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Historische Broschüre fasst spannende Daten zum Bau der Sperrmauer zusammen

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Von: Karin Hillebrand

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So hat Kroscky den Blick auf die Delecker Brücke um 1912 festgehalten.
So hat Kroscky den Blick auf die Delecker Brücke um 1912 festgehalten. © privat

Manchmal braucht es, bis man die Zeit für etwas Besonderes findet. So erging es auch der Broschüre „Möhne-Talsperre“ mit dem Untertitel „Beschreibung der zweitgrößten Talsperre Europas einschließlich der Nebenanlagen“.

Günne – Diese hatte im Herbst 2021 Werner Kroscky, Enkel des Verfassers Wilhelm Kroscky, dem Gemeinde-Archiv überlassen, bei Interesse erhält man dort Einsicht. Kroscky hatte den Inhalt der Broschüre nicht nur zusammengetragen, sondern auch selbst gesetzt und verlegt. Als junger Mann verfolgte er – wie vermutlich viele Leute zu der Zeit – den Bau der Talsperre mit großem Interesse.

Warum also nicht ein Büchlein darüber schreiben und Geld für die Familie damit verdienen? So brachte er das 35-seitige Werk 1913, kurz vor dem ersten Weltkrieg, im Jahr der Talsperren-Einweihung, heraus. Wie er 30 Jahre später während einer Feier gestand, kam der Verkauf jedoch erst nach dem Krieg so richtig ans Laufen und brachte aufgrund der herrschenden Inflation nicht mal die vollen Kosten ein.

Das Exemplar, mit dem wir uns hier befassen, ist über die Jahrzehnte hinweg im Besitz der Familie erhalten geblieben. Vieles von dem, was der Autor zusammengetragen hat, ist bekannt, hat sich vielleicht auch überholt. Dennoch ist die Broschüre ein Dokument ihrer Zeit und beschreibt, wie der Talsperrenbau wahrgenommen wurde.

Kroscky selbst hat das Möhnetal vorher von Drüggelte aus durchwandert, ein für ihn „idyllisches Fleckchen Erde“. Mit viel Empathie begegnet er im Folgenden den vertriebenen Bewohnern der Dörfer, die zugunsten des Talsperrenbaus die Heimat verlassen mussten, um an anderer Stelle neu zu beginnen.

Gleichwohl erkennt der Autor den „gewaltigen Umschwung auf allen Gebieten des öffentlichen Lebens“, den die zunehmende Industrialisierung mit sich brachte. Seien die ersten kleinen Stauwerke entstanden, weil Kleinindustrielle hierdurch billig Wasserkraft nutzen konnten, so benötigte später die wachsende Bevölkerung und die Industrie in den Ruhrgebietsstädten immer mehr vom Wasser der Ruhr.

Auf der Internetseite des Ruhrverbandes ist zu lesen, dass sich zur Befriedigung aller Interessen der Ruhrtalsperrenverein 1899 gründete, um den Bau von Talsperren im Sauerland zu fördern.

Man war aber auch stolz auf die neu geschaffene Möhnetalsperre, und so verfasste die westfälische Heimatdichterin Johanna Baltz eine Festhymne zur Einweihung derselben. Die neun Strophen voll bewundernder Lobpreisung durfte Kroscky mit ihrer Genehmigung abdrucken.

Die touristische Bedeutung des Bauwerkes konnte er damals schon erkennen. Nicht nur, dass er den Sperrsee entlang der 42 Kilometer langen Randwege selbst umrundet und Möglichkeiten der Einkehr oder des Bootsverkehrs zur Sperrmauer gefunden hatte. Kroscky hatte zudem die drei umliegenden größeren Städte Neheim, Arnsberg und Soest mit ihrer Historie vorgestellt und Anzeigen der dortigen Hotels und Gastronomien veröffentlicht.

So wirbt das „Hotel zur Post“, das im Zentrum der Neheimer Innenstadt stand, als mit „allem Komfort der Neuzeit ausgestattetes, weltbekanntes Haus“, mit der Nähe zur Kleinbahn-Haltestelle Richtung Möhnetalsperre. Und das „Bahnhofs-Hotel“ in Soest, das nicht nur auf zwei Billards und Hausdiener am Bahnhof verweist, verspricht für Touristen Ausnahmepreise.

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