tag nach der Katastrophe Albert Speer, der damals Rüstungsminister war und die Organisation Todt leitete, nach Günne reiste, Propaganda machte und Eiserne Kreuze verlieh. Auch die Begräbnisse der Opfer wurden durch große Nazi-Aufmärsche begleitet. „Diese Aufmärsche gab es auch in Wickede“, erklärt Maren Wegmann.

Öffnungszeiten

Die Ausstellung „80 Jahre Möhnekatastrophe“ findet in der Schützenhalle Günne statt. Geöffnet ist sie am Mittwoch, 17. Mai, 19.15 bis 21 Uhr. Donnerstag, 18. Mai: 13 bis 18 Uhr, an beiden Tagen werde historische Filme von 1943 und 1945 gezeigt, dafür nicht der Film mit den Zeitzeugengesprächen. Freitag, 19. Mai, 17 bis 20 Uhr Vorführung des Films Zeitzeugengespräche von Norbert Streich, keine historischen Filme. Samstag, 20. Mai, 13 bis 18 Uhr Ausstellung, Sonntag, 21. Mai, 13 bis 18 Uhr Ausstellung, an beiden Tagen mit den historischen Filme von 1943 und 1945.

Man versprach, den Wiederaufbau der Sperrmauer innerhalb von vier Monaten über die Bühne zu bringen. Auch das war ein Teil der Nazi-Propaganda. „Zum Wiederaufbau wurden Zwangs-, Zivil- und Fremdarbeiter herangezogen, weil die Arbeitsbedingungen sehr schlecht waren, starben viele dieser Menschen“, erklärt Lena Lewald. Auch diesen Schicksalen widmet sich die Ausstellung.

Zuletzt soll die Rezeptionsgeschichte der Katastrophe bis in die heutige Zeit beleuchtet werden. Bücher, Zeitschriften und Bilder werden ebenso gezeigt wie ein großes Bild, das eine Schülergruppe der Möhnesee-Schule entworfen hat.

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